• 25.03.2008 14:24

Whitmarsh: "Müssen in Bahrain zulegen"

McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh spricht im Teaminterview über das Malaysia-Rennen, das Reglement und die Erwartungen für Bahrain

(Motorsport-Total.com) - Frage: "McLaren-Mercedes konnte den Malaysia-Doppelsieg aus dem vergangenen Jahr nicht wiederholen, führt aber weiter in beiden WM-Wertungen. Welche weiteren positiven Aspekte kann man aus dem Wochenende mitnehmen?"
Martin Whitmarsh: "Wir wussten, dass es recht schwer sein würde, Ferrari in Malaysia zu schlagen und ich denke auch, dass wir die nötige Leistung nicht gebracht haben. Aber wir können viele positive Schlüsse aus den ersten beiden Saisonrennen ziehen. Ich bin zum Beispiel sehr zufrieden mit der Arbeitweise im Team. Lewis Hamilton und Heikki Kovalainen haben ein fantastisches Verhältnis. In den 19 Jahren, in denen ich beim Team bin, habe ich noch nie erlebt, dass zwei Fahrer so ehrlich ihre Informationen miteinander austauschen."

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh hat in Malaysia Positives und Negatives erlebt

Frage: "Lewis hat das Wochenende stark angefangen und stark beendet, aber im Qualifying ging einiges schief..."
Whitmarsh: "Er war sicherlich am Samstag mit der Balance seines Autos nicht so zufrieden, aber das war nur einer der Gründe. Es hatte über Nacht geregnet, dadurch hatte sich die Strecke verändert. Dazu kam auch der Wind aus einer anderen Richtung. Man unterschätzt häufig, welchen Einfluss wechselnde äußere Bedingungen auf das Fahrverhalten eines Autos haben können. Manchmal kommt einem das entgegen, manchmal eben nicht - und das war wohl bei Lewis der Fall. Am Freitag hat er sich in seinem Auto sehr wohl gefühlt, aber das hat sich geändert. Wir werden das genau analysieren, bevor wir nach Bahrain gehen."#w1#

Frage: "Der Streckenbelag in Sepang wurde erneuert. Könnte das auch Einfluss gehabt haben?"
Whitmarsh: "Ich denke nicht. Zu Beginn war der Grip zwar geringer, aber das hat sich mit der Zeit gegeben. Der Asphalt ist dunkler als bisher und heizt sich so leichter auf. Dadurch ist das Temperaturfenster größer geworden, aber ich bin sicher, dass uns das nicht beeinträchtig hat."

Kovalainen: Erst Pech, dann Podest

Frage: "Heikki hatte in Australien Pech, als eine Safetycarphase einen möglichen zweiten Platz zunichte gemacht hat. Entsprechend groß muss Ihre Freude sein, ihn in Malaysia auf dem Podium gesehen zu haben..."
Whitmarsh: "Heikki hat einen klasse Job gemacht. Er und seine Crew haben das Set-Up des Autos so verbessert, dass er im Qualifying schneller war als Lewis - obwohl er etwas mehr Benzin an Bord hatte. Auch im Rennen hat er einen exzellenten Job gemacht. Er wurde wegen Behinderung um fünf Plätze nach hinten versetzt, konnte sich aber zurückkämpfen und Dritter werden. Ohne die Strafe wäre er bestimmt Zweiter geworden. Im vergangenen Jahr mangelte es ihm etwas an Selbstvertrauen, da die Leute sein Potenzial in Frage gestellt haben. Aber es ist toll zu sehen, wie hart er gearbeitet hat, seit er zu uns gekommen ist."

