• 23.07.2009 20:53

Webber: "Wir können 18 tolle Monate haben"

Red-Bull-Pilot Mark Webber in der Pressekonferenz über die Woche nach seinem Debütsieg, den Ausblick auf Ungarn und Neuling Jaime Alguersuari

(Motorsport-Total.com) - Seit knapp zwei Wochen zählt Mark Webber zum erlauchten Kreis der Rennsieger in der Formel 1 - doch von Verschnaufen keine Spur: Statt sich zu erholen, erlebte der Australier eine stressige Zeit, nahm diese Bürde aber nur zu gerne auf sich. Wie Webber in der Pressekonferenz von Ungarn erläuterte, will er Brawn am Hungaroring erneut herausfordern - und möglichst auch schlagen.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber holte sich vor zwei Wochen seinen ersten Sieg in der Formel-1-WM

Frage: "Mark, das vergangene Rennen endete mit einem fantastischen Sieg für dich. Was ist seither geschehen? Mit welchen Gefühlen gehst du nun in diesen Grand Prix? Ist dir ein Stein vom Herzen gefallen?"
Mark Webber: "Seit dem Großen Preis von Deutschland war ich überaus beschäftigt. In Australien hat das Ergebnis große Wellen im Blätterwald geschlagen. Ich hätte allerdings auch ohne diesen Sieg eine ziemlich stressige Woche erlebt. Mein Terminkalender war voll, gar keine Frage. Jetzt ruht etwas weniger Last auf meinen Schultern, was natürlich eine gute Sache ist."#w1#

"Es wäre auch schön gewesen, wenn es schon etwas früher geklappt hätte, aber dazu bestand keine Chance. In Deutschland hatte ich eine großartige Möglichkeit, von der Pole-Position aus zum Sieg zu fahren. Das hat prima geklappt und es war ein großer Tag für mich und das Team, weil wir einen Doppelsieg eingefahren haben. Wir haben unsere Performance vollkommen ausgeschöpft. Genau darauf hatten wir uns konzentriert, also war das eine tolle Geschichte."

Webber rechnet mit Gegenwehr der Konkurrenz

Frage: "Hat die australische Wirtschaft Interesse angemeldet, dich zu unterstützen? Als du diesem Sport beigetreten bist, hattest du einige australische Geldgeber. Jetzt hast du keine mehr davon und offenbar sind sie auch nicht mehr in der Formel 1 vertreten..."
Webber: "Man muss natürlich sehen, dass es für sie sehr schwierig ist, hier gegen die europäischen Märkte anzutreten. Mit dem australischen Dollar ist das nicht gerade einfach. Außerdem bin ich ein Teil der Red-Bull-Familie und voll und ganz darin eingebunden. Ich will nicht einfach 'Freds Rasenmäher Service' auf meinem Kragen stehen haben, nur um damit die Marke Red Bull zu stören. Red Bull ist sehr wichtig für uns."

Frage: "Es gab am Donnerstag erneut gute Neuigkeiten für dich, denn du hast deinen Vertrag um eine Saison verlängert..."
Webber: "Ja. Ich freue mich sehr darauf, ein weiteres Jahr bei dieser Mannschaft zu sein. Wir pflegen seit dem Beginn unserer Partnerschaft eine gute Beziehung und sind bei der Entwicklung schon gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Im Augenblick haben wir die neuen Regeln sehr gut umgesetzt. Der Wagen war auf allen Rennstrecken schnell."

"Ich freue mich außerordentlich, auch künftig bei Red Bull bleiben zu können." Mark Webber

"Dennoch sind wir uns darüber im Klaren, dass gegen Saisonende einige Teams nach vorne kommen werden. Ich denke, das könnte an diesem Wochenende in Bezug auf Renault, Ferrari und McLaren schon soweit sein. Diese Jungs rücken uns auf die Pelle. Ich freue mich allerdings außerordentlich, auch künftig bei Red Bull bleiben zu können. Wir können sicherlich 18 tolle Monate haben und Ende 2010 sehen wir dann, was weiter passiert."

