• 17.10.2003 16:16

  • von Marco Helgert

Zanardi: "Ich hoffe, dass es einfach Spaß machen wird"

Alessandro Zanardi wird am Wochenende erstmals seit seinem Unfall im September 2001 wieder ein Autorennen bestreiten

(Motorsport-Total.com) - Alessandro Zanardis Schicksalsschlag ereilte ihn am 15. September 2001. Bei einem Unfall auf dem EuroSpeedway Lausitz verlor der Italiener beide Beine. Mehr als zwei Jahre später wird er am kommenden Wochenende wieder im Rennauto sitzen und an einem Rennen teilnehmen: In Monza fährt er einen speziell für ihn vorbereiteten BMW in der Europäischen Tourenwagenserie ETCC.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi bremst seinen BMW mit Hilfe seiner Beinprothese

Der Spaß steht für ihn dabei im Vordergrund, aber viel wichtiger sei, "dass das Leben weitergeht. Wieder in einem Rennwagen zu sitzen, gehört definitiv zu den Dingen, die das Leben so lebenswert für mich machen", erklärte er in einem Interview mit 'Spiegel-Online'. Dabei erklärte der heute 36-Jährige bei den German 500 seinen Rücktritt vom Motorsport, fühlt sich aber missverstanden.

"Was ich meinte, ist: Meine professionelle Karriere ist wohl vorbei", stellte er klar. Körperlich sei er sehr wohl in der Lage, bei Oval-Rennen ganz vorn mitzufahren, doch psychologisch hätte er ein Handicap. "Das hat gar nicht so viel mit meiner Behinderung zu tun, sondern eher mit meinem Alter - ich werde bald 37 - und damit, dass ich jetzt eine Familie habe. Aber wenn man nicht hundert Prozent für den Motorsport gibt, wenn man nicht hundert Prozent entschlossen ist auf der Piste, dann kann man nicht vorne mitfahren."

Siegesambitionen für das Rennen in Monza wären sicher fehl am Platz, zumal die Autos von Alfa Romeo auf schnellen Strecken ohnehin einen Vorteil haben. "Ich will mich mit den anderen messen und wäre mit einer mittleren Platzierung zufrieden", erklärte Zanardi. Dabei gab es bei der Umrüstung des Autos einige Probleme, denn zu Beginn wurden jegliche Bedienelemente wie Gas, Bremsen und Schaltung auf Handbetrieb umgebaut.

Doch gerade das Bremsen bereitete dem Italiener große Probleme, da er nie ein Gefühl dafür bekam. "Dann kam ich auf die Idee, meine Beine zu benutzen - also, ich meine die Prothesen", so der Italiener. "Zur Überraschung von uns allen, auch mir, hat es funktioniert, mit den Prothesen zu bremsen! Ich konnte sogar in den Kurven mit dem Bremsdruck spielen. Also - ich denke, ich werde nie das Gefühl wieder bekommen, das ich in meinen Knien und Waden früher hatte, aber es ist verdammt nah dran."

Viele könnten den Ex-Formel-1-Fahrer für verrückt halten, wieder in ein Renncockpit zu klettern, doch Zanardis Beweggründe sind nachvollziehbar: "Nach dem Abendessen schalten wir manchmal den Fernseher ein. Und was sehen wir? Einen Nachrichtensprecher, der uns erzählt, wie viele Menschen an diesem Tag auf den Straßen in Italien gestorben sind", so Zanardi.

Gerade auf der Rennstrecke sei die Gefahr eines Unfalls erheblich geringer als auf öffentlichen Straßen: "Die Leute, die dort unterwegs sind, können wenigstens Auto fahren. Das mindert das Risiko ganz erheblich. Wenn ich morgen mit meinem Privatwagen nach Monza fahre, ist das wahrscheinlich gefährlicher als das Rennen selbst."