Vettel: "Wir können gewinnen"
Red-Bull-Star Sebastian Vettel im ausführlichen Interview zu seiner Pole-Position in Valencia - F-Schacht bringt einen Vorteil
(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel eroberte in Valencia zum ersten Mal seit China eine Pole-Position. Obwohl im Vorfeld gemutmaßt wurde, dass der Red Bull nicht perfekt auf den Hafenkurs passt, bewies der Heppenheimer das Gegenteil. Im Interview beschreibt er seine Erlebnisse im Qualifying und die Vorteile des neuen F-Schacht-Systems.

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Sebastian Vettel will die Pole Position in einen Sieg ummünzen
Frage: "Gratulation! Du warst Schnellster im dritten Freien Training, in Q1, Q2 und auch in Q3. Wie Dein Team über Funk gesagt hat: Willkommen zurück."
Sebastian Vettel: "Ja das ist toll! In den vergangenen Rennen hatten wir keinen problemlosen Lauf. An den Samstagen waren wir meistens ganz gut unterwegs, aber am Sonntag war es manchmal hart. Strecken wie zuletzt in Kanada und auch hier in Valencia sollten eigentlich nicht zu unseren stärksten zählen. Es ist gut, dass wir das Auto auf die Pole gestellt haben und ich denke, dass unser Speed gut ist. Am Ende ist es in der Qualifikation eng hergegangen. Es liegt zwischen uns allen nicht viel."#w1#
"Im ersten Versuch hatte ich in Sektor eins einen schwierigen Moment zu meistern und ich musste alles auf eine Karte setzen. Der zweite Versuch hat funktioniert und ich bin sehr glücklich. Ich denke es war ein harter Tag, denn wir haben wieder auf den F-Schacht und auf einige weitere Modifikationen gesetzt. Ich vermute, dass einige Mechaniker in der Nacht nur eine oder zwei Stunden geschlafen haben. Mit dem Doppelerfolg können wir einen schönen Dank zurückgeben.
Frage: "Wir bewertest Du deine schnellste Runde?"
Vettel: "Die Runde war nicht zu 100 Prozent perfekt, aber alles in allem war ich sehr zufrieden damit. Im letzten Sektor konnte ich noch etwas herausquetschen. Es ist eine lange Runde und damit nicht so einfach, wenn man etwas zu viel will."
Frage: "Was ging Dir in Deiner Auslaufrunde durch den Kopf?"
Vettel: "Ich war ja einer der ersten Fahrer über der Linie und es war schon etwas nervig, wenn man langsam herumrollt und warten muss, bis der Rest seine Runde absolviert hat. Es sind ja noch ein paar Autos gekommen, die mich alle von der Pole-Position verdrängen hätten können. Ich habe die ganze Zeit auf den Teamfunk gewartet und wollte eigentlich schon fragen, ob noch jemand schneller unterwegs ist. Es vergeht natürlich eine Ewigkeit, aber als dann der Funkspruch kam war es dann besonders schön."
Frage: "Es macht den Anschein, dass Du mit dem besten Startplatz spekuliert hast. Hast Du eine stärkere Konkurrenz erwartet?"
Vettel: "Das Wichtigste ist, dass wir vorne stehen. Es wurde viel über das Rennen in Kanada gesprochen und wie schwierig es für uns in Valencia werden wird. Ich denke wir haben die Kritik in Kanada und hier widerlegt. Ich denke unser Speed sieht gut aus. Montréal war sowohl von außen, als auch mittendrin ein unterhaltsames Rennen. Wir waren etwas überrascht davon, wie McLaren am Freitag Probleme hatte. Aber wie wir gesehen haben kann sich alles von einer Minute auf die andere ändern, schließlich sind sie nicht so weit weg von uns. Es wird morgen ein harter Kampf, aber ich denke, dass wir gewinnen können."
Frage: "Du warst in jeder Qualifikation unter den Top-3. War es frustrierend für Dich seit China nicht mehr auf der Pole zu stehen?"
Vettel: "Nein, ich würde nicht frustriert sagen. Wenn man weiß, dass man es selbst und das Auto kann, es dann aber aus verschiedenen Gründen nicht auf den Punkt bringt, kann man es eben nicht ändern. So ist das Leben. Es geht rauf und runter, wie diese Weltmeisterschaft. Ich denke von außen ist es sehr unterhaltsam, denn wir haben mehrere schnelle Autos und wir haben alle ungefähr die gleichen Punkte. Durch das neue Wertungssystem sieht es zwar etwas auseinander gezogen aus, aber es ist sehr interessant, da es zwischen den Teams sehr eng zugeht. Es gibt keinen Platz für Fehler. Ein vierter oder fünfter Platz ist auch sehr wichtig. Wir müssen weiterhin angreifen."
Optimale Ausgangsposition
Frage: "Viele Menschen fiebern dem Start entgegen. Nicht nur die erste Kurve, sondern auch der folgende Rechtsknick kann interessant werden. Dein Teamkollege könnte dort genau neben Dir sein. Es könnte unmöglich sein, da ohne Schaden durchzukommen."
