Whitmarsh: "Wie hat Monisha den Sexismus ausgehalten?"

Monisha Kaltenborns Werdegang zur Teamchefin ringt Martin Whitmarsh großen Respekt ab - Er bezeichnet seine Kollegen als "sexistischsten Haufen von Managern"

(Motorsport-Total.com) - Der Formel 1 ist eine klare Männerdomäne. Das sorgt für große Vorurteile, die es Frauen oft schwer machen, sich in der "Königsklasse" des Motorsports zu etablieren. Monisha Kaltenborn ist es aber dieses Jahr gelungen, als erste Teamchefin des Sports für Furore zu sorgen. Die in Indien geborene Österreicherin, die lange als Geschäftsführerin agierte und gelernte Juristin ist, wurde von Teamgründer Peter Sauber in Südkorea befördert und leitet nun die Geschicke des Rennstalls.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn (Sauber-Teamchefin), Martin Whitmarsh (Teamchef, McLaren)

Martin Whitmarsh zeigt sich von Monisha Kaltenborns Karriere beeindruckt Zoom

Die 41-jährige Mutter zweier Kinder, die in ihrem Leben immer wieder ins kalte Wasser geworfen wurde, lernte rasch, im Piranhabecken Formel 1 zu schwimmen, dabei wurde sie in den Anfangstagen noch für die Dolmetscherin des Teamchefs gehalten. Heute genießt sie auch bei ihren Kollegen einen hervorragenden Ruf - ihr Werdegang ringt vielen Respekt ab (Kaltenborn im intimen 'Motorsport-Total.com'-Portrait).

Whitmarsh bewundert Kaltenborn

Das gilt auch für McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, der es auf den Punkt bringt: "Das hier ist die Formel 1 - und die Teamchefs sind wahrscheinlich der sexistischste Haufen von Managern, den man treffen kann. Und sie geht damit fantastisch um."

"Die Teamchefs sind wahrscheinlich der sexistischste Haufen von Managern, den man treffen kann." Martin Whitmarsh

Whitmarsh ist davon überzeugt, dass er es leichter hatte als Kaltenborn. Der Brite begann nach einem Maschinenbaustudium 1980 als Ingenieur beim Luftfahrtkonzern British Aerospace und war vor seinem Wechsel in die Formel 1 im Jahr 1989 für den Bau der Kampfflugzeuge Hawk und Harrier verantwortlich. Dann arbeitete er sich vom Betriebsleiter bis zum Teamchef nach oben.

"Wenn du ein Bursche und ein Ingenieur bist, dann hast du es leichter", ist sich Whitmarsh sicher. "Man fängt an und setzt 20 Jahre lang auf Imponiergehabe, so wie ich es getan habe - und irgendwann gibt dir jemand den Job", beschreibt er seine Karriere mit einem Augenzwinkern. "Sie musste das alles aushalten und diesen Sexismus und diese Skepsis ertragen. Ich finde, dass sie eine Superfrau ist, ich freue mich wirklich für sie."

Nur zwei Prozent der McLaren-Ingenieure weiblich

"Außerhalb des Marketings sind die Frauen in der Formel 1 ein relativ wenig repräsentiertes Geschlecht." Martin Whitmarsh

Auch wenn Frauen dieser Tage zunehmend in Männerdomänen eindringen, geht dieser Prozess laut Whitmarsh nur sehr schleichend voran - dieses Phänomen ist seiner Meinung nach nicht nur auf den Motorsport begrenzt. "Außerhalb des Marketings sind die Frauen in der Formel 1 ein relativ wenig repräsentiertes Geschlecht", fällt ihm auf. "Aber ich muss auch sagen: Als ich vor 30 Jahren an der Universität Maschinenbau studiert habe, gab es in den Maschinenbau-Fakultäten der Universitäten einfach keine Mädchen! Es ist also kein Formel-1-Phänomen, sondern es gab einfach keine Mädchen in diesem gesamten Bereich."

Bei McLaren sind laut dem Teamchef derzeit "wahrscheinlich nicht mehr als zwei Prozent" der Ingenieure weiblich. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mit Bestimmtheit, aber wahrscheinlich sind auch nur zwei Prozent unserer Bewerber Frauen", glaubt er, dass es vor allem an mangelndem Interesse an diesem Berufsfeld liegt.