• 27.02.2009 18:52

Williams: Die Krise kann neue Chancen bieten

Fragen und Antworten: Frank Williams über den Weg zurück nach vorn, Sebastian Vettel und Nico Rosberg, Sponsoren und Finanzkrise, USF1 und Honda

(Motorsport-Total.com) - Frank Williams hat es geschafft, sich mit seinem Team über 30 Jahre lang im Haifischbecken Formel 1 zu behaupten. Er hat auch Krisen gemeistert und deshalb glaubt man ihm, wenn er sagt, dass die derzeitige globale Situation auch neue Möglichkeiten bieten kann. Beim Williams-Medientag in Grove sprach er über das Thema Finanzkrise, die Royal Bank of Scotland, das neue USF1-Team und den harten Weg zurück an die Spitze der Königsklasse.

Titel-Bild zur News: Frank Williams (Teamchef)

Frank Williams sieht die Krise nicht so düster wie manch andere

Frage: "Was erwarten Sie sich von der kommenden Saison?"
Frank Williams: "Die Autos haben sich im Vergleich zum Vorjahr sehr verändert, damit haben alle die Chance, Boden gut zu machen, wenn sie bisher zurückgelegen sind. Wir könnten in den ersten Tests also ein paar Überraschungen erleben, aber nichts Dramatisches. Obwohl es im Feld durchaus einiges an Bewegung geben kann."#w1#

Frage: "Sind Sie optimistisch?"
Williams: "Vorsichtig optimistisch. Es ist schwer zu sagen, da wir noch nicht gesehen haben, was die anderen gemacht haben."

Frage: "Waren Sie vor dem Start einer Saison je optimistisch?"
Williams: "Sie wissen, dass ich das nicht war..."

"Vettel kann nicht zaubern"

"Wenn Nico einen McLaren hätte, würde er die ganze Zeit vorne fahren." Frank Williams

Frage: "Beim Mittagessen haben Sie Red Bull erwähnt. Denken Sie, dass die gut aufgestellt sind?"
Williams: "Es gab bei der Aerodynamik einige grundlegende Änderungen und Adrian Newey ist für seine Fähigkeiten in diesem Bereich bekannt. Er könnte es gut hinbekommen. Hoffentlich brechen es weiter ein... das ist natrülich eine sehr egoistische Ansicht. Und ich denke, dass Sebastian Vettel immer besser und besser wird."

Frage: "Sie haben eine hohe Meinung von Vettel?"
Williams: "Ich denke nicht, dass er zaubern kann. Im gleichen Auto könnte ihn Nico Rosberg sicher das Wasser reichen. Aber er ist sehr gut. Das gilt jedoch auch für Nico. Wenn Nico einen McLaren hätte, würde er die ganze Zeit vorne fahren."

Frage: "Nico hat gesagt, dass er 2010 in einem Spitzenauto sitzen will und dass das Team ihm ein gutes Auto hinstellen muss. Machen Sie sich Sorgen, dass sie ihn verlieren könnten?"
Williams: "Darüber haben wir uns natürlich Gedanken gemacht."

Frage: "Können Sie ihm ein gutes Auto bauen, damit er bleibt?"
Williams: "Das wollen wir. Er wird uns bald sagen, ob es und gelungen ist oder nicht."

Ziel: An die Top 3 herankommen

"Wir könnten mit dem Auto Glück haben." Frank Williams

Frage: "Wenn Sie vorsichtig optimistisch für dieses Jahr sind, mit welcher Performance wären Sie dann zufrieden?"
Williams: "Wenn wir am Ende des Jahres zurückblicken würden wir natürlich gern sehen, dass wir Sieger sind oder die ganze Zeit in den Top 3 waren ... es wäre aber im ersten Jahr schon ein großer Schritt, wenn wir ganz nah an den Top 3 dran sind. Das ist auf keinen Fall unmöglich, es hängt davon ab, wie gut wir über den Winter gearbeitet haben. Wir könnten mit dem Auto Glück haben."

