Senna: "Rennfahren ist eine große Leidenschaft"
Das große Interview mit Bruno Senna: Der Brasilianer über seine Emotionen im Auto, seinen Onkel Ayrton und seine weiteren Karrierepläne
(Motorsport-Total.com/sid) - Nach dem tödlichen Unfall seines Onkels Ayrton am 1. Mai 1994 verdrängte Bruno Senna einige Jahre seinen großen Traum, ebenfalls Rennfahrer zu werden. Erst im Alter von knapp 18 Jahren stieg er zu seinem ersten Rennen in ein Kart. Zwei Jahre später saß der heute 23 Jahre alte Brasilianer erstmals in einem Formel-Auto und arbeitete sich in der Rekordzeit von gerade einmal zwei Jahren in die GP2-Serie vor, das Vorzimmer der Formel 1.

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In Barcelona konnte Bruno Senna seinen ersten Sieg in der GP2-Serie feiern
Am kommenden Wochenende fährt er in den Straßenschluchten von Monte Carlo, dort wo sein Onkel mit sechs Siegen der uneingeschränkte "König von Monaco" war. Im sid-Interview sprach Bruno Senna über seine Liebe zum Rennfahren und die Erinnerungen an seinen Onkel.#w1#
Frage: "Was bedeutet das Rennfahren für dich?"
Bruno Senna: "Bis Anfang 2004 war es etwas, was mir gefallen hat. Seit ich dann zum ersten Mal ein Rennauto auf einer Rennstrecke gefahren habe, ist es das, was ich in meinem Leben unbedingt machen will. Rennfahren ist eine große Leidenschaft. Und ich mache es nur aus dem einen Grund, dass ich es liebe, mit einem Auto auf einer Rennstrecke schnell zu fahren."
Frage: "Was fühlst du, wenn du im Auto sitzt?"
Senna: "Ich will einfach immer nur versuchen, ans Limit zu gehen. Manchmal hat man ein schönes Auto auf einer tollen Strecke, dann denkt man sich, das macht Spaß. Aber eigentlich denke ich nur daran, so gut, präzise und schnell zu fahren wie ich kann."
Große Hilfe durch Gerhard Berger
Frage: "Du hast erst sehr spät mit dem Rennfahren begonnen, der Grund dafür ist den meisten bekannt: Der tödliche Unfall deines Onkels Ayrton. Wer hat dir am meisten geholfen, dann doch in den
Motorsport einzusteigen?"
Senna: "Erst einmal meine Mutter. Zunächst hatte sie gar nicht wirklich mitbekommen, dass ich so scharf darauf war. Erst bin ich Kart gefahren. Seit ich dann mein erstes Rennauto gefahren bin, war Gerhard Berger derjenige, der mir am meisten geholfen hat. Er hat mir immer die richtige Richtung gezeigt, wir haben viel über meine Karriereschritte gesprochen."
"Er hat für mich die erste Testfahrt in einem Formel BMW Auto arrangiert und mich danach mit meinem ersten Team zusammengebracht. Dazu kommt meine ganze Familie, meine Schwester, die mein Management macht und großen Anteil an dem hat, was ich heute mache. Es ist einfach die gemeinsame Arbeit eines ganzen Teams."
Frage: "Du bis dann zuerst in der Formel BMW gefahren."
Senna: "Ich habe im September 2004 die letzten drei Saisonrennen in England bestritten. 2005 bin ich in die englische Formel 3 gewechselt, das war meine erste Meisterschaftssaison. Dort bin ich auch 2006 gefahren, bevor ich jetzt in die GP2 gekommen bin."
Formel 1 nur mit Chance auf Titel
Frage: "Ist es für dich ein Ziel, vielleicht einmal in der Formel 1 für BMW oder für Bergers Toro-Rosso-Mannschaft zu fahren?"
Senna: "Für mich ist die Frage, wer mir das beste Angebot macht. Es gibt keine speziellen Teams, für die ich gerne fahren würde."
