• 14.11.2006 09:35

  • von Michael Noir Trawniczek

Wurz: "Williams hat sich in allen Bereichen verstärkt"

Alexander Wurz im Interview über seinen Vorstoß in punkto Verkehrssicherheit und über sein bevorstehendes Comeback als Grand-Prix-Pilot bei Williams-Toyota

(Motorsport-Total.com) - Alexander Wurz lud nach Teesdorf, ins Fahrsicherheitszentrum - denn dort stellte er gemeinsam mit seinem Vater Franz die Marke 'Test & Training International' vor, die er vom 'ÖAMTC' erwarb, um weltweit Verkehrssicherheitszentren zu errichten und so für eine Reduzierung der Verkehrstoten zu sorgen. Wurz ist damit der erste Formel-1-Pilot weltweit, der sich in einem derartigen Ausmaß, abseits von der Verleihung des eigenen Antlitzes, für dieses Anliegen einsetzt.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz geht davon aus, dass sich Williams 2007 verbessern wird

Im Interview war es Alex auch ein persönliches Anliegen, über 'TTI' zu sprechen - der Niederösterreicher bezog aber auch zu den aktuellen Formel-1-Themen Stellung: Über die intensive Zusammenarbeit zwischen Williams und Toyota, die Auswirkungen von Einheitsreifen und Motoreneinfrierung und den neuen Grand-Prix-Freitag, der laut Wurz de facto das Ende der Freitagspiloten bedeutet.#w1#

Franz und Alexander Wurz für mehr Sicherheit auf der Straße

Frage: "Alex, dein Vater Franz Wurz - er war früher auch ein aktiver und als Rallyecross-Europameister sehr erfolgreicher Motorsportler - hat sich in Österreich für die Verkehrssicherheit eingesetzt. Kann man sagen, dass du nun den gleichen Weg gehst, nur eben auf internationaler Ebene?"
Alexander Wurz: "Vereinfacht betrachtet könnte man das so sehen. Nur: Das System von 'Test & Training' hat bereits international Fuß gefasst - in Deutschland, in der Schweiz, in Luxemburg. Und wir wollen jetzt wirklich in aller Herrgott Länder ausrücken und dieses System integrieren - und zwar alle Systeme der 'Test & Training International'. Das ist die Kinderverkehrserziehung, die Mehrphasenausbildung, die Weiter- und Ausbildung von Berufskraftfahrern - es gibt ja viele Bereiche, in denen wir tätig sind."

"Natürlich: In Österreich weiß jeder, was ein Fahrsicherheitstraining ist - weil es auch schon viele Leute gemacht haben. International jedoch gibt es das auf diesem Niveau noch nicht - aber es ist wirklich ein Bedürfnis vorhanden, und das möchte ich stillen. Das muss einerseits ein Geschäft sein - logisch, denn sonst kann man es ja nicht finanzieren. Aber andererseits lautet mein Endziel, einfach wirklich etwas zu tun, um Verkehrsunfälle zu reduzieren."

Familie als Beweggrund

Frage: "Woran liegt es, dass es international noch dieses große Bedürfnis gibt? Würdest du sagen, dass beispielsweise die Polen noch so wilde Autofahrer sind?"
Wurz: "Nein, aber da gibt es zum Beispiel in den verschiedenen Entwicklungsländern einen großen Nachholbedarf - obwohl Polen ja kein Entwicklungsland ist, es hinkt nur einfach ein bisschen hinter uns nach, sie hatten 6.600 Verkehrstote im letzten Jahr - und die gilt es zu reduzieren."

"Es ist dort die Ausbildung noch nicht so weit fortgeschritten, die Sensibilisierung auf die Fahrsicherheit - das muss dort erst noch zum Thema gemacht werden. Dass die Leute darüber nachdenken, dass es eigentlich besser ist, wenn du ein bisschen langsamer fährst, weil du dann am Abend schon noch bei deiner Familie sitzt."