Frage: "Bei deiner Aufzählung über die potentiell aufsteigenden Teams war das BMW Sauber F1 Team nicht dabei. Denkst du, dass Robert nun außen vor ist?"
Webber: "Wir alle wissen, dass Robert ein großartiger Fahrer ist. Im vergangenen Jahr hatte er Chancen auf den Titel. Das zeigt ganz klar, wie die Leistung der Autos schwankt. Er wird wieder zurückschlagen, wenn er ein schnelles Fahrzeug bekommt. Die Situation am Nürburgring hat meiner Meinung nach gezeigt, dass Lewis nicht allzu weit weg war."

"Es gab nur einen McLaren mit diesem Paket und auch Fernando war sehr stark. Es gibt also durchaus Anzeichen dafür, dass diese Teams zurückkommen. Ferrari war darüber hinaus schon immer dicht auf. Diese Strecke könnte diese Geschichte vielleicht etwas begünstigen. Warten wir also einmal ab, wie die Meisterschaft sich noch entwickelt. Ich gehe aber davon aus, dass uns an diesem Wochenende ein etwas engerer Kampf zwischen den Teams ins Haus steht."

Harmonie im Team von Red Bull

Frage: "Wie würdest du im Augenblick deine Beziehung zu deinem Teamkollegen Sebastian Vettel beschreiben?"
Webber: "Ausgezeichnet. Die ist prima, einfach fantastisch. Wir sind wie Brüder. Richtig gut. Es ist genau gleich, wie mit jedem meiner anderen Teamkollegen zuvor. Wir haben eine professionelle Beziehung. Diese Frage stellen mir die deutschen Medien natürlich am häufigsten. Letztendlich tauchen wir aber auf, fahren unsere Autos und gehen wieder heim. Wir rufen uns nicht in der Rennpause an und fragen uns, was wir gerade treiben. Er ist an der Strecke, um einen Job zu machen - und ich ebenfalls."

Frage: "Was denkst du über den Hungaroring? Dein bester Startplatz auf diesem Kurs war ein dritter Rang und 2003 bist du als Sechster ins Ziel gekommen..."
Webber: "Diese Strecke ähnelt dem Kurs in Monaco. Es ist nicht gerade Spa, Suzuka oder Silverstone - aber eine weitere Rennbahn im Kalender, mit der wir klarkommen müssen. So schlimm ist das nicht. Ein guter Rhythmus im zweiten Sektor macht sich gelegentlich gut bezahlt, wenn man dort alles hinbekommt. Aber keine Frage: Dieser Kurs unterscheidet sich deutlich von vielen anderen."

"Es hilft nichts, den Kopf in den Sand zu stecken - jeder hat dasselbe Stück Asphalt zur Verfügung." Mark Webber

"Im Gegensatz zu anderen Strecken ist der Hungaroring sehr eng und kurvenreich, doch so war das ja schon immer. Hier zu fahren macht mir nichts aus. Es ist eine recht hübsche, kleine Strecke, über die du dir im Klaren sein musst. Es hilft ja nichts, den Kopf in den Sand zu stecken - jeder hat dasselbe Stück Asphalt zur Verfügung und wir müssen einfach den bestmöglichen Job machen."

Frage: "Wie groß ist deiner Meinung nach der Forschritt bei Red Bull in den vergangenen Rennen und wie groß der Leistungsabfall von Brawn? In welchem Verhältnis stehen diese beiden Entwicklungen zueinander?"
Webber: "Naja, Jenson hatte in der Türkei ein richtig starkes Rennen. Das war das bislang letzte Mal, dass wir in wärmeren Gefilden unterwegs gewesen sind. In Silverstone und auf dem Nürburgring war es etwas kühler und wir konnten daraus Kapital schlagen und zwei Doppelsiege einfahren. Wir wissen, dass wir dem Wagen etwas mehr Leistung verliehen haben."

"Wir wissen aber nicht, was die Jungs von Brawn mit ihrem Auto angestellt haben. Klar ist nur, dass wir schneller sind. Wenn sie an diesem Wochenende wieder aufholen, dann ist es eben so. Wir geben jedenfalls unser Bestes und das trifft auch auf sie zu. Wir gehen nicht wirklich davon aus, dass die Leute langsamer werden. In unseren Augen war unsere Leistung in den vergangenen Rennen besser, weil wir schneller waren."

