Webber: "Ich sehe kein großes Problem"
Der BMW WilliamsF1 Team Fahrer im 'F1Total.com'-Interview über die Trennung von BMW, die verbleibenden Rennen und die weitere Zukunft
(Motorsport-Total.com) - Am vergangenen Freitag besuchte Mark Webber die Fabrik von WilliamsF1 in Grove, um ein paar Hände zu schütteln und sich über die Details des Cosworth-Deals zu informieren, der heute auch offiziell publik wurde. Bei dieser Gelegenheit nahm sich der Australier Zeit, um einige Fragen von 'F1Total.com' zu beantworten.

© WilliamsF1
Mark Webber möchte bei den letzten sechs Rennen noch einmal durchstarten
Frage: "Mark, wie hast du die Sommerpause verbracht?"
Mark Webber: "Um ehrlich zu sein, die Sommerpause war ein bisschen zu lange für mich. Ich wäre gerne im Auto gesessen und hätte Rennen bestritten, um die Performance in den letzten fünf oder sechs Rennen zu verbessern. Unter solchen Umständen ist das Letzte, was man sich wünscht, eine Pause, weil man so lange auf den letzten Leistungen sitzen bleibt. Die Arbeit in der Fabrik hört aber natürlich nie auf, auch wenn wir das Auto nicht auf die Strecke schicken konnten und wir Fahrer einmal frei hatten. Hinter den Kulissen wurde einiges an Arbeit erledigt."#w1#
Meeting der Fahrer mit Mosley laut Webber positiv verlaufen
"Für mich persönlich hat die Sommerpause mit dem Fahrermeeting mit Max Mosley in Nizza begonnen, das wirklich gut gelaufen ist, wie ich finde. Wir konnten ein paar im Raum stehende Dinge klären und Max war unseren Ideen gegenüber sehr aufgeschlossen, genau wie wir umgekehrt auch. Am nächsten Tag nahm ich an einem Charity-Golfturnier für mein altes Jaguar-Team (Red Bull; Anm. d. Red.) teil. Es war ein sehr erfolgreicher Tag, an dem wir einiges an Geld für junge Kinder zusammengebracht haben."
"Natürlich bin ich auch ein großer Fan der meisten Sportarten. Hier in England war es mit den Ashes (Cricket-Bewerb; Anm. d. Red.) zwischen Australien und England und dem Beginn der Premier League (Fußball; Anm. d. Red.) ein großes Wochenende. Ich konnte also auch mal andere Sportarten beobachten und genießen, und ich war auch selbst bei einigen Sportveranstaltungen, was mir sehr gefallen hat."
Frage: "Du bist heute hier in Grove. Wie wichtig sind deine Fabriksbesuche und wie oft nimmst du dir dafür Zeit?"
Webber: "Ich komme drei- oder viermal pro Monat in die Fabrik, wenn es sich ausgeht, um die verschiedenen Abteilungen zu besuchen. Das ist gar nicht so einfach, denn die Rennen, die Tests und meine Sponsorenverpflichtungen diktieren oft, dass ich woanders sein muss. Vor zwei Wochen veranstaltete das Team eine Grillparty, zu der ich natürlich gekommen bin. Das war eine gute Gelegenheit, einmal die Familien der Mitarbeiter des Teams kennen zu lernen, denn die sind schließlich unser Rückgrat. Wir sind Autoscooter gefahren, haben mit den Kids herumgeblödelt. Es ist gut, so etwas manchmal zu tun, denn das kann für den Teamgeist nur förderlich sein."
Webber weiß die Arbeit in der Fabrik sehr zu schätzen
Frage: "Sprichst du auch mit Mechanikern und Leuten, die du bei den Rennen nicht triffst, wenn du mal in der Fabrik bist?"
Webber: "Ja. Es ist immer gut, die Leute, die nicht bei den Rennen sind, auf ein schnelles Hallo zu begrüßen, denn sie spielen eine genauso große Rolle wie alle anderen. Jeden Ausrutscher und jeden Rückschlag bei ihnen spüren wir an den Rennwochenenden, daher ist ihre Vorbereitung entscheidend - unabhängig von ihrer Aufgabe in der Fabrik. Ganz egal, was am Ende dabei herauskommt: Alles ist eine gemeinsame Teamleistung. Damit meine ich die Mitarbeiter in der Fabrik, die nicht bei den Rennen sind, genauso. Der Großteil der harten Arbeit wird eigentlich schon vor den Rennwochenenden erledigt. Wenn man einmal vor Ort ist, sollte man im Idealfall nur noch feintunen müssen. Wir hatten allerdings zuletzt einige schwierige Rennwochenenden, weshalb wir auch vor Ort etwas mehr zu tun hatten als sonst. Da waren ein paar sehr lange Arbeitsblöcke dabei."
Frage: "Der Grand Prix der Türkei steht vor der Tür. Was erwartest du nach einigen doch eher enttäuschenden Rennen für Istanbul?"