Frage: "Aber die Formel 1 ist schon das große Ziel, oder?"
Senna: "Nicht unbedingt. Lediglich in einem Formel-1-Auto zu sitzen und einfach mitzufahren, ist nicht das, was ich will. Mein Ziel ist ein wettbewerbsfähiges Auto, mit dem ich möglichst Weltmeister werden kann."
Frage: "Würdest du dich in der Formel 1 als neuer Senna fühlen oder eher als der erste Bruno?"
Senna: "Ich bin Bruno. Jeder erwartet von mir, wie Ayrton zu sein - ich versuche nicht, wie er zu sein. Ich versuche, meine eigene Karriere zu machen. Unsere Werdegänge sind ganz anders. Die Erwartung mancher Leute an mich, wie er zu sein, ist ein bisschen dumm. Zwei Menschen können nicht gleich sein. Ich mache meinen Job, und das läuft ganz gut. Mit der Zeit werden die Leute mehr und mehr meine Arbeit wahrnehmen als meinen Nachnamen."
Jetski-Fahren mit Onkel Ayrton
Frage: "Welche Erinnerungen hast du an Ayrton?"
Senna: "Die meisten Erinnerungen habe ich an seine Rennen, die ich im Fernsehen gesehen habe. Aber er ist im Urlaub immer zu uns gekommen, in ein Strandhaus in Brasilien. Da habe ich viel Zeit mit ihm verbracht. Wir sind Jetski gefahren. Es war verrückt, denn manchmal hat er mich fahren lassen, mit meinen acht Jahren. Wir sind sogar gegeneinander gefahren. Manchmal habe ich gewonnen, weil ich leichter war als er. Es sind schöne Erinnerungen. Er war nicht nur ein großartiger Profi, sondern auch ein toller Familienmensch."
Frage: "Nach seinem Unfall, war es da nur die Entscheidung deiner Familie, dass du nicht die gleiche Richtung einschlägst wie er? Oder auch ein bisschen deine eigene?"
Senna: "Weil meine Familie das nicht wollte, habe ich gemerkt, dass die Umstände nicht gut waren. Aber ich konnte es einfach nicht vergessen, es war einfach zu stark. Etwas, was ich zu sehr geliebt habe, um es einfach fallen zu lassen. Ein paar Jahre später wurde es für mich immer schwerer, darauf zu verzichten. Als ich 17 war, habe ich angefangen, mit meinem Großvater zu fahren. Ich wollte Geld verdienen, um den Rennsport als Hobby betreiben zu können. Dann hat mich meine Mutter gefragt, was ich mit meinem Leben machen möchte. Da habe ich die Chance genutzt und gesagt, dass ich Rennen fahren will."
Monaco ein besonderes Rennen
Frage: "Das nächste Rennen findet in Monte Carlo statt, wo Ayrton in der Formel 1 sechsmal gewonnen hat. Wird es für dich etwas Besonderes sein, dort zu fahren?"
Senna: "Auf jeden Fall. Nicht nur wegen der Strecke an sich, die sehr herausfordernd ist. Auch wegen der Geschichte, wenn ich dort mit einem Formel-Rennwagen fahre und merke, wie schwer es für ihn war, dort so schnell zu fahren wie er es getan hat."
Frage: "Du lebst seit zweieinhalb Jahren in England. Ist es manchmal schwer, so weit von zu Hause weg zu sein?"
Senna: "Am Anfang schon ein bisschen. Aber jetzt lebe ich in London und genieße das Leben dort. Für mein Training ist es besser, in England zu sehen."
Frage: "Was ist dein Ziel für diese GP2-Saison?"
Senna: "Vor der Saison hatte ich mit einen Top-10-Platz vorgenommen. Ich denke jetzt, wir können ein bisschen besser sein und unsere Ziele höher setzen. Wenn ich in die Top 10 käme, wäre es in Ordnung, ich aber nicht wirklich zufrieden. Wenn ich unter die besten Fünf käme, wäre ich glücklich."