"Im vergangenen Jahr mangelte es ihm etwas an Selbstvertrauen, da die Leute sein Potenzial in Frage gestellt haben." Martin Whitmarsh

Frage: "Sprechen wir noch einmal über die Strafen nach der Qualifikation. Lewis und Heikki mussten in der Startaufstellung fünf Plätze nach hinten, da sie Gegner behindert haben sollen. Wie sehen Sie die Sache?"
Whitmarsh: "Im Normalfall gehen am Ende der Qualifikation die schnellsten Autos alle gleichzeitig raus. Dieses Mal aber sind ein paar Piloten - inklusive unserer - etwas früher auf die Strecke gegangen, da die Gefahr von Regen bestand. Wir hatten die Situation, dass sechs Autos gleichzeitig an derselben Stelle der Strecke waren. Lewis und Heikki waren zwei von vier Piloten, die ihre schnelle Runde beendet hatten und im Benzinsparmodus fuhren, die anderen beiden waren noch mit Vollgas unterwegs. Wir haben unseren Piloten gesagt, dass sie Platz machen sollen, sie wussten also, dass schnellere Autos herannahten."

"Heikki hat in den Rückspiegel geschaut und hinter sich mehrere Autos gesehen, manche links und manche rechts. Er konnte einen BMW sehen, der nach rechts rüber fuhr und musste in kürzester Zeit beurteilen, ob der BMW auf einer schnellen Runde war oder nicht. Er entschied, dass es gefährlich sein könnte, die Streckenseite zu wechseln, wenn von hinten ein Auto angerast kommt, das rund 200 Stundenkilometer schneller ist als er selbst. Heikki und Lewis haben alles versucht, um nicht im Weg zu sein. Ich verstehe sowohl die Frustration bei den Fahrern als auch die Entscheidung der Rennleitung. Die Strafe mag zwar auf den ersten Blick hart erscheinen, aber die Rennleitung muss eine klare Botschaft aussenden und das respektieren wir."

"Ich verstehe sowohl die Frustration bei den Fahrern als auch die Entscheidung der Rennleitung." Martin Whitmarsh

Geschwindigkeitsdifferenzen zu groß?

Frage: "Würden Sie eine Reglementsänderung begrüßen, die verhindert, dass sich solche Situationen wiederholen?"
Whitmarsh: "Man darf jetzt keine Schnellschüsse machen. Aber alle Teams sind an der Ausarbeitung des Reglements beteiligt und bei der letzten Änderung haben wir etwas übersehen. Jeder geht vom Gas, um Benzin zu sparen, weil die Regeln das erlauben. Wir sollten allerdings kein Reglement haben, das Geschwindigkeitsdifferenzen von 200 Stundenkilometern auf einer vollen Strecke ermöglicht."

Frage: "Lewis hatte einen fantastischen Start und konnte sich in den ersten Kurven von Rang neun auf fünf verbessern. Dann hat er aber bei seinem ersten Boxenstopp viel Zeit verloren. Was ist da genau passiert?"
Whitmarsh: "Der Sicherungsmechanismus der Radmutter hat nicht funktioniert. Als der Mechaniker die Radmutter entfernen wollte, löste sie sich nicht. Er hat aber einen fantastischen Job gemacht, weil er sofort den anderen Schlagschrauber genommen und die Radkappe entfernt hat. Es scheint sich um ein Problem mit der Achse und dem Sicherungsmechanismus gehandelt zu haben. So etwas ist uns noch nie passiert. Lewis hat dadurch zehn Sekunden und eine gute Position auf der Strecke verloren. Denn er hing während seines zweiten Stints hinter Mark Webbers Red Bull und Überholen ist in Sepang schwierig. Ohne dieses Problem wäre er sicher aufs Podium gefahren."

Frage: "Jetzt geht es nach Bahrain, was können wir dort von McLaren-Mercedes erwarten?"
Whitmarsh: "Unseren nächsten großen Entwicklungsschritt werden wir in Barcelona machen. Aber wir haben in Malaysia bereits ein, zwei kleinere Dinge am Auto ausprobiert und so wird es auch in Bahrain sein. Wir müssen uns dort steigern. Wir führen in beiden Weltmeisterschaften, damit war der Saisonauftakt nicht allzu schlecht, aber wir müssen in Bahrain zulegen und das dann während der Europasaison fortführen."