"Weil ich gerade das Wort 'Familie' ausgesprochen habe - das war einer meiner Beweggründe, dieses Projekt zu übernehmen. Denn ich habe zwei Kinder zuhause und ich würde mir wünschen, dass sie jeden Tag gesund nach Hause kommen. Und der Weg von Punkt A zu Punkt B führt heutzutage immer über die Straße."

Verkehrstote als "volkswirtschaftlichen Impact"

Frage: "Du hast das also auch aus persönlichen Gründen gestartet?"
Wurz: "Ja, absolut. Es ist schön, das fortzuführen, was mein Vater begonnen hat, was dann sehr erfolgreich geworden ist - in Österreich und auch ein bisschen in den angrenzenden Ländern. Wir hatten vor ein paar Monaten im Fahrtechnikzentrum Vorarlberg 27 Verkehrsminister zu Gast - und die haben alle gesagt: 'Wahnsinn, wie weit ihr seid!'"

"Für die Politiker ist die Reduzierung der Unfalltoten ja kein Geheimnis, die kennen ja die Zahlen. Die sind bei uns beispielsweise seit der Einführung des Mehrphasenführerscheins weitaus mehr gesunken als in anderen Ländern."

"Jedes Land ist daran interessiert, die Verkehrstoten zu reduzieren - und da muss ich jetzt etwas sehr brutales dazusagen: Wenn jemand bei einem Verkehrsunfall stirbt, da finden natürlich immense menschliche Tragödien statt, wo Menschen aus dem Familiengefüge herausgerissen werden."

"Aber zudem muss man auch bedenken - und das ist die leider brutale Aussage - dass ein Verkehrstoter dem Staat sehr viel Geld kostet, in Österreich ist das statistisch gesehen in etwa eine Million Euro, die dem System zu Lasten fallen."

"Wenn man also jetzt bei dem Beispiel Polen bleibt: Wenn man hier jetzt diese 6.600 Toten um zehn bis zwanzig Prozent reduzieren kann, dann hat das auch einen volkswirtschaftlichen Impact. Ganz vorne steht natürlich immer die menschliche Tragödie, die man verhindern muss."

Frage: "Es klingt im ersten Moment ja fast absurd, aber eigentlich wird ja auch gerade durch den Motorsport auch die Verkehrssicherheit forciert, wie man in Österreich sehen kann. Dein Vater kommt ja auch aus dem Motorsport und hat dann eben sehr viel für das Sicherheitsdenken im öffentlichen Straßenverkehr getan. Stichwort Polen: Versucht ihr auch, zum Beispiel den polnischen Formel 1-Piloten Robert Kubica für die Etablierung von Fahrtechnikzentren und die Forcierung des Sicherheitsdenkens zu gewinnen?"
Wurz: "Da sprechen wir gerade mit der FIA, weil diese ja als Dachorganisation für den Automobilverkehr für die Weltsicherheit genauso zuständig ist wie es auch Einzelunternehmen wie wir es sind. Und da versuchen wir und haben auch schon jetzt damit begonnen, dass wir mit verschiedenen Fahrern auf nationaler Ebene Aktionen liefern."

"Man muss aber bei solchen Aktionen einige Dinge beachten und regeln, was mitunter recht lange, zum Teil auch Jahre dauern kann, die man für die Vorplanung solcher Projekte benötigt. Grundsätzlich versuchen wir aber, das so wie von dir angedeutet umzusetzen - aber in erster Linie preschen wir einmal selber vor, um das 'Test & Training-System' in den verschiedenen Ländern zu etablieren. Weil wir als selbstständiges und unabhängiges Unternehmen viel schneller reagieren können als diverse Gremien in Regierungen, Institutionen oder Verbänden."

