• 24.04.2004 11:46

Williams: "Schwer zu begreifen, was passiert war"

Der zweite Teil des Interviews auf der Internetseite von BMW-Motorsport mit Frank Williams über Ayrton Senna

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Der 1. Mai war ganz sicher ein schwieriger Tag für Sie und das Team. Wie haben Sie sich an diesem Tag gefühlt?"
Frank Williams: "Es war schwer zu begreifen, was eigentlich passiert war. Die Tatsache, dass Ayrton in einem Williams Auto ums Leben gekommen war, verursachte bei uns das schreckliche Gefühl, verantwortlich zu sein. Es dauerte ein paar Tage, bis uns das ganze Ausmaß des Geschehenen bewusst wurde."

Titel-Bild zur News: Ayrton Senna

Ayrton Senna, immer bereit zu kämpfen und ans Limit zu gehen

Frage: "Was an Ayrton vermissen Sie am meisten?"
Williams: "Ich denke, seine Einstellung zum Rennfahren. Es war wunderbar, ihm beim Fahren zuzuschauen. Er war immer am Limit, stets bereit zu attackieren. Wenn man mit ihm in der Box war oder ihm über Funk zuhörte, wurde einem klar, was ihn zu einem so guten Fahrer machte. Es war die Intensität, mit der er sich seiner Aufgabe widmete, die Art, wie er sich unter Kontrolle hatte und sein Umfeld sehr effektiv dazu brachte, ihm in allen technischen Bereichen die Unterstützung zu bieten, die er benötigte, um das Optimum aus seinem Auto herauszuholen."#w1#

Frage: "Welche Auswirkungen hatte Ayrtons Tod auf die Formel 1?"
Williams: "Plötzlich klaffte ein gewaltiges schwarzes Loch in unserem Sport, denn Ayrton war der beste und bemerkenswerteste Formel-1-Fahrer jener Ära. Nicht nur im Auto war er der wahre Champion unseres Sports, sondern auch außerhalb. Deshalb war sein Verlust auch ein derartig großer Schock und ließ in uns allen ein Gefühl der Leere zurück."

Frage: "Was ist, Ihrer Ansicht nach, Sennas wichtigstes, dauerhaftestes Vermächtnis?"
Williams: "Ich denke, sein offensichtlichstes Vermächtnis ist die erstaunliche Treue seiner Fans. Noch Jahre später haben die Menschen über ihn geredet, ja, sie tun es noch heute. Noch immer sieht man überall Senna-Posters und Senna-T-Shirts. Ayrton war keine Kurzzeit-Erscheinung. Er war etwas Besonderes, eine Persönlichkeit, die die Herzen der Menschen für eine lange Zeit in ihren Bann zog. Ganz eindeutig hat er einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Bei den Menschen, die ihn kannten, bei denen, die ihn fahren sahen, ihn reden hörten oder auf andere Weise Kontakt zu ihm hatten. Er hat unglaublich viele Menschen erreicht."

Frage: "Seit 1994 trägt jeder Williams-Rennwagen das Senna-S. Warum?"
Williams: "Das hat wohl sentimentale Gründe. Patrick und ich haben darüber gesprochen und kamen zu dem Schluss, dass es für uns und unser gesamtes Team der angemessene Weg sei, um einem in unserem Auto tödlich verunglückten Fahrer den angemessenen Respekt zu erweisen."

Frage: "Mittlerweile sind zehn Jahre vergangen. Mit welcher Einstellung reisen Sie so kurz vor Sennas zehntem Todestag nach Imola?"
Williams: "Mein dominierendes Gefühl bezüglich seines zehnten Todestags ist, dass wir feiern sollten, was Ayrton erreicht hat. Ich denke, nachdem nun so viel Zeit vergangen ist, ist es angemessen, nicht mehr so sehr seinen Tod zu betrauern, sondern vielmehr sein Leben und seine Leistungen zu feiern. Das Team hat seit 1994 stets das Senna-S auf seine Rennautos geschrieben. Doch das San-Marino-GP-Wochenende ist so bedeutend, dass wir uns entschlossen haben, das 'S' an einer wesentlich prominenteren Stelle - oben auf den Seitenkästen - zu platzieren. Wir hoffen, dass es uns mit dieser kleinen Geste - zusammen mit anderen Aktivitäten, die unser Partner BMW initiiert hat - gelingt, der hervorragenden Arbeit der 'Ayrton Senna Foundation' wertvolle Bekanntheit und zusätzliche Mittel zu verschaffen."

Frage: "Was hat Williams mit Ayrtons zerstörtem Auto getan?"
Williams: "Nach dem Ende des langwierigen Prozesses, in dessen Verlauf die Ursachen des Unfalls genauestens untersucht wurden, bekamen wir das Chassis zurück. Daraufhin haben wir mit der Senna-Familie besprochen, was die angemessene Vorgehensweise sei. Auf ihren Wunsch wurde das Auto zerstört, um zu verhindern, dass es das Objekt einer makabren Verehrung wird."

Frage: "Ist Williams auch von dem erneuten Prozess bezüglich des Unfalls betroffen?"
Williams: "Ja. Tatsächlich müssen wir jetzt ein weiteres Kapitel dieses Prozesses durchlaufen. Williams respektiert das Vorgehen der italienischen Gerichtsbarkeit und wird alle Forderungen erfüllen, mit denen die Gerichte an uns heran treten werden."