Was Sebastian Vettel anders macht als Michael Schumacher

Im Herzen noch mehr italienisch und von den Mechanikern vielleicht etwas mehr geliebt: Ein Ferrari-Insider vergleicht Michael Schumacher und Sebastian Vettel

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hatte früher ein Poster von Michael Schumacher in seinem Kinderzimmer, und sein großer Traum war immer, einmal selbst auf Ferrari Weltmeister zu werden. Den könnte er sich 2017 erfüllen und mit seinem insgesamt fünften WM-Titel noch näher an Schumacher (sieben) heranrücken. Grund genug, die Parallelen und Unterschiede der beiden einmal von einem Ferrari-Insider beleuchten zu lassen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher, Sebastian Vettel

Sebastian Vettel und Michael Schumacher kennen einander schon lange

Wir haben uns in Barcelona mit Marc Gene getroffen, der seit Ende 2004 Testfahrer für die Scuderia ist. Er hat also jeweils rund zwei Jahre mit Schumacher und Vettel zusammengearbeitet. "Vettel", sagt der 43-jährige Spanier, "erinnert mich in vielerlei Hinsicht an Schumacher. Seine Herangehensweise vor allem."

Gene macht "deutsche Tugenden" bei beiden aus: "Vettel strebt immer nach Perfektion. Beide arbeiten extrem hart. Erstaunlich finde ich die Hingabe, mit denen sich beide ihrer Arbeit widmen, ihre Arbeitseinstellung. Da sind sie sich ziemlich ähnlich. Es ist kein Zufall, dass sie mehrmalige Weltmeister sind."

"Sie haben großes Talent, wie viele andere auch. Aber sie arbeiten obendrein so hart an sich, und darum hat Michael sieben und Seb bisher vier WM-Titel. Oftmals sind besonders talentierte Fahrer gefährdet, etwas faul zu werden. Aber die beiden arbeiten mehr als alle anderen. Und sie streben immer nach Perfektion. Sehr beeindruckend", erklärt er.

"Wenn die anderen die Eier in den Pool hängen ..."

In Singapur 2013, auf dem Höhepunkt seiner Red-Bull-Zeit, ließ Vettel sein vielleicht berühmtestes Zitat vom Stapel: "Wenn die anderen nach Hause gehen und die Eier in den Pool hängen, sind wir noch da und tüfteln weiter am Auto." Dieser fleißige Zugang zur Arbeit und die damit verbundene Akribie sind ihm seither nicht abhandengekommen. Noch heute ist der 29-Jährige oft der letzte Fahrer, der den Paddock verlässt.

"Ich kann bestätigen, dass das stimmt", sagt Gene. "Er bleibt immer lange da, studiert Videos, spricht mit den Ingenieuren. Und Arbeit lohnt sich immer. Normalerweise ist es im Leben so: Je härter du arbeitest, desto erfolgreicher bist du. Sebastian ist der Fahrer im Paddock, der am längsten arbeitet."

Gene betont aber, dass es auch Unterschiede zwischen Vettel und Schumacher gibt. Zum Beispiel ist er der Meinung, dass Vettel "auf gewisse Art ein bisschen italienischer" ist. Das spüre man, wenn er sich am Funk auf Italienisch bedankt oder einen neuen Straßen-Ferrari in seine Privatgarage in der Schweiz schieben lässt. Gene: "Er trägt diese große Ferrari-Leidenschaft schon lange in sich. Er lebt seinen Traum, und das sieht man."

Vettel interessiert sich sehr für Ferraris Geschichte

"Er liebt Ferrari und er kennt sich mit der Geschichte aus. Ich bin mir nicht sicher, ob das bei Michael auch so ausgeprägt war. Vettel lebt in der Gegenwart, aber interessiert sich auch sehr für die Geschichte. Für Michael hat immer nur die Gegenwart gezählt", sagt er.

Schumacher sei auch "sehr gut" darin gewesen, die Namen all seiner Mechaniker zu kennen und sich mit deren Lebensgeschichten auseinanderzusetzen. Viele Beobachter sind aber der Meinung, dass vieles davon Mythos ist. Zumindest steht Vettel seinem Landsmann in dieser Hinsicht um nichts nach, findet Gene.

"Die Mechaniker mögen Sebastian sehr", sagt er und nennt als Beispiel den Motorwechsel am Samstagmorgen in Barcelona: "Da kam sein Funkspruch auf Italienisch, und er hat sich ganz herzlich bedankt. Das hat die Mechaniker gefreut. Er ist ein Leader. Michael war auch ein Leader, aber er hatte eine andere Art zu führen. Aber beide sind Leader."

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