Webber: "Natürlich wollen wir uns gegenüber den letzten paar Monaten steigern. Es war definitiv eine zähe Periode für uns, aber es ist auch klar, dass uns die langsamen Strecken besser liegen als die schnellen. Seit den Überseerennen zu Saisonbeginn war wahrscheinlich Barcelona das bisher letzte Rennen, in dem wir halbwegs schnell waren. Die Strecke in der Türkei enthält einige sehr schnelle Passagen, daher ist es sehr wichtig, dass die drei Kernbereiche eines jeden Rennautos - Reifen, Motor und Aerodynamik - optimal funktionieren."
"Werden definitiv mit dem neuen Bodywork fahren"
Frage: "Werdet ihr mit dem neuen Bodywork fahren oder seid ihr zur alten Version zurückgegangen?"
Webber: "Wir werden definitiv mit dem neuen Bodywork fahren. Das ist ganz eindeutig der richtigere Entwicklungsweg für uns."
Frage: "Oftmals haben die Fahrer kein Handlingproblem, wenn ihr Paket nicht konkurrenzfähig ist, sondern das Auto ist einfach zu langsam. Was sagst du zum Handling des Williams BMW FW27?"
Webber: "Es hat einige Rennen gegeben, bei denen es nicht einfach war, eine gewisse Balance ins Auto zu bringen. Das kann aber jedem passieren. Und dann gab es auch ein paar Rennen, bei denen die Balance wirklich gut war, wir aber dennoch nicht den Maßstab setzen konnten. Wir müssen uns bei der Fehlersuche also eher auf andere Bereiche konzentrieren."
Frage: "Was erwartest du dir realistisch gesehen für den Rest der Saison?"
Webber: "Ich denke, dass viele der anderen Teams noch immer unglaublich hart pushen. McLaren und Renault kämpfen um die Konstrukteurs-WM - und Ferrari hört sowieso nie auf, wie wir wissen. Toyota macht einen sehr guten Job und BAR bekommt es immer besser hin. Es wird ein sehr schwieriges Saisonfinale für uns, aber wir müssen versuchen, wieder vor Toyota zu kommen, um irgendwie unter den besten Vier zu landen, wenn wir können. Das wird nicht einfach, aber das muss das Ziel sein."
"Wir alle haben viel mehr erwartet"
Frage: "Du hast vor Saisonbeginn wahrscheinlich mehr erwartet. Löst das jetzt eher Frustration bei dir aus oder richtest du den Kopf auf und schaust zuversichtlich in die Zukunft?"
Webber: "Keine Frage, es war von Anfang an eine schwierige Saison. Ich denke, wir alle haben viel mehr erwartet. Der Abgang von BMW am Saisonende bedeutet, dass die Kontinuität, die zwischen Chassis und Motor notwendig ist, damit alles nahtlos funktioniert, zu einem Ende kommt. Es ist aber schwierig, den Wert dessen zu beziffern. Die Saison war härter als erwartet, aber ich freue mich auf die letzten paar Rennen und werde natürlich weiterhin mein Bestes für das Team geben. Mehr kann ich nicht machen. Natürlich glaube ich, dass die Zukunft des Teams rosig ist."
Frage: "Du hast immer gesagt, dass es ein Traum für dich ist, für WilliamsF1 zu fahren. Jetzt bist du seit mehr als einem halben Jahr da. Wie ist es, mit Frank Williams und Patrick Head zu arbeiten?"
Webber: "Sie haben in der Vergangenheit eine Menge unglaublicher Resultate in der Formel 1 erreicht. Der Respekt vor diesen Kerlen ist sehr hoch - das muss wegen dem, was sie geleistet haben, so sein. Man muss daran glauben, dass sie das Ding wieder drehen und dorthin zurückkehren können, wo sie schon einmal waren. Beide sind sehr wettbewerbsorientierte Individuen, was mir an ihnen gefällt. Mal schauen, was die Zukunft bringt."
In Cosworth sieht Webber keine Schwächung des Teams
Frage: "Hast du Bedenken, dass eine schwierige Zeit auf das Team zukommen könnte, da über der Motorenlieferung ein Fragezeichen hängt?"
Webber: "Wir werden nächstes Jahr einen anderen Motorenlieferanten haben, aber das bereitet mir kein Kopfzerbrechen. Wenn man einen netten und ordentlichen kleinen Motor hat, der zuverlässig ist und mit dem man gut arbeiten kann, was die Installation und die Elektronik angeht, wenn die Planung rund um einen Motorwechsel herum gut geht und man mit den neuen Leuten gut arbeiten kann, dann sehe ich kein großes Problem."
Frage: "Wirst du demnächst einen 2,4-Liter-V8-Motor testen? Und freust du dich schon auf die V8-Motoren?"
Webber: "Ich bin sicher, dass ich früher oder später einen V8-Motor testen werde, ja. Ich habe sogar schon einmal einen V8-Test mit verschiedenen Leistungslevels mit einem V10 durchgeführt, was sehr interessant war. Natürlich ist das für den Fahrer nicht ganz so spannend, was die Leistung, die man unter dem Hintern hat, angeht, aber der Unterschied ist nicht riesig. Natürlich spürt man einen Unterschied, aber wir werden höchstens um ein paar Sekunden langsamer fahren als jetzt. Ich denke, dass der Übergang zum V8 für uns Fahrer recht nahtlos sein wird."