Webber ist kein Fan von Formel-1-Jungspunden

Frage: "Kannst du etwas mehr ins Detail gehen, wie du das Kräfteverhältnis siehst - vor allem im Hinblick auf die technischen Fortschritte und die klimatisch günstigeren Bedingungen für Brawn? Glaubst du, dass ihr es mit ihnen aufnehmen könnt, auch wenn das Wetter eher ihrem Auto in die Karten spielt?"
Webber: "Ganz genau. Wir müssen sie an diesem Wochenende herausfordern können. Wir haben in der Konstrukteurswertung aufgeschlossen - und das nicht nur in den jüngsten Rennen, sondern auch, als es heiß war und obwohl Jenson gewonnen hat. Wir haben als Team sehr gut abgeschnitten. Nur deshalb liegen wir in der Meisterschaft auf Platz 2 und nicht Millionen Meilen zurück."

"Wir freuen uns aus diesem Grund auf alle Rennen und darauf, unter allen Bedingungen gegen Brawn anzutreten. Was die heißen Temperaturen anbelangt: Wir sind mit diesem Paket noch nicht an einem sehr heißen Ort gewesen. Leider haben wir heutzutage nicht mehr den Luxus, einige Testfahrten in Jerez zu unternehmen, um ein Gefühl für diese unterschiedlichen Dinge zu entwickeln."

"Das können wir nur beim Rennfahren tun. Es ist also sehr schwierig vorherzusagen, wie das Kräfteverhältnis am Sonntag aussehen wird. Wir werden auf alle Fälle konkurrenzfähig sein, so viel steht fest. Ob wir auch hier die Vorteile der Vergangenheit haben werden, wird sich zeigen. Mit dieser Einstellung sind wir auch an den Nürburgring gefahren."

"Wir dachten - und sie übrigens auch -, dass sie am Nürburgring näher an uns dran sein würden. Vielleicht teilten andere Leute diese Ansicht. Letztendlich war der Nürburgring aber noch viel besser als Silverstone. Wir würden viel mehr Antworten erhalten, wenn wir testen könnten. Das tun wir aber nicht und so erledigen wir unsere Testarbeit eben an den Sonntagen. Nur steht dabei ein bisschen mehr auf dem Spiel."

"Es gibt ein paar sehr kleine mechanische und aerodynamische Änderungen." Mark Webber

Frage: "Wie ist dein Auto an diesem Wochenende technisch aufgestellt? Wird es spezielle Veränderungen für dieses Rennen geben?"
Webber: "Nur Kleinigkeiten. Wir werden keine großen Veränderungen haben. Es gibt ein paar sehr kleine mechanische und aerodynamische Änderungen, aber keine derart großen Schritte, wie wir sie in der Vergangenheit gesehen haben. Es spielt sich also alles in einem kleinen Rahmen ab."

Frage: "Jaime Alguersuari gibt an diesem Wochenende sein Debüt. Wärst du als einer der ältesten Rennsieger damit klargekommen, als 19-Jähriger in die Formel 1 aufzusteigen?"
Webber: "Um ehrlich zu sein: Wahrscheinlich wäre ich nicht bereit dazu gewesen. Heutzutage scheinen die Burschen aber deutlich frühreifer zu sein. Ich war noch nie ein großer Fan davon, die Formel 1 als Ausbildungsstätte zu sehen, aber genau das scheint sie heute zu sein. Ich halte die Formel 1 jedenfalls nicht für eine Schuleinrichtung."

"Wenn du in die Formel 1 kommst, dann solltest du bereit sein. Das ist nicht der Ort, um zu lernen. Einige Jungs versuchen es trotzdem, doch ohne Testfahrten ist das natürlich ein schwieriges Unterfangen. Vielleicht werden wir künftig noch etwas mehr davon sehen. Es ist ja nicht so wie vor ein paar Jahren, als man einen Konkurrenten überrundete, der acht Sekunden hinter der Zeit lag. Das war vollkommen lächerlich. Bei Jaime wird das anders sein - er wird schnell genug sein. Er wird lernen."

"Sie kommen nun aber immer jünger in die Formel 1. Ich schätze, so ist es nun einmal. Nach der Formel Ford wollen sie schon in die Formel 1. Das ist Kimi vor ein paar Jahren gelungen, doch danach hatten wir eine große Lücke. Es ist sehr kostengünstig, wenn man diesen Weg einschlagen kann - von der Formel Ford direkt in die Formel 1. Das ist sicherlich eine billige Option, aber ganz sicher keine einfache, wenn man erst einmal dort ist."