Vettel: "Es gibt einen guten Fluchtweg durch Kurve zwei, aber natürlich will man den nicht benutzen. Die Pole-Position ist der beste Startplatz. Sie liegt außerdem auf der sauberen Seite, was ziemlich wichtig ist. Aber ich denke alle Autos waren beim Startvorgang sehr konstant in letzter Zeit, deshalb ist es einfacher es falsch zu machen, als richtig. Unsere Starts waren bisher recht gut. Ich hoffe, dass ich Platz eins in der ersten Kurve, der ersten Runde und vielen weiteren verteidigen kann. Wir werden es sehen."

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Das F-Schacht-System soll den roten Bullen auf den Geraden schneller machen Zoom
Frage: "Vielleicht kämpfst Du mit Deinem Teamkollegen Mark Webber um den Sieg in der ersten Kurve. Was sagst Du dazu, wenn man die vergangenen Rennen bedenkt?"
Vettel: "Rennfahrer kämpfen eben um Positionen. Wenn man sich die Jobbeschreibung ansieht, steht dort genau das. Natürlich haben wir so etwas schon oft durchlebt, aber ich denke nicht, dass etwas Ähnliches passieren wird. Man darf niemals nie sagen, aber wir haben unsere Lektion gelernt und schauen in die Zukunft. Ich habe kein großes Interesse an der Vergangenheit."
Frage: "Gibt es hier eine saubere und schmutzige Linie? Wie sind die Bedingungen in der Sartaufstellung?"
Vettel: "Es gibt eine saubere und schmutzige Linie. Normalerweise ist die Pole auf der rechten Seite und damit sauberer, aber auf der linken Seite fahren oft Autos, die einen engeren Bogen in die erste Kurve nehmen. Es ist aber kein großer Unterschied. Der Weg in die erste Kurve ist auch nicht lang, wir werden es also sehen. Aber wenn man einen McLaren oder Ferrari hinter sich hat, die beide auf den Geraden sehr schnell sind, brauchen wir einen guten Start."
"Die Strecke war eigentlich von Anfang an in einem guten Zustand. Natürlich verbessern sich die Zeiten, je mehr Gummi auf die Bahn kommt. Am Sonntag soll es etwas wärmer werden, daher könnte es für die Reifen etwas schwieriger sein. Es sollte aber passen."
F-Schacht hat einen Vorteil gebracht
Frage: "Welchen Unterschied bewirkt der F-Schacht? Ist das der Unterschied zwischen der Pole-Position und Platz vier oder fünf?"
Vettel: "Ich denke nicht, dass es sehr groß ist, aber wir fühlen den Unterschied. Wir können sehen, wie viel wir auf sie aufholen (McLaren, Anm. d. Red.). Ich denke sie holen so ziemlich das Optimum aus dem System heraus, aber wir lernen mit jeder Runde dazu. Gestern waren wir noch nicht so zufrieden, aber ich denke wir haben über Nacht einen Schritt gemacht. Jeder hier an der Strecke, als auch in der Fabrik saß praktisch die ganze Zeit vor den Monitoren, um nach einer Feinabstimmung zu suchen. Ich denke es hat heute besser funktioniert. Auch deshalb haben wir eine gute Ausgangsposition für das Rennen."
Frage: "Kannst Du genau beziffern wie viel der F-Schacht bringt?"
Vettel: "Das ist schwer zu sagen. Wir waren gestern nicht zu 100 Prozent zufrieden. Wir haben heute einen Schritt gemacht, aber ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen. Es ist im Auto verbaut, also glauben wir an seine Vorzüge. Offensichtlich bringt das System den anderen Teams einen Zeitvorteil von ungefähr einer halben Sekunde pro Runde wenn es wirklich funktioniert. Uns hilft es derzeit nicht soviel, aber es ist ein Vorteil."
Frage: "Hat sich der F-Schacht auf die Konkurrenzfähigkeit in den Kurven niedergeschlagen? Hat Red Bull etwas Anpressdruck eingebüßt?"
Vettel: "Es ist kein einfaches System. Wenn es funktioniert hat man einen Vorteil, aber die Abstimmung ist nicht einfach und man kann sich schnell verlaufen. Ich denke wir haben einen guten Kompromiss für Valencia gefunden. In Zukunft müssen wir es aber noch verbessern."
Frage: "Warst du von der schwachen Leistung von Mercedes überrascht?"
Vettel: "Ja etwas. In Q1 war es glaube ich Michael (Schumacher, Anm. d. Re.d), der es am Ende noch in Q2 geschafft hat. Gestern haben sie sehr konkurrenzfähig gewirkt. Ich weiß nicht was bei ihnen passiert ist, aber gestern haben sie definitiv stärker ausgesehen. Es sieht merkwürdig aus. Aber es ist für jeden gleich. Man hat in einem Qualifying viel zu tun und muss sich auf sich selbst konzentrieren. Abgesehen vom Resultat weiß ich nicht mehr."