Williams und die Zusammenarbeit mit Toyota

Frage: "Vorgeprescht bist du auch in deiner Formel-1-Karriere, hast den Schritt zurück ins Renncockpit geschafft. Dein Arbeitgeber Williams wird nach einem Jahr mit Cosworth-Motoren wieder mit einem Hersteller kooperieren und mit Toyota-Kundenmotoren antreten. Kann man diese Partnerschaft vergleichen mit dem Ende der Neunzigerjahre erfolgreichen Gespann Williams-Renault? Ist es nur ein Kundenmotor oder geht diese Partnerschaft über die reine Motorenbelieferung hinaus?"
Wurz: "Die Partnerschaft geht ganz klar darüber hinaus, es ist nicht nur ein Kundenmotor. Wir haben eine sehr intensive Partnerschaft. Wir haben Zugang zu allen Prüfständen von Toyota. Wir entwickeln auch gemeinsam das Getriebe - das auch ein sehr wichtiger Teil eines Formel-1-Wagens ist."

Frage: "Ein Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung?"
Wurz: "Ja, ohne Zugkraftunterbrechung - da wird es auch eine Kooperation geben, es wird einen richtigen Austausch von Know-how geben. Das Getriebe hatten wir schon in diesem Jahr am Auto, es wird für das nächste Jahr ein Update entwickelt. Und da wird schon sehr intensiv mit Toyota zusammengearbeitet."

Eine Saison zum Vergessen

Frage: "Williams ist in der abgelaufenen Saison doch ziemlich abgesackt, auf Rang acht der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Glaubst du, dass es Williams und Toyota schaffen können, im kommenden Jahr wieder aufzurücken, dass Williams wieder in die Top 4 gelangen kann?"
Wurz: "Naja, ich muss der Fairness wegen dazusagen, dass es heuer nicht am Motor, an dessen Leistung und Performance gelegen ist. Der Cosworth-Motor war wirklich sehr gut. Das Problem war in diesem Jahr einerseits die mangelhafte Standfestigkeit - wir sind oft auf guten Punkte-Rängen liegend ausgeschieden. Das waren teilweise sogar Podestplätze, einmal sogar in Führung liegend - das war der Mark Webber in Australien."

"Gut, aber man muss eben einmal nach Hause kommen, um die Punkte auch kassieren zu können. Und dann, etwa zur Mitte der Saison, muss ich zugeben, dass wir vielleicht auch in der Performance zurückgefallen sind - das führen wir auch auf verschiedene Bereiche zurück, wobei das Hauptaugenmerk bei der Aerodynamik liegt. So wie bei jedem Konstrukteur, das ist logisch."

"Doch Williams hat sich nun in allen Bereichen, auch personell, verstärkt - um auf diese Analyse, die ich dir jetzt gegeben habe zu reagieren und besser zu werden. Wie das dann fruchten wird, das werden wir sehen - aber es sind sehr gute Leute dazugekommen."

Eingefroren oder nicht eingefroren?

Frage: "Generell wird es ja wegen der Einheitsreifen mehr auf das Fahrzeug selbst ankommen - da sind sich so ziemlich alle Experten einig."
Wurz: "Ja, das ist richtig."

Frage: "Und die Motoreneinfrierung - wie wird sich dieser Entwicklungsstillstand deiner Meinung nach auf die Kräfteverhältnisse auswirken?"
Wurz: "Es ist nicht wirklich so, dass die Entwicklung komplett stillstehen wird. Es werden nur gewisse Eckpunkte eingefroren - wie das jetzt genau im Reglement verankert ist, weiß ich nicht. Man kann aber schon auch während der Saison gewisse Teile des Motors weiter entwickeln."

Frage: "Es heißt, dass diese Weiterentwicklung nur dann erlaubt ist, wenn es sich um Schritte zur Verbesserung der Standfestigkeit handelt."
Wurz: "(lacht viel sagend) Ja, weißt eh..."

Frage: "Eben, da stellt sich die Frage: Wie wird man das kontrollieren können, ob gewisse Maßnahmen wirklich nur der Hebung der Standfestigkeit dienen?"
Wurz: "Ja, das obliegt der FIA - und da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich da nicht so vertraut bin mit dem Reglement, wie das die Motoreningenieure sind - weil es für mich, unter Anführungszeichen, nicht so wichtig ist."

"Aber ich würde sagen, es wird, wie du vorhin schon gesagt hast, aufgrund des Reifenreglements wichtiger sein, dass das Auto gut funktioniert. Dass es gut abgestimmt ist auf diesen Einheitsreifen, den uns Bridgestone gibt. Und da muss man schauen, wer da am schnellsten damit klarkommt."