Frage: "Ein großer Schritt in Richtung Top 3 wäre aber nicht gut genug, um Nico zu überzeugen, dass er bleibt, oder?"
Williams: "Er ist hier irgendwo im Gebäude, das sollten Sie ihn fragen. Ich weiß es nicht."

RBS: Es ist nicht so schlimm, wie es scheint

Frage: "Die Leute, die gestern Abend BBC geschaut haben, könnten glauben, dass die Formel 1 nun finanziell in Schieflage geraten ist. Sie glauben das nicht. Können Sie dazu mehr sagen?"
Williams: "Hier über die BBC zu sprechen kann ich möglicherweise nicht, ohne dabei einen Streit anzuzetteln ...Sie hat alles so dargestellt, als ob alles ganz düster aussehe und als ob die RBS die Notbremse zieht. Aber es war offensichtlich, dass die RBS große Probleme hat und es war klar, dass sie aufhören werden, sobald es ihre vertraglichen Verpflichtungen ermöglichen. In unserem Fall ist das erst in zwei Jahren so weit. Aber es wurde so dargestellt, als ob das nun für Williams das Ende der Welt bedeuten würde. Und für die Formel 1 im Allgemeinen. Und das ist völlig unwahr und unkorrekt."

"Es wurde so dargestellt, als ob das nun für Williams das Ende der Welt bedeuten würde." Frank Williams

Frage: "Die RBS hat sehr schlechte Presse bekommen, ist es für Williams negativ, damit in Verbindung gebracht zu werden?"
Williams: "Die meisten Leute, mit denen wir zu tun haben, führen selbst sehr große und respektable Unternehmen. Sie kennen sich in geschäftlichen Dingen sehr gut aus und sind alle reif genug um zu wissen, dass das ein reines RBS-Problem ist und sicherlich kein spezifisches Williams-Problem, solange es uns gelingt, rechtzeitig in den nächsten zwei Jahren einen Ersatz zu finden."

Frage: "Könnten sie ohne Warnung aussteigen oder sind die vertraglich verpflichtet, ihr Engagement bei ihnen zu erfüllen?"
Williams: "Es ist kein bindender Vertrag dahingehend, dass sie jederzeit aufhören können, wenn sie wollen, solange sie weiter zahlen... Nein, sie haben nie daran gerüttelt. Es ist ein guter Vertrag, es sind gute Leute."

Potenzielle Sponsoren gibt es viele

Frage: "Wenn man sich die Richtung ansieht, in der die Formel 1 geht - wieviele Mitarbeiter machen in den nächsten fünf bis zehn Jahren Sinn?"
Williams: "Das hängt davon ab, wie viele man will, um zu gewinnen. 500, 200, 700..."

"Wie viele große Unternehmen gibt es weltweit? Tausende, Millionen." Frank Williams

Frage: "Ist die Situation in der Formel 1 schlimmer als je zuvor?"
Williams: "Es ist harte Arbeit, aber das ist auch in finanziell guten Zeiten so - wenn es finanziell gute Zeiten überhaupt gibt. Man muss imemr hart für seine Deals arbeiten, denn es ist nie genügend Geld da."

Frage: "Williams konnte in der Vergangenheit Sponsorendeals an Land ziehen, mit denen keiner gerechnet hätte. Gibt es neue Wege, die man beschreiten kann?"
Williams: "Die meisten Namen auf den ganzen Autos, die wichtigen, die Namen, die viel zahlen, sind Ihnen allen recht gut bekannt. Aber es gibt wahrscheinlich 100 bis 150 Unternehmen in der Formel 1. Und wie viele große Unternehmen gibt es weltweit? Tausende, Millionen."

Frage: "Was bräuchte es, um Firmen wie McDonalds und Coca Cola in die Formel 1 zu bringen?"
Williams: "Schlechten Geschmack ... aber so etwas sollte ich nicht sagen, oder?"

