• 26.01.2005 10:02

Villeneuve: "Habe mich nie als Rebellen gesehen"

Der gezähmte Rebell Jacques Villeneuve über sein neues Umfeld bei Sauber sowie seine Chancen und Hoffnungen vor der Saison 2005

(Motorsport-Total.com) - Nach einer künstlerischen Zwangspause von fast einem Jahr stieg Jacques Villeneuve vergangene Saison für die drei letzten Saisonrennen wieder in den Renault, bereits zuvor unterschrieb er jedoch für 2005 beim Sauber-Team. Dort möchte der Kanadier noch einmal beweisen, was er drauf hat, wie er kürzlich in einem Interview mit dem 'emagazine' der 'Credit Suisse' erklärte.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Villeneuve traut dem Sauber-Team kommende Saison Überraschungen zu

Frage: "Dein erster Eindruck des Sauber-Teams war äußerst positiv. Hat sich diese Einschätzung inzwischen bestätigt?"
Jacques Villeneuve: "Nach den ersten Tests Ende des Jahres bin ich sehr enthusiastisch, weil das Team sehr gut arbeitet und von Anfang an alles geklappt hat. Die guten Rundenzeiten beweisen es. Die Chemie mit den Ingenieuren ist gut. Mentalitätsprobleme gibt es kaum, denn immerhin habe ich einen guten Teil meines Lebens in der Schweiz verbracht."#w1#

Villeneuve fühlt sich bei Sauber wohler als bei BAR

Frage: "Was zeichnet dein neues Team vor allem aus?"
Villeneuve: "Der Respekt, der mir von allen Seiten entgegen gebracht wird, vor allem auch vom Teamchef Peter Sauber. Zudem hat man hier wirklich das Gefühl, dass alle Spaß an der Arbeit haben."

Frage: "Ist der rebellische Villeneuve in der einjährigen Zwangspause etwas gelassener geworden?"
Villeneuve: "Nun, ich habe mich nie wirklich als Rebellen gesehen. Für mich ist ein Rebell jemand, der in jeder Beziehung anders sein will als es die Gesellschaft erwartet. Ich aber will einfach nur ich selbst sein. Wenn sich meine Ideen nicht mit denjenigen des Establishments vereinbaren lassen, dann sage ich halt auch, was ich denke. Wenn ich aber einverstanden bin mit den Entscheidungen, die getroffen wurden, halte ich den Mund."

Frage: "Du wolltest unbedingt in die Formel 1 zurück. Ist Rennfahren eine Sucht?"
Villeneuve: "Nicht unbedingt. Adrenalinschübe kriege ich auch bei Skirennen oder bei Eishockey-Spielen. Dennoch ist es ein Beruf, den ich seit vielen Jahren praktiziere - und das nicht allzu schlecht, wie mir scheint. Im Moment bin ich noch nicht bereit, damit aufzuhören."

Über Massa: "Zweikampf sollte nicht allzu verbissen geführt werden"

Frage: "Bei Sauber wartet ein ungeduldiger Felipe Massa darauf, zu beweisen, dass er schneller fahren kann als ein Ex-Weltmeister. Musst du dich auf einen harten Zweikampf gefasst machen?"
Villeneuve: "Teamkollegen sind bis zu einem gewissen Grad immer Rivalen - in Teams, die um den Weltmeistertitel fahren, noch mehr als vielleicht bei Sauber-Petronas. Der Zweikampf sollte aber nicht allzu verbissen geführt werden. In meiner Karriere habe ich mehr als einmal erlebt, wie bei solchen Zwistigkeiten viel Energie verloren geht. Die benutzt man lieber, um das Team voran zu bringen."

Frage: "In Suzuka, beim zweitletzten Grand Prix der vergangenen Saison, hat dein künftiger Teamkollege dich gleich zweimal überholt..."
Villeneuve: "Soviel ich weiß, hat er mich nur einmal überholt, aber vielleicht war er so schnell, dass ich es das zweite Mal übersehen habe (lacht). Gegenüber seinem Debüt vor zwei Jahren hat er sich fahrerisch klar verbessert, er ist sehr schnell und sehr zweikampfstark."

Frage: "Seit sieben Jahren wartest du auf einen Grand-Prix-Sieg. Könnte diese Durststrecke nächste Saison ein Ende haben?"
Villeneuve: "Keine Ahnung. Vieles hängt vom neuen Auto ab. Vor den ersten Tests kann ich zu dessen Potenzial noch nicht viel sagen. Aber ich bin überzeugt, dass wir gute Resultate erzielen werden."

Gelingt dem Ex-Weltmeister die eine oder andere Überraschung?

Frage: "Traust du dem Sauber-Team zu, eines der besten fünf Teams zu schlagen?"
Villeneuve: "Im letzten Jahr hat sich das Team während der Saison kontinuierlich gesteigert. Wenn das in der kommenden Saison so weitergeht, können wir ein paar tolle Resultate einfahren. Zum Glück ist der Druck auf uns nicht so hoch wie in einem Rennstall, der bereits mehrere Weltmeisterschaften gewonnen hat."

Frage: "Du bist für die drei letzten Rennen der vergangenen Saison ins Renault-Cockpit gestiegen, ohne jedoch einen einzigen Punkt geholt zu haben. War das Engagement ein Fehler?"
Villeneuve: "Schaut man nur auf die Punkte, so könnte man von einem Fehler sprechen. Doch man muss den ganzen Kontext sehen: Ich hatte nur zwei Testtage zur Verfügung, um mich in einer veränderten Formel 1 zurechtzufinden. Die Renault-Ingenieure jedenfalls waren sehr zufrieden mit meinem Job, denn ich lieferte ihnen gutes Feedback zur Abstimmung des Autos. Und nicht zuletzt war das Medienecho für das Team und die Sponsoren beachtlich."