• 24.04.2009 11:51

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Wie ernst ist es der FIA mit dem Weltmotor?

Exklusiv: Die FIA hat eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit dem Konzept eines einheitlichen Motors für elf Rennserien inklusive der Formel 1 beschäftigt

(Motorsport-Total.com) - Im Rahmen der Rallye Portugal hat Max Mosley Anfang April fernab des Formel-1-Fahrerlagers erstmals die Bombe platzen lassen, dass er sich für die Zukunft ein einheitliches Motorenformat für alle großen Rennserien wünscht. Dem FIA-Präsidenten scheint es mit dieser Idee wesentlich ernster zu sein als zunächst angenommen.

Titel-Bild zur News: FIA-Logo

Die FIA hat bei Ricardo bereits am 23. Januar eine Studie in Auftrag gegeben

"Im Moment denken wir über einen universellen Motor für 2013 nach. Das ist ein Motor, der als Turboversion in der Formel 1 und als Saugmotor in den niedrigeren Kategorien und in einer Turboversion oder als Saugmotor in der Rallye-WM eingesetzt werden könnte", hatte Mosley am 4. April im Servicepark in Faro erklärt. Diese Bemühungen finden angeblich "in Zusammenarbeit mit den Herstellern" statt, aber: "Wir stehen noch ganz am Anfang."#w1#

Einheitliche Basis, freie Außenbereiche

"Wir hätten gerne einen Motor, zum Beispiel für die Formel 1, bei dem der Basismotor nicht mehr entwickelt werden muss, sondern bei dem nur die Außenbereiche weiter entwickelt werden", sagte der FIA-Präsident. "So ein Außenbereich ist KERS, ebenso die Energierückgewinnung vom Auspuff und vom Kühlsystem. Wir müssen mit den Herstellern auch über Elemente wie Direkteinspritzung und jede Menge anderes sprechen."

"Aller Wahrscheinlichkeit nach", so Mosley über seine neueste Idee, "wird der Weltmotor 2013 kommen." Welche Absicht dahinter steckt, liegt auch auf der Hand: "Unser Hauptziel ist, dass das Geld, das im Motorsport für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, eher der Automobilindustrie zugute kommt als einem hochspezialisierten Bereich, der für alles andere keine Relevanz hat." Womit wir wieder beim Thema "grüne" Formel 1 wären.

Und Mosley betonte: "Wir wollen - ich bin nicht sicher, ob wir es können - einen Weg finden, alle Formen des Motorsports in diesem System zu kombinieren. Das wäre sehr hilfreich, denn im Motorsport werden heutzutage große Summen ausgegeben. Es ist nicht unmöglich, dass diese Summen etwas für die Zukunft Hilfreiches hervorbringen können - auch wenn das noch sehr lange dauern kann..."

Machbarkeitsstudie auf 57 Seiten

Max Mosley

Ob Max Mosley mit seiner Forderung nach einem Weltmotor für 2013 durchkommt? Zoom

Wie 'Motorsport-Total.com' nun erfahren hat, hat die FIA bereits am 23. Januar bei der Firma Ricardo eine geheime Machbarkeitsstudie für einen solchen Weltmotor in Auftrag gegeben. Diese wurde am 9. April in Form eines 57 Seiten starken Dokuments fertig an die FIA geschickt und inzwischen auch an Teams aus der Formel 1 und anderen betroffenen Rennserien verteilt. Das beweist, wie überzeugt Mosley von seiner Idee ist.

Die Ricardo-Studie beschäftigt sich mit Modellen des Basismotors für insgesamt elf verschiedene Kategorien: Formel 1, IndyCar-Serie, A1GP, LMP1, GP2, Grand-Am, LMP2, DTM, Rallye-WM, Tourenwagen-WM und Formel 3. Der Formel-1-Motor würde bei maximal 10.000 Umdrehungen pro Minute ungefähr 680 PS Leistung entwickeln und hätte damit nur noch um 40 PS mehr Power im Angebot als die GP2-Variante.

Die Frage der FIA, welches Motorenformat für einen solchen Weltmotor am ehesten geeignet wäre, beantwortet Ricardo mit einem Reihen-Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum. Ein solches Format werde zumindest noch in den nächsten zehn Jahren auch in der Serienproduktion verwendet, es wäre kostengünstig und mit der richtigen Bohrung und der richtigen Taktung obendrein auch noch überaus treibstoffeffizient, so die Schlussfolgerung der Studie.

Ricardo empfiehlt: KERS behalten!

Zusätzlich empfiehlt Ricardo übrigens auf der letzten der 57 Seiten, am Energierückgewinnungssystem KERS festzuhalten. Doch auch wenn KERS ein Element ist, das von vielen Automobilherstellern grundsätzlich begrüßt wird, so dürfte die Ricardo-Studie bei BMW, Mercedes, Toyota und Co. doch auf wenig Gegenliebe stoßen. Schon beim Einheitsmotor für die Formel 1 war der Aufschrei groß, aber ein Einheitsmotor gleich für elf Rennserien?


Fotos: Großer Preis von Bahrain


Ein Teamchef erklärte heute gegenüber 'Motorsport-Total.com': "Ein solcher Einheitsmotor würde es für die Hersteller völlig unattraktiv machen, in der Formel 1 zu bleiben. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dann müssten wir entweder aussteigen - oder die Hersteller tun sich zusammen und gründen ihre eigene Rennserie." Womit das schon vertrieben geglaubte Phantom einer "Piratenserie" wieder zurück ist...

Interessant auch, dass Ricardo für neun der elf Kategorien eine Turboversion empfiehlt und nur für die Tourenwagen-WM und für die Formel 3 einen konventionellen Saugmotor. Der Formel-3-Sauger wäre mit gerade mal 220 PS die schwachbrüstigste Variante des FIA-Weltmotors. Und wenn wir schon bei der Formel 3 sind: Das Problem, dass sich die Motorenhersteller bei einem Einheitsmotor nicht mehr mit ihrer Technologie beweisen können, gibt es nicht nur in der Formel 1...