Frage: "Denken Sie, dass die Ära der Finanzunternehmen zu Ende geht?"
Williams: "Ich denke, das ist im Kommerz normal wie Ebbe und Flut. Irgendwann werden sie wiederkommen. Wir können internationalen Unternehmen immer noch viel bieten."

Frage: "Adam Parr sagte gestern, dass das Team in den vergangen Jahren Schulden gemacht hat, diese aber ausgleichen will..."
Frank Williams: "Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, weiter zurückzublicken und die Zahlen vieler vergangener Jahre anzuschauen, dann hätten Sie festgestellt, dass wir zwar in den vergangenen beiden Jahren durchaus etwas Geld verloren haben, aber in den fünf, sechs Jahren zuvor haben wir Gewinn gemacht. Im Jahr zuvor hatten wir 29 Millionen netto gemacht, aber das war ein ungewöhnliches Jahr. Das Jahr zuvor waren es sieben Millionen. Deshalb war es ein kalkuliertes Risiko, sich zu verschulden. Und die Bank hat uns dabei sehr, sehr gern geholfen."

Der harte Weg zurück nach vorn

Juan-Pablo Montoya

Juan-Pablo Montoya bescherte Williams 2004 in Brasilien den bisher letzten Sieg Zoom

Frage: "In diesem Jahr jährt sich der erste Formel-1-Sieg von Williams zum 30. Mal. Und seit dem letzten Sieg sind fünf Jahre vergangen..."
Williams: "Das ist das, was zählt..."

Frage: "Was werden Sie empfinden, wenn Sie wieder gewinnen?"
Williams: "Wenn wir einen Sieg holen, machen wir einfach weiter. So ist das hier."

Frage: "Müssen Sie den buchstäblichen Berg erklimmen, um diesen nächsten Sieg zu holen?"
Williams: "Ich denke, für die meisten Teams im Feld ist jedes Rennen ein Berg. Und das sage ich nicht nur einfach so. Es ist sehr, sehr kompetitiv. Und das ist was Sie, was wir alle wollen. Die meisten Teams nehmen nichts als garantiert hin."

Frage: "Haben Sie das Gefühl, dass Sie in diesem Jahr näher an der Spitze sind?"
Williams: "Wir waren schon ein paar Mal an der Spitze. Und immer vorn zu sein bereitet einem ebensolche Sorgen, wenn nicht sogar mehr, als wenn man da ist, wo wir derzeit stehen."

"Alles Gute" für USF1

Frage: "Wie ist Ihre Reaktion darauf, dass Ihr 'alter Freund' Peter Windsor ein Team auf die Beine stellen will?"
Williams: "Viel Glück, das sind tolle Neuigkeiten. Fantastisch."

Peter Windsor

Zu Ex-Teammanager Peter Windsor hat Frank Williams ein "spezielles" Verhältnis Zoom

Frage: "Ist das die richtige Zeit dafür?"
Williams: "Zu jeder Zeit bietet sich eine Fülle an Möglichkeiten. Theoretisch ist es eine harte Zeit, aber vielleicht bieten sich gerade jetzt Möglichkeiten, die die Leute einfach noch nie in Betracht gezogen haben. Und vielleicht ist es das, was er getan hat, tut oder tun wird."

Frage: "Denken Sie, dass ein elftes oder zwölftes Team auf Anhieb den vollen Anteil an den Einnahmen bekommen sollte?"
Williams: "Negativ. Das Preisgeld ist das eine, aber was das Geld für die Hersteller angeht, nein. Das muss man sich verdienen."

