Esteban Ocon

Frankreich

Porträt

(Stand: Februar 2024) Ein junger Mann auf der Überholspur: Das ist die Zusammenfassung der Formel-1-Karriere Esteban Ocons. Während seines überraschenden Debüts bei Manor beeindruckte das einst von Mercedes und Renault geförderte Toptalent die Szene so sehr, dass er nach einem halben Jahr in der "Königsklasse" ein Angebot Force Indias erhielt. Ocon stach überraschend Pascal Wehrlein aus und warb 2018 nach einem überzeugenden Einstand weiter für sich. Allerdings zog er im Cockpitpoker für 2019 eine Niete, weil Renault statt Ocon kurzfristig Daniel Ricciardo verpflichtete. So stand Ocon auf der Straße, kam aber als Test- und Ersatzfahrer bei Mercedes unter - und 2020 mit einem Jahr "Verspätung" als Stammfahrer zu Renault. Dort ist er auch 2024 dabei, unter dem neuen Teamnamen Alpine und als Teamkollege von Pierre Gasly.

Rückblende: Als 2014 alle Welt nur von Max Verstappen sprach, war Ocon der eigentliche Star der Formel-3-EM. Während der Niederländer bereits als neuer Stern am Himmel gefeiert wurde, zeigte der damalige Lotus-Formel-1-Tester in seinem Debütjahr tadellose Leistungen und bügelte die Konkurrenz spielerisch: An seinem ersten Rennwochenende stand er in allen drei Rennen auf dem Podest und holte seinen ersten Sieg, um wenige Monate später den Titel einzutüten.

Verstappen wiederum stieg am Ende des Jahres in die Formel 1 auf, der kaum gehypte Ocon hingegen musste den Umweg über die Nachwuchsserie GP3 nehmen. Doch auch hier wusste der Mann aus der Normandie zu überzeugen: Erneut siegte er gleich an seinem ersten Rennwochenende und sicherte sich am Ende im Kampf mit Luca Ghiotto den Titel. Ocon punktete schon damals vor allem mit Konstanz: In 18 Rennen stand er nur dreimal nicht auf dem Podest und fuhr immer in die Punkteränge.

Zwar glückte ihm der Sprung in die Formel 1 erneut nicht, doch Mercedes wurde auf Ocon aufmerksam und nahm ihn unter Vertrag. Zunächst wurde der Franzose in der DTM untergebracht, wo er Nachfolger des abgewanderten Meisters Wehrlein werden sollte. Allerdings dauerte es nur ein halbes Jahr, bis die beiden Teamkollegen bei Manor in der Formel 1 wurden. Ocon ersetzte dort zur Saisonmitte Rio Haryanto und war binnen weniger Rennen auf Augenhöhe mit Wehrlein, was ihm zusammen mit seiner bescheidenen Natur letztlich einen Sitz bei Force India einbrachte.

Komplett pink "gedresst" startete Ocon 2017 durch: In 18 von 20 Rennen fuhr er unter die Top 10 und schloss die Saison als Achter der Gesamtwertung ab. In einem engen Teamduell mit Sergio Perez fuhr er die Krallen aus, als es mehrere Kollisionen gab (einige waren eindeutig von Ocon verschuldet), hinter den Kulissen die Giftpfeile flogen und man zumindest offiziell wieder Frieden schloss.

2018, erneut bei Force India/Racing Point, blieb er mit 49 Punkten hinter seiner Bestleistung zurück und wurde nur WM-Zwölfter. Dann folgte das zwischenzeitliche Aus, weil die Renault-Entscheidung zugunsten von Ricciardo keine ansprechenden Optionen auf ein anderes Stammcockpit für Ocon mehr offenließ.

Mit Hilfe von Mercedes nutzte Ocon seine unfreiwillige Formel-1-Auszeit jedoch, um sich als Testfahrer des Weltmeisterteams technisch weiterzuentwickeln. Außerdem steuerte Ocon bei diversen Gelegenheiten den W10-Silberpfeil, unter anderem bei Pirelli-Reifentests. Dann, bereits im Sommer, holte ihn Renault ins Team: Der Rennstall kündigte Ocon als Nachfolger von Nico Hülkenberg an, der daraufhin die Formel 1 verließ.

In seiner Comeback-Saison 2020 stand Ocon klar im Schatten seines Teamkollegen Ricciardo, der ihn vor allem im Qualifying regelmäßig bügelte. Aber: Ocon gelang es, den Rückstand auf eine schnelle Runde sukzessive zu reduzieren. Große Sprünge aber blieben aus. Immerhin: Mit P2 beim zweiten Rennen in Bahrain erreichte Ocon sein bis dahin bestes Formel-1-Ergebnis und holte wie Ricciardo zuvor ebenfalls einen Podestplatz für Renault.

2021 blieb er dem Team unter der neuen Bezeichnung Alpine erhalten, als Teamkollege von Formel-1-Rückkehrer Fernando Alonso. Und Ocon machte seine Sache gut: Phasenweise war er schneller als der zweimalige Weltmeister. Beim Ungarn-Grand-Prix spülten ihn ein Startcrash und dessen Folgen in aussichtsreiche Position, nämlich an die Spitze des Feldes. Auch dank Schützenhilfe von Alonso fuhr Ocon anschließend zum Sieg, seinem ersten in der Formel 1. Die Fahrerwertung aber beschloss er mit 74:81 Punkten knapp hinter Rückkehrer Alonso. Da hatte er eine langfristige Vertragsverlängerung mit Alpine schon lange eingetütet: Ocon hat bis Ende 2024 ein Formel-1-Cockpit sicher.

Im zweiten Jahr an der Seite von Alonso blieb Ocon unterm Strich vorne: Er holte 92 Punkte, Alonso "nur" 81 - was Letzterer vor allem auf technische Defekte an seinem Fahrzeug schob. Tatsächlich stehen fünf Ausfällen bei Alonso lediglich zwei Ausfällen bei Ocon gegenüber. So oder so: Auf der Strecke trugen die beiden Alpine-Fahrer ein enges Duell aus, manchmal auch zu eng - Teamchef Otmar Szafnauer sah sich teilweise zum Eingreifen gezwungen.

Auch 2023 musste die Alpine-Chefetage manchmal ein Machtwort sprechen, denn zwischen Ocon und seinem französischen Landsmann Pierre Gasly knistert es schon seit Jahren. In Melbourne kollidierten die Teamkollegen sogar miteinander. Am Ende trennten sich Ocon und Gasly mit 58:62 Punkten in der WM, wobei jeder einen Podestplatz erzielte, Ocon als Dritter in Monaco. Beide aber verfehlten die Top 10 der Fahrerwertung.

Privat ist Ocon mit der französischen Studentin Alice Brasseur glücklich. Die "große Liebe" seiner Kindheit war allerdings Michael Schumacher: Schon als Kartfahrer fuhr er mit einem Replikahelm des Rekordweltmeisters, den er noch heute sein Vorbild nennt. Eine weitere Anekdote aus Kindertagen: Nach einem heftigen Duell rutschte Dauerrivale Verstappen im Teamzelt die Hand aus.