• 23.03.2017 06:16

  • von Norman Fischer & Dominik Sharaf

"Wunderaufhängung" gecheckt: FIA findet kein Vergehen

Die FIA hat bei bisherigen Checks der Aufhängungen keine Verletzung der Regeln erkennen können: Mercedes und Red Bull mussten wohl zuvor umrüsten

(Motorsport-Total.com) - Kommt die Formel 1 beim Saisonauftakt in Melbourne um einen Protest herum? Im Winter hatte Ferrari angekündigt, gegen die Aufhängungslösungen von Mercedes und Red Bull protestieren zu wollen, weil diese angeblich illegal seien. Doch nachdem der Automobil-Weltverband FIA laut 'Autosport' beide Teams zu einer Änderung zwang, scheint das Thema vom Tisch zu sein. "Alle, die wir bisher untersucht haben, waren wie erwartet. Von daher gehen wir nicht von Problemen aus", betont Renndirektor Charlie Whiting in einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Aufhängung

Die Aufhängung von Mercedes stand den Winter über stark im Blickpunkt Zoom

Die für Technik zuständigen Marcin Budkowski und Jo Bauer waren bei den Testfahrten in Barcelona alle Systeme durchgegangen und sollen bei Mercedes und Red Bull nach einer Änderung verlangt haben. In Australien wurden bislang sechs Teams überprüft und für in Ordnung befunden, die restlichen vier Teams folgen bis zum Trainingsauftakt am Freitag.

Bei der vermeintlichen Wunderaufhängung geht es darum, dass diese wohl aerodynamisch auf das Fahrwerk einwirkt und ähnlich wie das verbotene FRIC-System (Front- and Rear Interconnected) das Handling verbessert und den Reifenverschleiß reduziert. Und genau da liegt der Knackpunkt: "Wenn wir ein System haben, das die Aerodynamik-Performance des Autos nicht nur nebensächlich beeinflusst, dann erlauben wir es nicht", betont Whiting zur Funktionsweise.

Aufhängung muss Aufhängung sein

Das heißt: "Wir wollen sehen, ob eine Aufhängung vornehmlich eine Aufhängung ist, oder ob sie vor allem dazu genutzt wird, um die aerodynamische Performance des Autos zu beeinflussen", wie der FIA-Delegierte weiter erklärt. Dafür wurde sogar die Beweislast umgekehrt. Teams müssen damit nun selbst beweisen, dass ihre Aufhängung höchstens einen Nebeneffekt hat. "Wenn sie uns davon nicht überzeugen können, dann können sie es nicht benutzen", so Whiting.

Das könne potenziell aber dazu führen, dass zwei Teams das gleiche System fahren, durch unterschiedliche Erklärungen aber einmal legal und einmal illegal unterwegs sind. Ferrari war mit seinen Ausführungen bei der FIA immer wieder abgeblitzt, während Mercedes und Red Bull lange durchgewinkt wurden.

Den hydraulisch operierenden Aufhängungssystemen sei man sich dabei laut dem Renndirektor schon lange bewusst gewesen, doch als klar wurde, dass diese vornehmlich einen anderen Zweck erfüllen, nahm sich die FIA dem Thema an. Zwar gab es keine grundlegende Regeländerung, doch mittlerweile hat der Verband einen stärkeren Fokus auf das Thema gelegt.


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Natürlich ist es für Außenstehende nicht leicht, die Systeme nach ihrer Wirkungsweise zu beurteilen, doch laut Whiting gebe es vor allem zwei grundlegende Dinge, die für eine Zweckentfremdung sprechen: Zum einen gebe es keinen Grund für eine asymmetrische Arbeitsweise, wo die Aufhängung etwa in einer bestimmten Geschwindigkeit nach unten geht und in einer anderen wieder zurück, und auch Energiespeicherung dürfte laut ihm keine Aufgabe einer Aufhängung sein.

"Wir wollen nicht hören, dass es nicht so ausgeführt wird. Wenn wir denken, dass es etwas tun könnte, das wir nicht wollen, dann können sie es nicht benutzen", so Whiting.

FIA achtet auf Ölverbrauch

Ein weiteres Thema, das auf der Pressekonferenz angesprochen wurde, ist der Ölverbrennungstrick. Mercedes wurde vor einigen Wochen angeschwärzt, im Qualifying Öl ins Benzin gegeben zu haben, um mehr Motorleistung zu generieren. Zwar wurde dieser Umstand von den Silberpfeilen dementiert, doch die FIA möchte das im Auge behalten. "Wir untersuchen alle Ölsysteme hier und werden den Ölverbrauch checken, um sicherzustellen, dass es nicht als Benzin verbraucht wird", stellt Whiting klar.

Laut 'auto motor und sport' hat die FIA den Teams dabei ein Verbrauchslimit von 0,6 Litern pro 100 Kilometer mit an die Hand gegeben. Zwar ist das eher eine Richtlinie als feste Regel, doch der Verband hält sich bei höherem Verbrauch das Recht vor, die Motoren zu überprüfen, um herauszufinden, ob das System absichtlich so konstruiert wurde - jedoch will man bei den ersten Rennen ein Auge zudrücken.

Charlie Whiting

Charlie Whiting hat mit der FIA einen starken Fokus auf Problemzonen Zoom

Das Grundproblem wird damit allerdings nicht gelöst. Zwar kann man den Verbrauch im Rennen kontrollieren, jedoch nicht im Qualifying über eine Runde - und genau dort lag der Verdacht bei Mercedes. Jetzt überlegt die FIA, wie sie den Ölverbrauch ab der Saison 2018 jederzeit messen kann.