Frage: "Denken Sie, dass da draußen genug Geld ist, damit ein neues Team in den Sport kommen kann?"
Williams: "Wenn man jetzt beginnt, braucht man eine Menge Geld, um das Auto zu bauen, eine Menge Geld, um es zu unterhalten. Man braucht viele Sponsorengelder und muss davon ausgehen, dass man ein oder zwei Jahre lang nicht konkurrenzfähig ist und deshalb zwei Jahre vielleicht die Hälfte des Geldes gar nicht hat."

Frage: "Für mich klingt diese ganze USF1-Geschichte nach einem Luftschloss..."
Williams: "Ich kommentiere es nicht. Ich wünsche Peter alles Gute."

Ersehnte Rückkehr nach Nordamerika

"Bernie ist immer brilliant darin, einen zu überraschen." Frank Williams

Frage: "Einer der Punkte, der beim Thema USF1 angesprochen wurde, ist dass es derzeit kein Rennen in Nordamerika gibt. Versuchen die Teams, in diesem Punkt voranzukommen?"
Williams: "Das ist etwas Wichtiges für alle Teams. Es ist enttäuschend, dass es kein Rennen in Nordamerika gibt. Wir haben Bernie Ecclestone dazu gedrängt, eine Lösung zu finden, aber ich denke, dass sein Problem als Promoter ist, dass er dort keine Strecke sieht, die gut genug ist und seinen Standards entspricht - eine, auf der man sofort fahren kann - und vielleicht hat er Recht. Es gibt ein paar tolle Strecken in Amerika, wirklich anspruchsvolle Kurse, aber die Sicherheitsstandards entsprechen überhaupt nicht dem, was die FIA oder die Fahrergewerkschaft GPDA verlangen. "

Frage: "Würden Sie also sagen, dass es noch ein bisschen dauert, bis man dorthin zurückkehrt?"
Williams: "Meine persönliche Meinung ist, dass es noch ein bisschen dauert, aber Bernie ist immer brilliant darin, einen zu überraschen. Dann müsste aber ein Rennen in Europa wegfallen und wir hoffen, dass das nicht Silverstone oder der Nachfolger ist."

Daumen drücken für Ex-Honda

Frage: "Hatten Sie viel Kontakt zu Nick Fry, seit Honda im Dezember den Ausstieg bekanntgegeben hat?"
Williams: "Nein, ich habe Nick nur bei Meetings gesehen. Ich habe seit Monaten nichts von ihm gehört außer bei Meetings."

Frage: "Was ist Ihr Gefühl, wird Honda überleben?"
Williams: "Sie sind ein Haufen Racer, die ich sehr bewundere. Deshalb: Ja, sie könnten es schaffen. Aber ich kenne die Fakten nicht, deshalb kann ich nur raten."

"Das ist ihre Art. Goodbye ist Goodbye, macht die Tür zu." Frank Williams

Frage: "Sie hatten in der Vergangenheit selbst mit Honda zu tun - das ist kein Hersteller, der zögern würde, einfach hinzuschmeißen und Goodbye zu sagen, oder?"
Williams: "Ja, ich denke, das ist ihre Art. Goodbye ist Goodbye, macht die Tür zu. Da weiß man wenigstens, woran man ist."

Frage: "Haben Sie Bedenken, dass die Fahrer wegen der Superlizenz streiken könnten?"
Williams: "Nein, ich habe keine Bedenken. Ich habe darüber nicht wirklich nachgedacht."

Frage: "Haben Sie aus Teamsicht Verständnis für die Verstimmung der Fahrer in Sachen Superlizenz?"
Williams: "Ich mache mir darüber keine Gedanken. Das muss ich nicht. Das machen am besten die Fahrer und die FIA."

Frage: "Haben Ihre Fahrer schon unterschrieben?"
Williams: "Wir haben immer schon die Lizenzgebühren für unsere Fahrer gezahlt. Das haben wir schon vor zehn, zwanzig Jahren gemacht."

Frage: "Sind Sie überrascht, wie stark der Zusammenhalt in der FOTA immer noch ist?"
Williams: "Nein, ich bin nicht überrascht."