Wurz glaubt nicht an Manipulationen in der Formel 1

Frage: "Diese Grauzone liefert ja wieder neue 'Verdachtsmomente' - wenn dann beispielsweise dem einen Team ein gewisser Motoren-Update erlaubt wird und dem anderen nicht..."
Wurz: "Ich bin ja involviert in dieses Geschäft Formel 1 - und ich konnte noch nie feststellen, dass hier irgendwo manipuliert wurde. Deshalb tue ich mir schwer, da jetzt wirklich ein Urteil zu fällen, weil ich eben involviert bin."

"Wenn du dir das anschaust, generell: Manchmal schreibt die Formel 1 einfach total verrückte Geschichten, und da steckt dann aber garantiert keine Manipulation dahinter. So etwas lässt oder ließe sich dann ja auch nicht wirklich verheimlichen, über die Jahre hinweg. Das ist wie in der Politik: Es kommt alles irgendwann einmal heraus."

Frage: "Auch dank des Internets."
Wurz: "Ja, natürlich. Das Internet hat in punkto Formel 1 irrsinnig viel bewegt. Heutzutage muss jede Internetseite mindestens zwei bis drei Neuigkeiten pro Tag liefern - das heißt, die News werden um vieles schneller verbreitet. Das ist für die Fahrer und die Teams zum Teil dann auch wesentlich härter - etwas geheim halten, eine News vorbereiten weil das Magazin in der nächsten Woche herauskommt - das gibt es nicht mehr. Es ist ein tagtägliches, ein brutales Geschäft geworden."

Wurz und die harte Zeit auf der "Ersatzbank"

Frage: "'Die Formel 1 schreibt mitunter verrückte Geschichten', hast du vorhin gesagt. Deine eigene Geschichte ist ja auch eine verrückte, in gewissem Sinne. Diese Rückkehr in ein Renncockpit ist ja nicht alltäglich und nur die wenigsten haben damit gerechnet, dass du das noch schaffen wirst. Ein Alex Zanardi stellt mit seiner Leidensgeschichte und der phänomenalen Bewältigung dieser Tragödie für viele Menschen so etwas wie einen Motivator dar, ebenfalls nicht aufzugeben und weiterhin alles zu versuchen, das beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Du hast zwar keinen solchen Schicksalsschlag bewältigen müssen - aber dennoch werden sich einige Fans auch an dir aufrichten, sie werden ermutigt, ebenfalls nicht aufzugeben, hartnäckig zu bleiben."
Wurz: "Wenn du das so siehst, sage ich danke, das freut mich. Es war jedoch nie meine Absicht, ein Vorbild zu sein - in dem Sinn, dass ich sechs Jahre absichtlich weg war um dann zu zeigen, dass man ein Beißer sein muss um wieder zurückzukehren."

"Aber das ist bei mir schon seit meiner Kindheit so: Wenn ich woran glaube, wenn ich etwas will, dann muss ich dafür arbeiten und darf auf keinen Fall aufgeben. Das hört sich jetzt 'großgoschert' an und ist leicht gesagt - aber in den vergangenen sechs Jahren war es teilweise schon sehr hart für mich, auf der Ersatzbank zu sitzen."

"Andererseits lief es für mich auf dieser Schiene immer perfekt: Ich war als Testfahrer bald schon sehr begehrt und habe einen sehr sicheren Arbeitsplatz genossen - also kann ich mich da ja eigentlich überhaupt nicht beschweren."

"Zugleich waren meine Ambitionen immer schon sehr hoch und ich wollte immer schon Rennen fahren - aber es ist schon so, dass ich sage: Wenn irgendjemand aus meinem Fall etwas mit nach Hause nehmen kann und er sagt: 'Das ist super!' und er mein Beispiel als Anreiz nimmt, nicht aufzugeben, sich hochzuziehen - dann habe ich bereits einen Riesenerfolg damit erzielt."

