Was ist Verstappens F1-Siegrekord gegen Vettel und Schumacher wirklich wert?

Beim Grand Prix von Mexiko konnte Max Verstappen mit seinem 14. Saisonsieg einen ganz großen Formel-1-Rekord aufstellen, doch was ist er im Vergleich wirklich wert?

(Motorsport-Total.com) - Max Verstappens Formel-1-Karriere ist gespickt mit Rekorden, von denen die meisten mit seinem Alter zu tun haben: Der jüngste dies, der jüngste das. Doch mit seinem 14. Saisonsieg in Mexiko am vergangenen Wochenende stellte Verstappen den Rekord für die meisten Siege in einer einzigen Saison auf.

Titel-Bild zur News: Max Verstappen

Max Verstappen feiert seinen 14. Saisonsieg in Mexiko Zoom

Damit bewies er einmal mehr, dass sein Name nicht nur wegen seines Alters in den Rekordbüchern der Formel 1 stehen wird, falls es daran jemals Zweifel gab. Die bisherige Bestmarke von 13 Siegen, die 2004 von Michael Schumacher und 2013 von Sebastian Vettel aufgestellt wurde, rückte für Verstappen im Laufe des Sommers immer mehr in Sichtweite.

Als Ferraris Hoffnungen schwanden und sich seine Siegesserie weiter fortsetzte, wurde die Aussicht auf einen rekordverdächtigen Weg zur Meisterschaft diskutiert. Allerdings nicht von Verstappen, zumindest nicht öffentlich.

Im Gegensatz zu einigen seiner Konkurrenten behauptete er stets, dass ihn Statistiken wenig interessierten, und wies darauf hin, dass solche Rekorde jetzt mit mehr Rennen leichter zu erreichen seien. "Ich glaube nicht, dass es ihn interessiert", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner nach Verstappens zehntem Saisonsieg in Zandvoort. "Er schaut einfach nicht auf solche Dinge."

Als Verstappen nach seinem 14. Sieg gefragt wurde, ob sein Herunterspielen des Rekords während des Jahres nur eine Taktik war, um den Fokus nicht zu verlieren, entgegnet er, dass er einfach "nie wirklich an Statistiken interessiert" sei. Er merkt auch an, dass in der Formel 1 "viel von deinem Gesamtpaket abhängt".

Wie lässt sich Verstappens Saison mit 14 Siegen - die zwei Rennen vor Schluss sogar auf 16 ansteigen könnte - also mit den Rekordsaisons von Schumacher und Vettel vergleichen? Und was muss Verstappen tun, damit 2022 der dominanteste Titelgewinn in der Geschichte der Formel 1 wird?

Der größere Kalender

Ein Faktor, der viele der bestehenden Formel-1-Rekorde ins Wanken bringen dürfte, ist die rasche Erweiterung des Rennkalenders, durch die Leistungen wie Verstappens 14 Siege leichter zu erreichen sind.

Das Gleiche gilt für die Statistik für die meisten Formel-1-Siege insgesamt, in welcher Verstappen nach dem Mexiko-Rennen mit 34 Grand-Prix-Erfolgen bereits auf Platz sechs liegt. Davon kamen allein 24 innerhalb der letzten etwa eineinhalb Jahre.

In einer Saison mit 22 Rennen muss man "nur" in etwas mehr als zwei Dritteln der Saison perfekt sein, um den Meilenstein von 13 Rennsiegen zu erreichen. Zum Vergleich: Schumacher hat dies 2004 in nur 18 Rennen errungen, während Vettel die gleiche Zahl in einer Saison mit 19 Rennen erreicht hat.


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Allerdings konnte Verstappen den Rekord beim Grand Prix der USA in Austin einstellen, dem ebenfalls 19. Rennen der Saison, womit er zumindest im Vergleich zu Vettel auf Augenhöhe liegt.

Schumachers Saison 2004 statistisch gesehen aktuell noch dominanter

Wenn man es in Prozenten ausdrückt, schneidet Verstappen zudem immer noch gut ab. Eine Trefferquote von 14 Siegen in 20 Rennen bedeutet eine Siegquote von 70 Prozent. Das sind 1,58 Prozent mehr als bei Vettel 2013 (68,42 Prozent) und 2,22 Prozent weniger als in Schumachers Saison 2004 (72,22 Prozent).

Sollte Verstappen die Saison mit zwei weiteren Siegen abschließen und am Ende des Jahres 16 Siege einfahren, würde er Schumachers Prozentsatz überholen und 72,72 Prozent erreichen. Nur Alberto Ascaris Serie von sechs Siegen in acht Rennen für den Titel 1952 wäre statistisch gesehen dominanter (75 Prozent), wenn man diese Kennzahl zugrunde legt.

Sollte er jedoch beide Rennen in Brasilien und Abu Dhabi nicht gewinnen, würde sein Anteil auf 63,64 Prozent sinken, womit er nicht nur hinter den Rekordjahren, sondern auch hinter Schumachers Titelgewinn von 2002 (64,7 Prozent) und Lewis Hamiltons elf Siegen aus 17 Rennen im Jahr 2020 (ebenfalls 64,7 Prozent) liegen würde.


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Das zeigt, dass die Anzahl der Rennen zwar das Erreichen der Gesamtsiege erleichtert, dass aber auch beide Seiten betroffen sind: Um diese Art von Leistung und Beständigkeit aufrechtzuerhalten und eine ganze Saison lang so häufig zu gewinnen, ist eine Menge nötig.

Die Autos

Wie bereits erwähnt, sagt Verstappen selbst, dass ein Großteil des Erfolgs in der Formel 1 "vom Gesamtpaket" abhängt, weshalb die Stärke des Autos entscheidend ist, um in die Nähe der großen statistischen Rekorde zu gelangen.

