• 16.02.2006 12:28

Zonta: "Müssen einen ruhigeren Fahrstil pflegen"

Toyota-Testpilot Ricardo Zonta erklärt im Interview, warum er sich dieses Jahr genau wie seine Teamkollegen einen ruhigeren Fahrstil aneignen muss

(Motorsport-Total.com) - Viel wird derzeit über die Umstellung von 3,0-Liter-V10- auf 2,4-Liter-V8-Motoren geredet, doch diejenigen, die die Auswirkungen dessen wirklich einschätzen können, sind eigentlich nur die Fahrer. Ricardo Zonta hat sowohl mit V10- als auch mit V8-Motoren schon tausende Kilometer zurückgelegt und spricht im Interview unter anderem über den ruhigeren Fahrstil, der deshalb nun erforderlich ist.

Titel-Bild zur News: Ricardo Zonta

Dieser Mann weiß genau, wovon er spricht: Toyota-Testpilot Ricardo Zonta

Frage: "Ricardo, du kennst als Toyota-Testpilot sowohl den V10- als auch den V8-Motor. Ist das Fahren mit dem V8 schwieriger geworden - oder einfacher? Hast du deinen Fahrstil ändern müssen?"
Ricardo Zonta: "Ich bin mit dem V8-Motor im September oder Oktober des Vorjahres zum ersten Mal gefahren. Da fühlte ich im ersten Moment natürlich den geringeren Topspeed, den man mit dem V8 hat, und ich musste auch meinen Fahrstil ändern."#w1#

Kurvengeschwindigkeiten werden sogar etwas höher

"Du musst viel mehr Geschwindigkeit in die Kurven mitnehmen. Am Kurvenausgang ist der Wagen nun leichter unter Kontrolle zu halten. Mit dem V10 konntest du einfach am Kurvenausgang aufs Gas steigen, mit dem V8 jedoch musst du bereits in der Kurvenmitte wieder Gas geben. Zunächst musste ich mich daran gewöhnen, jetzt spüre ich den Unterschied nicht mehr so intensiv."

Frage: "In welcher Größenordnung wurden die Autos eingebremst?"
Zonta: "Das sind in etwa zwei bis zweieinhalb Sekunden pro Runde."

"Mit dem V10 musstest du ja immer ein bisschen warten und du konntest erst am Kurvenausgang wieder aufs Gas steigen." Ricardo Zonta

Frage: "Stimmt es, dass der V8 in langsamen Kurven schneller ist?"
Zonta: "Ja, denn mit dem V10 musstest du ja immer ein bisschen warten und du konntest erst am Kurvenausgang wieder aufs Gas steigen. Mit dem V8 bist du in langsamen und mittelschnellen Kurven deshalb ein wenig schneller, weil du früher wieder aufs Gas steigst."

Frage: "Jarno Trulli hatte mit dem TF105B Probleme, weil er über die neue Vorderradaufhängung zu wenig Feedback von den Reifen erhielt. Hattest du ähnliche Probleme?"
Zonta: "In diesem Jahr fahren wir ja mit den Bridgestone-Reifen. Es geht hier sicher um das Gefühl, um ein technisches Gefühl, das sich aus dem Umgang mit den Reifen ergibt. Wir müssen mit diesen Bridgestone-Reifen einen etwas ruhigeren Fahrstil pflegen."

Frage: "Wie stark musste der Wagen an den Bridgestone-Reifen angeglichen werden?"
Zonta: "Wir mussten einiges am Auto verändern, damit das Zusammenspiel mit den Reifen funktioniert. Es mussten viele Aspekte beachtet werden, um den Wagen ausbalancieren zu können. Da geht es auch um die Gewichtsverteilung und auch um die aerodynamische Balance zwischen Front und Heck des Wagens. Aber wir haben eine Balance gefunden, und darum geht es ja schließlich. Es ist normal, dass man einige Änderungen vornehmen muss, wenn man von einem Reifenpartner zum anderen wechselt."

Frage: "Stimmt es, dass die Fahrzeuge der Generation 2006 einen Fahrfehler weniger verzeihen?"
Zonta: "Ja, das liegt natürlich auch am V8-Motor: Du musst damit viel ruhiger fahren, mehr Speed in die Kurven mitnehmen - und auch die Bridgestone-Reifen verlangen einen weniger aggressiven, viel ruhigeren Fahrstil. Man muss alles tun, um vom Fahrstil her ruhiger und runder zu werden."

Neue Aerodynamik soll auch die Balance verbessern

Frage: "Vor dem Saisonauftakt in Bahrain wird der TF106 ein neues Aerodynamikpaket erhalten. Wird dieses neue Paket das Verhalten des Fahrzeugs ändern?"
Zonta: "Ja, im positiven Sinne. In puncto Balance werden wir damit einen großen Schritt vorwärts machen, und auch die Aerodynamik wird stark verbessert sein. Wir haben ja im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der V8-Motoren viel Speed auf den Geraden verloren, dies jedoch können wir durch einen geringeren Luftwiderstand ausgleichen - und da wird das neue Paket natürlich hilfreich sein."

"Ich finde es nicht gut für die Formel 1, wenn ein Team weiterhin mit dem V10-Motor fährt." Ricardo Zonta

Frage: "Was hältst du von der Diskussion um die gedrosselten V10-Motoren, die derzeit herrscht?"
Zonta: "Meiner Meinung nach haben die V10-Motoren ein besseres Drehmoment und ich finde, dass es nicht fair ist. Die meisten Teams fahren mit dem V8, sie alle mussten einen schwierigen Umstieg vollziehen - auch was die Technik oder das Design des V8 betrifft, vom Reglement her. Da gab es viele Fragen, was eingesetzt werden darf und was nicht. Ich finde es nicht gut für die Formel 1, wenn ein Team weiterhin mit dem V10-Motor fährt."

Frage: "Wie sehen deine persönlichen Pläne für die Zukunft aus?"
Zonta: "Ich bin der Testpilot und der dritte Fahrer von Toyota und mir geht es gut dabei. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen."

Frage: "Die Rennen vermisst du gar nicht?"
Zonta: "Natürlich gehen mir die Rennen ab, ich bin ja ein Rennfahrer. Aber ich bin darauf vorbereitet, in das Grand-Prix-Cockpit zu steigen, wann immer es nötig sein sollte oder Toyota mich braucht. Ich habe also eine gute Position im Team und bin damit zufrieden. Das Team respektiert meine Arbeit sehr, sie brauchen mich ja auch."