Wurz hat Respekt vor Kliens Entscheidung

Frage: "Jetzt geht es dem Christian Klien in gewisser Weise ähnlich wie dir vor sechs Jahren - was glaubst wäre besser für ihn: Das Renncockpit bei Spyker-Ferrari oder der Testpilotenjob bei Honda?"
Wurz: "Prinzipiell weiß ich nicht, ob es für den Christian so einfach ist, dass er sich das aussuchen kann, was er künftig tun wird. Grundsätzlich hat er bereits seine eigenen Entscheidungen getroffen - mit der Ablehnung des Angebots von Red Bull, nach Amerika zu den Champ Cars zu gehen. Das war bereits eine sehr mutige und eine starke Entscheidung - weil er genau gewusst hat, dass er da ein bisschen gegen den Strom schwimmt. Das kenne ich - aus meiner eigenen Vergangenheit."

"Wie es für ihn jetzt weitergeht - da kann ich ihm eigentlich nur viel Glück wünschen. Es ist im Augenblick vielleicht sogar härter als es bei mir der Fall war, als ich aufgehört habe, ein Rennfahrer zu sein. Aber es ist einfach ein irrsinnig hartes Geschäft und es war für den Christian schon einmal ein riesengroßer Erfolg, dass er überhaupt in die Formel 1 gekommen ist und drei Jahre lang dabei war - und ich hoffe für ihn und für die österreichischen Fans, dass es nicht die letzten Jahre waren."

Wurz über seine Teamkollegen

Frage: "Hast du keine Angst vor Nico Rosberg?"
Wurz: "Nein. Ich werde mich jetzt nicht in meinem Zimmer einsperren und mich vor dem Nico verstecken. Das habe ich ja auch bei den Testfahrten nicht tun müssen, obwohl der Nico wirklich ein brutal schneller Fahrer ist. Aber es wird sich ja eh im nächsten Jahr zeigen - damit habe ich kein Problem."

Frage: "Bei Williams werden Narain Karthikeyan und Kazuki Nakajima deinen Job als Tester übernehmen - du wirst jetzt natürlich nicht sagen, dass die beiden schlechtere Fahrzeugentwickler sind als du - aber hast du nicht ein bisschen Angst, das jetzt abzugeben?"
Wurz: "Nein, überhaupt nicht. Ich muss eines sagen: Eigenlob stinkt, ich weiß - aber der Sam Michael wurde von einem Journalisten gefragt: 'Wie wird man den Alex als Testpilot ersetzen?' Und da hat Sam Michael geantwortet: 'Den Alex ersetzen? Das ist unmöglich!' Und da bin ich schon sehr stolz darauf - denn es zeigt, dass man bei Williams meine Arbeitsweise sehr geschätzt hat."

"Das Testen wird sich aber auch ändern im nächsten Jahr. Es gibt an den Grand-Prix-Wochenenden keinen Freitagsfahrer mehr, das Testen wird beschränkt. Wir haben, Gott sei Dank, Kontinuität bewiesen mit der Beibehaltung von Narain Karthikeyan, mit dem ich in diesem Jahr bereits ein paar Mal getestet habe und der durchwegs sehr schnell sein kann und der jetzt auch thematisch lernt, was wichtig ist bei den Testfahrten."

"Man muss bei der Testarbeit die Rundenzeiten beiseite schieben - man muss Resultate erzielen, die dem Team dabei helfen, das Auto schneller zu machen. Und dann ist man ja ohnehin automatisch auch von der Rundenzeit her schneller. Man darf das nicht zu egoistisch sehen. Jetzt, da Narain für nächstes Jahr als Testpilot bestätigt ist, wird er sich auch komfortabel genug fühlen, um dann auch wirklich für uns als Team gemeinsam zu testen und nicht immer nur mit der Brechstange unbedingt schnell sein zu wollen."