Der Red Bull RB18 ist ein Auto, das alles kann. Auf den Geraden war er eine Rakete, die ihn zu einem überholfähigen Auto machte und gleichzeitig das bot, was Ferrari als "guten Schutz" von hinten bezeichnet. Aber dieser Geschwindigkeitsvorteil auf den Geraden bleibt auch dann erhalten, wenn der Abtrieb hochgeschraubt wird, was auf Strecken wie Spa und Suzuka vorteilhaft ist.

Warum es Schumacher leichter als Verstappen hatte

Doch erst nach der Sommerpause wurde der RB18 allgemein als das schnellste Auto im Feld anerkannt, da Ferrari und Red Bull die erste Hälfte der Saison Kopf an Kopf verbrachten.

Ferraris F1-75 hat nur vier Siege auf dem Konto, zwei davon in den ersten drei Rennen, aber das berücksichtigt nicht die verpassten Chancen in Spanien, Monaco, Aserbaidschan, Frankreich und Ungarn, wo Ferrari womöglich gegen Red Bull hätte gewinnen können und müssen.

Dies steht in krassem Gegensatz zu Schumachers F2004, der sich mit zwölf Siegen in den ersten 13 Rennen schon früh als Klassenprimus herausstellte. Einige Rennen waren hart umkämpft und bedurften der Brillanz von Schumacher und Ferrari, um den Sieg zu erringen, wie zum Beispiel die berühmte Vier-Stopp-Strategie, um Fernando Alonso und Renault in Magny-Cours zu besiegen.


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In der Endphase der Saison war die Konkurrenz ebenfalls größer, aber der Ferrari von 2004 war in der Anfangsphase dominanter als Verstappens Red Bull und zählt heute noch als eines der schnellsten Autos der Formel-1-Geschichte, mit dem sämtliche Rundenrekorde aufgestellt wurden.

Vettels Saison 2013: Neun Rennsiege in Serie

Die größte Ähnlichkeit besteht darin, wie sich Vettels Saison 2013 mit dem Red Bull RB9 entwickelt hat. Vier Siege in den ersten zehn Rennen waren kaum die Art von Ergebnis, die man für eine Rekordsaison erwarten würde.

Da Mercedes damals jedoch nicht in der Lage war, die beeindruckende Qualifying-Pace in Rennsiege umzuwandeln, und der Reifenwechsel zur Saisonmitte die Stärken des RB9 ausspielte, zog Red Bull davon und ermöglichte es Vettel, seine Rekordserie von neun Rennen von Spa bis Interlagos fortzusetzen.

Der Deutsche gewann alle Saisonrennen nach der Sommerpause und konnte damit den Rekord für die meisten Grand-Prix-Erfolge in einer Saison in Serie aufstellen. Ohne die Probleme von Verstappen im Qualifying von Singapur, wäre wohl auch dieser Rekord 2022 gefallen.


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Die Konkurrenz

Schon zu Beginn der Saison freuten sich die Fans auf der ganzen Welt über die Aussicht auf einen Titelkampf zwischen Verstappen und Leclerc - nur um die Hoffnungen dann schnell wieder zu verwerfen.

Ferrari mag im Laufe der Saison hinter Red Bull zurückgefallen sein und vor allem mit dem Reifenabbau zu kämpfen gehabt haben, aber Leclerc hat seiner Sache nicht geholfen. Der Fehler in Paul Ricard war besonders eklatant, da er die Chance verpasste, Verstappens Punktevorsprung wieder einzuholen.

Verstappen selbst sagte, dass der Sieg in Frankreich der Moment war, in dem ihm klar wurde, dass er den Titel gewinnen würde. Sergio Perez sah nach seinem Sieg in Monaco kurzzeitig so aus, als könnte auch er mitmischen, doch der RB18 passte ihm mit fortschreitender Entwicklung immer weniger.

Doch Leclerc schien Verstappen als Titelrivale näher zu stehen als die Konkurrenz Schumacher oder Vettel in ihren Rekordjahren, vor allem in der Anfangsphase des Jahres. Ferraris Vorsprung war so groß, dass Rubens Barrichello Schumachers engster Herausforderer war, während Fernando Alonso in der ersten Hälfte des Jahres 2013 Vettels Hauptkonkurrent war. Er übertraf die Qualität des Ferrari-Autos von 2013, hatte aber Mühe, Vettel den Kampf anzusagen, so wie es Leclerc zu Beginn mit Verstappen tat.

Der dominanteste Champion aller Zeiten?

Die letzten beiden Rennen der Saison werden darüber entscheiden, ob Verstappen statistisch gesehen als dominanterer Champion als Schumacher und Vettel in die Geschichte eingeht oder nicht. Aber die schiere Länge der Saison, die Bedrohung durch Leclerc und Ferrari und die Art der Siege, die er in Ungarn und Belgien errungen hat, machen diese Saison zu etwas ganz Besonderem.

"Er hat jetzt die meisten Grands Prix in einem Jahr gewonnen, innerhalb von 20 Rennen", sagt Horner in Mexiko. "Außerdem hat er zwei Sprintrennen gewonnen, die er nicht alle von der Poleposition aus gewonnen hat. Viele dieser Siege musste er sich erkämpfen."


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"Ich denke, wenn wir am Ende des Jahres zurückblicken, ist es ein absolut herausragendes Jahr, das Max gefahren ist. Er hat kein einziges Rad falsch eingeschlagen. Er war die ganze Saison über perfekt. Es ist unglaublich, welche Konstanz er erreichen konnte."