• 06.06.2002 09:18

  • von Marcus Kollmann

Walkinshaw: "Wir nutzen unsere Möglichkeiten nicht"

Der Teamchef über die angeblichen Geldnöte des Teams, Möglichkeiten zur Kostenreduzierung und warum die F1 ihr Potenzial nicht nutzt

(Motorsport-Total.com) - Arrows-Teamchef Tom Walkinshaw hat sich in den letzten Jahren unweigerlich und ohne jeglichen Zweifel zu einer der medienpräsentesten Teambosse des Formel-1-Zirkus entwickelt und produziert pro Saison mindestens einmal jede Menge Schlagzeilen. Sei es nun dass er überraschend in der Saison 2001 einen Motorenvertrag mit Cosworth an Land ziehen konnte oder Anfang diesen Jahres mit der Entlassung von Jos Verstappen und gleichzeitigen Verpflichtung von Heinz-Harald Frentzen für Gesprächsstoff sorgte, der Schotte, so scheint es, hat immer ein Eisen im Feuer. Zuletzt gab es in der Königsklasse jedoch hitzige Diskussionen um das Phoenix-Team von Charles Nickerson, einem guten Freund Walkinshaws, und die die kleinen Teams aufzufressen drohenden Kosten.

Titel-Bild zur News: Tom Walkinshaw

Walkinshaw sorgt mit Regelmäßigkeit für Schlagzeilen

In der englischsprachigen Presse hielten sich zuletzt auch immer wieder hartnäckig Gerüchte, wonach Arrows langsam aber sicher die Mittel ausgehen und selbst Bernie Ecclestone gestand ein, dass er um die Existenz zweier Teams fürchtet. Zwar benannte der Brite die betroffenen Rennställe nicht direkt, doch allgemein ist ohnehin bekannt um wen es sich dabei handeln dürfte. Im Interview mit der Zeitung 'Die Welt' räumte Tom Walkinshaw nun erst einmal mit den Gerüchten um die angebliche Zahlungsunfähigkeit seines Formel-1-Teams auf: "Stimmt alles nicht", fiel die Antwort des 55-jährigen Rugby-Fans jedoch kurz und knapp aus.

Testfahrten müssen massiv eingeschränkt werden

Dennoch drängt der seit 1995 die Teamführung innehabende Schotte darauf, "schnellstens" einen Kompromiss zu finden der es allen Teams ermöglicht weiterhin zum Starterfeld der Königsklasse dazugehören zu können. So hat "Major Tom", wie er von den meisten anderen Teamchefs genannt wird, erkannt, dass "zwei Drittel des Starterfelds" der Entwicklung nicht mehr folgen können und fordert deshalb, dass "die reichen Teams und die Hersteller Verantwortung für das Mittelfeld übernehmen, für uns im Notfall sorgen. Tun sie das nicht, ist die Formel 1 in Gefahr."

Eine Idee, wie die Kosten reduziert werden können, und zwar drastisch, hat Walkinshaw ebenfalls parat, wenngleich diese nicht unbedingt neu ist. So fordert er ein "massives Reduzieren beim Testen, weil da mehr Motoren verbraucht werden als bei einem Rennen. Formel-1-Triebwerke sind extrem teure technische Instrumente geworden." Finden die elf Rennställe diesbezüglich keinen Kompromiss, so sieht der Hobby-Sportschütze für die Zukunft schwarz, denn schon jetzt müsse sein Team für den Cosworth-Zehnzylinder 20 Millionen US-Dollar pro Saisonüberweisen. Dieses Geld fehlt natürlich anderswo, weshalb sich Arrows in dieser Saison in punkto Testfahrten bislang auf das Nötigste beschränken musste. Mittlerweile testet das Team zwar wieder, wie zuletzt in Silverstone, doch im Vergleich zu anderen Teams ist man in Sachen Rennvorbereitung einfach durch die fehlenden finanziellen Mittel stark gehandicapt.

Formel 1 ist zwar attraktiv, hat aber im Vergleich zu anderen Sportarten noch Nachholbedarf

Leise Kritik äußerte der Schotte auch am "Macher" der Formel 1, Bernie Ecclestone: "Die Formel 1 ist eine der attraktivsten Sportarten auf der Welt, aber im Vergleich zu den USA mit der Football-Liga NFL oder der Automobilserie Nascar haben wir großen Nachholbedarf. Wir nutzen unsere Möglichkeiten nicht", warf er eine fehlende Nutzung vorhandener Möglichkeiten vor.

Da es zuletzt immer wieder Verwechslungen zwischen Tom Walkinshaws Verpflichtungen als Teamchef und seinem Einsatz als Boss der nach ihm benannten Firma Tom Walkinshaw Racing (TWR) gegeben hatte, stellte der Schotte noch einmal klar, dass seine Firma mit dem Formel-1-Rennstall nichts zu tun habe, da TWR ihm alleine gehöre, an Arrows aber mehrere Teilhaber beteiligt sind die das Engagement in der Königsklasse als Geschäft ansehen und nicht als teures Spielzeug. Sollte sich in punkto Kostenreduzierung nicht bald eine Einigung zwischen allen Teams einstellen, so schließt aber selbst "Major Tom" den Rückzug des 1997 von einer Gruppe Abtrünniger des Shadow-Teams gegründeten Arrows-Rennstalls nicht aus: "Arrows wird sauber geführt, und wenn das nicht funktionieren kann, muss man aussteigen."