Alexander Wurz' Testarbeit weiterhin bedeutend

Frage: "Du wirst ja auch als Einsatzpilot weiterhin Testfahrten unternehmen und auch entsprechend in die Weiterentwicklung involviert sein, oder?"
Wurz: "Logisch, hundertprozentig. Und das Testreglement wird geändert - man hat als Team während der Saison bei jedem Test immer nur ein Auto, das eingesetzt werden darf. Das heißt: Die Voraussetzungen, die ein Testpilot im nächsten Jahr vorfindet, sind wesentlich magerer als das zu der Zeit der Fall war, in der ich Testpilot war."

Frage: "Wird das auch deine Testarbeit reduzieren?"
Wurz: "Ich werde oft bei Tests fahren, auch als Einsatzpilot wird das der Fall sein."

Frage: "Jetzt ist es ja so, dass man an diesem neuen Grand-Prix-Freitag, an dem am Vormittag und am Nachmittag ein jeweils neunzig Minuten langer Test abgehalten wird, zwar so viele Fahrer einsetzen darf wie man möchte - zugleich jedoch dürfen nur die beiden Einsatzautos eingesetzt werden, ein drittes Auto gibt es nicht. Wie soll das in der Praxis funktionieren? Gerade du hast am eigenen Laib schon oft gespürt, wie schwierig so eine Sitzanpassung eigentlich ist..."
Wurz: "Grundsätzlich ist es kein Problem, wenn ein dritter Fahrer das Auto testet. Aber ich glaube, dass dieses Reglement nur für jene Teams praktikabel ist, die sich mit dem Einsatz verschiedener Testpiloten finanziell einen Vorteil verschaffen, wenn sie das Auto verkaufen. Mit diesem Reglement ermöglicht man solche Deals."

"Ich glaube jedoch nicht, dass dies bei uns, bei Williams, der Fall sein wird. Weil man natürlich in diesen eineinhalb Stunden mit zwei Autos sehr viel lernen, sehr viel ausprobieren kann - und da ist es natürlich auch wichtig, dass diese Tests der Einsatzfahrer erledigt, weil er ja auf dieser Strecke dann am Sonntag den Grand Prix fährt."

Das Ende der Freitagsfahrer?

Frage: "Deinen Worten nach ist das also das Ende der Freitagspiloten - ausgenommen jene Teams, die einen oder mehrere Paydriver in ihre Einsatzautos setzen. Die Spitzenteams jedoch werden keine Freitagsfahrer mehr einsetzen..."
Wurz: "Ja, genau. Ich wäre zumindest überrascht, wenn ein Topteam einen dritten Fahrer einsetzen würde."

Frage: "Du steigst nun mit 32 Jahren wieder in den Grand-Prix-Sport ein - welche Ziele hast du dir für diese zweite Karriere als Einsatzpilot gesetzt? Wie lange siehst du dich noch fahren und ist der Weltmeistertitel noch das erklärte Ziel?"
Wurz: "Das kann ich nicht beantworten - weil der Gedanke des Aufhörens oder an das Ende ist mir eben erst zum ersten Mal gekommen, nachdem du diese Frage gestellt hast."

Wurz und die Zeit nach der Formel 1

Frage: "Oh, das tut mir leid..."
Wurz: " lacht) Ich fahre so lange, wie es mir Spaß bereitet und so lange das Feuer in mir brennt. Und ich sehe derzeit kein Ende. Aber irgendwann einmal hat jeder ein Ablaufdatum, das muss man auch rechtzeitig erkennen. Ich habe vor diesem Tag, der sicher einmal kommen wird, keine Angst. Er wird sicher kommen, aber ich glaube, er wird nicht in naher Zukunft kommen."

Frage: "Kannst du dir vorstellen, nach der Formel 1 in einer anderen Rennserie wie beispielsweise der DTM weiterzufahren? Oder im Motorsport eine administrative Tätigkeit auszuüben, beispielsweise als Teamchef?"
Wurz: "Das, glaube ich, eher nicht. Auch als Teamchef nicht. Ich glaube, mein Betätigungsfeld wird dann darin bestehen, voll ins Tagesgeschäft von 'Test & Training International' einzusteigen. Denn das Projekt 'Test & Training' ist ja kein kurzfristiges, sondern ein sehr großes und langfristiges."