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Von Paddock zu Paddock: Reisestress mit McLaren

Die Formel 1 ist nicht nur der Glamoursport, als der sie vermarktet wird: Hinter den Kulissen arbeiten viele Helfer unentwegt, damit alles reibungslos läuft

(Motorsport-Total.com) - Innerhalb von 90 bis 120 Minuten ist ein Formel-1-Grand-Prix vorbei. Doch es braucht Stunden um Stunden an Vor- und Nachbereitung für ein Team, um ein Rennwochenende auch zu einer persönlich einzigartigen Veranstaltung zu machen. Denn jeder Rennstall hinterlässt an einer Rennstrecke seinen ganz eigenen Fußabdruck in Form eines Motorhomes. Während das Zuhause eines jeden Rennteams an der Strecke bei Überseerennen noch vergleichsweise schlicht gehalten ist, überbieten sich die Teams bei den Europarennen gegenseitig mit schmuckvolleren Bauten.

Titel-Bild zur News: Motorhome von McLaren

Das McLaren-Motorhome will bei jedem Rennen wieder neu aufgebaut werden Zoom

Am Beispiel von McLaren wird deutlich, welche Arbeit hinter dem Auf- und Abbau eines Motorhomes steckt - die logistischen Vorbereitungen, die schon Monate vorher beginnen, außer Acht gelassen. Die eigentliche Arbeit beginnt für die McLaren-Jungs bereits am Freitag, neun Tage vor einem Rennen, wenn die ersten Teammitglieder nach einer langen Reise im Hotel ankommen, denn Samstag früh um 8 Uhr wird mit den ersten Aufbauarbeiten des McLaren Brand Centre begonnen.

Unter normalen Umständen braucht es fünf Zwölf-Stunden-Schichten von 20 Arbeitern, um das kurzlebige Bauwerk zu errichten. Bei Back-to-Back-Rennen gestaltet sich die Sache logischerweise etwas schwierig, da man neun Tage vor dem Grand Prix ja gerade an einer anderen Strecke beschäftigt ist. Daher wird die Crew dort in zwei Schichten aufgeteilt, die rund um die Uhr arbeiten, damit das Gebäude schon nach ungefähr 48 Stunden steht.

Autarkes Arbeiten dank Selbstversorgung

Ungefähr 500 Elemente wie Tische, Stühle und Fernseher wollen dabei ebenfalls ordnungsgemäß untergebracht und aufgestellt werden. Dabei kann die Crew in Sachen Equipment völlig frei von jeglichen Umständen arbeiten, denn Gabelstapler, Kräne, mobile Arbeitsplattformen und andere Hubmaschinen bringt man einfach selbst mit - genau wie Generatoren, die den elektrischen Strom dafür liefern.

Ein paar Tage später heißt es aber schon wieder: zusammenpacken. Auch der Abbau des Motorhomes verschlingt zwei Tage, nach denen die Brand-Centre-Crew sofort zum nächsten Austragungsort reist, um den McLaren-Palast dort für das nächste Rennen wieder aufzubauen. Doch natürlich reicht es für die Chrompfeile nicht nur ein prunkvolles Motorhome zu haben, auch andere Bereiche wollen gut ausgerüstet sein.

Einen Tag nach der Brand-Centre-Crew reisen auch jene Mitarbeiter an den nächsten Austragungsort, die für den Aufbau der Garage verantwortlich sind. Schon am Samstag vor einem Grand-Prix-Wochenende haben sie einen konkreten Plan: Zuallererst wird der Boden bestrichen, danach geht es an den Aufbau der Paneele an der Seite und in der Mitte der Garage. Der Rest der Renncrew trifft erst am Mittwoch ein. Sonntagnacht nach dem Rennen verlassen die Ingenieure die Strecke schon wieder, die restlichen Mitarbeiter reisen am Montag ab. Anders sieht es da bei Überseerennen aus. Als An- und Abreisetag gilt in beiden Fällen Montag.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Deutschland


Sieben Trucks für Rennequipment

Doch wie kommt das ganze Equipment des Teams von Rennen zu Rennen? Natürlich steht vor allem ein gründliches Säubern und Checken der Geräte, bevor diese zum Transport verstaut werden. Jede Komponente hat einen bestimmten Platz und eine angepasste Verstaumöglichkeit. Insgesamt sieben Trucks werden dann auf die Reise geschickt, die eine Fracht von insgesamt über 32 Tonnen mit sich herumtragen müssen.

Denn dort kommt so einiges zusammen: Zwei komplette Autos, ein Ersatzchassis, vier oder fünf Sätze Bodywork, fünf Unterböden, fünf Getriebe mit Hinterradaufhängung, Achsen, Antriebswellen, zwölf Regaleinheiten mit Autoteilen, sechs Paletten voll Equipment, 80 Vorder- und 80 Hinterräder, ein Kommandostand, ein Satz Garagenpaneele und zwei Deckenmodule der Garage.

Normalerweise benutzt das Transportteam von Woking aus den Eurotunnel nach Frankreich, manchmal muss man auch auf eine Nachtfähre von Portsmouth ausweichen. Die Trucks mit dem Garagenequipment und dem Kommandostand verlassen die Insel noch unter der Woche, damit man rechtzeitig am Samstag vor dem nächsten Rennwochenende am Zielort ankommt. Erst am Dienstag trifft weiteres Zubehör ein, bevor am Mittwoch der Trucks mit den Boliden von Jenson Button und Sergio Perez anrollt.

Nürburgring als einfachstes Reiseziel

Natürlich kommt es dabei auch auf die Entfernung des nächsten Rennens an: Den Nürburgring erreichen die McLaren-Trucks beispielsweise schon nach 18 Stunden, Barcelona und Budapest sind da mit 28 respektive 36 Stunden schon ein wenig weiter entfernt. Um die Ziele auch in dieser Zeit zu erreichen, sind immer zwei Fahrer pro Truck eingeteilt, die bei einem engen Zeitplan Unterstützung durch zusätzliche Fahrer bekommen, die sie unterwegs aufsammeln.

Autoteile, die im ersten Freien Training am Freitag zum Einsatz kommen sollen, müssen spätestens Donnerstagmittag an der Strecke ankommen, damit noch genug Zeit zum Anbringen vor der Sperrstunde besteht. Teile, die als Ersatz geplant sind, müssen die Strecke erst am Freitag erreichen. Das Team im heimischen McLaren Technology Centre (MTC) steht dabei in ständigem Kontakt mit dem Streckenteam, damit alle Teile rechtzeitig an ihrem Bestimmungsort ankommen.

Truck von McLaren

Sieben Trucks schleppen insgesamt 32 Tonnen Material von Strecke zu Strecke Zoom

Nach dem Grand-Prix-Wochenende beginnt das ganze Spiel von vorne. Doch während beispielsweise der Truck mit den Garagenteilen direkt zum nächsten Rennen gefahren werden kann, werden vier der sieben eingesetzten Trucks direkt in das MTC zurückbeordert, wo sie, wenn sie Sonntagabend die Strecke verlassen, am Dienstagmorgen zum Entladen eintreffen - und möglichst bald wieder zu ihrem nächsten Ziel aufbrechen.