Nelson Piquet jun.: Wie er aus China ein Siegerteam formte
Nelson Piquet jun. könnte sich in London zum ersten Formel-E-Meister krönen, im Interview erzählt er, wieso sich sein China-Team so gut entwickeln konnte
(Motorsport-Total.com) - Ein Rennwochenende muss Nelson Piquet jun. noch überstehen, dann könnte sich der Brasilianer in London zum allerersten Formel-E-Meister der Geschichte krönen. Seit dem ePrix von Berlin liegt der China-Pilot in Führung - bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der ehemalige Formel-1-Pilot erst sehr spät in die Vorbereitung eingestiegen ist. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erzählt er, wie er ein so schlagkräftiges Team auf die Beine stellen konnte, und wo er sich gegenüber der Konkurrenz im Vorteil sieht.

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Nelson Piquet jun. könnte bald der erste Formel-E-Meister werden Zoom
Frage: "Nelson, ein Rennwochenende vor Schluss führst du in der Meisterschaft, obwohl du die Vorbereitung erst so spät begonnen hast. Wie kommt es, dass du in der Zwischenzeit an allen anderen vorbeigeflogen bist?"
Nelson Piquet jun.: "Wir haben den Vertrag erst zwei Wochen vor dem ersten Rennen unterzeichnet, und ich habe nur zwei Testtage vor dem ersten Rennen gehabt. Also haben wir auch etwas holprig angefangen, dann haben wir aber sehr hart gearbeitet und gute Arbeit abgeliefert. Das Team gab mir die Freiheit, ihnen zu sagen, was zu tun sei - also wen wir anstellen sollten, oder Dinge, von denen wir noch mehr brauchten."
"Das Team war sehr offen. Das Schöne an der Arbeit mit einem kleinen Team ist, dass es dort keine großen Egos gibt, die Entscheidungen treffen oder die Lorbeeren dafür einheimsen wollen. Wir kamen einfach zusammen, und ich sagte: 'Wir müssen mehr tun, um zu gewinnen, wir brauchen mehr Ingenieure, mehr hiervon, mehr davon, müssen testen, brauchen einen besseren Simulator.' Wir haben mit den vorhandenen Ressourcen einfach getan, was wir konnten. Wir sind, was wir sind. Es ist schön, in einer solchen Position zu sein, nachdem wir so klein angefangen haben."
Frage: "Worin siehst du gegenüber deiner Konkurrenz deine Stärken?"
Piquet: "Ich denke, dass ich gut darin bin, Teams aufzubauen. Das habe ich in Brasilien in der Formel 3 gelernt, und dann auch in Europa in England, genauso in der GP2. Ich habe die Teams immer selbst aufgebaut, also weiß ich, wie die Dynamik in einem Team funktioniert. Das ist einer der Gründe, warum wir gut abschneiden. Ich sah mir die Struktur des Teams an und sagte mir: 'Okay, wir müssen diesen und jenen Bereich verbessern, lasst es uns tun und zusammenarbeiten.' Sie haben mir zugehört und es getan. Ich denke, das war einer unserer großen Vorteile."
"Die andere Sache ist, dass ich schon Meisterschaften gewonnen habe. Ich habe die Formel-3-Meisterschaft in Brasilien gewonnen, in England habe ich am Ende in der GP2 gegen Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) gekämpft, und auch in der NASCAR, die viel intensiver ist. Diesbezüglich bin ich also in einer guten Position, um die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen - auch in kritischen Momenten."

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China änderte die Farbe von rot auf grau und nennt sich jetzt NextEV Zoom
Frage: "Euer Team hat während der Saison eine andere Farbe und einen anderen Namen bekommen. Wie siehst du die Entwicklung des Teams?"
Piquet: "Das hat alles Gründe, vor allem wegen der Resultate: So viele gute Ergebnisse haben wir nicht erwartet, und ich denke, dass viele Sponsoren zu uns kamen, als wir angefangen haben, Rennen zu gewinnen und gut abzuschneiden. Das ist der Grund, warum sich alles ändert. Mehr Leute interessieren sich für uns, auch große Unternehmen aus China."
Frage: "Die ersten Fahrer haben die Verträge für das folgende Jahr unterschrieben. Wann folgst du?"
Piquet: "Wir haben keinen Druck, das bekanntzugeben. Wir haben schon etwas für das kommende Jahr, aber das wollen wir noch nicht bekanntgeben. Einige Fahrer machen das einfach für die Medien, das brauchen wir nicht. Wir möchten die Dinge zur richtigen Zeit machen. Ich mache mir Sorgen um die Weltmeisterschaft, nicht darüber, ob ich der Presse sage, wo ich nächstes Jahr hingehe."
Frage: "Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass du in der Formel E bleibst..."
Piquet: "Ja, ich werde Formel E und Rallye-Cross fahren."

