Leclerc nimmt Schuld für Ferrari-Crash auf sich: "War ein Arschloch!"

Wie Sebastian Vettel den Ferrari-Crash beim Steiermark-Grand-Prix bewertet und warum für ihn die Schuldfrage eine zweifelsfrei geklärt ist

(Motorsport-Total.com) - "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Charles etwas probiert. Denn da war kein Platz." So lautet die erste Stellungnahme von Sebastian Vettel zum Ferrari-internen Crash zwischen ihm und Charles Leclerc in der Startrunde des Steiermark-Grand-Prix 2020 in Spielberg (hier im Liveticker verfolgen!).

Titel-Bild zur News: Unfall: Charles Leclerc, Sebastian Vettel

Aus für Vettel in Runde eins: Nach einer Kollision mit Leclerc war vorzeitig Schluss Zoom

Der Unfall zwischen den Stallgefährten hatte sich in der ersten Rennrunde in Kurve 3 ereignet, der ersten Überholstelle nach der ersten Kurve. Und Leclerc war der Auslöser: Er bremste sich auf der Innenseite in die Haarnadel hinein und rutschte dann in das Auto von Vettel, was dem SF1000 des viermaligen Weltmeisters den Heckflügel abriss.

Vettel funkte zunächst: "Mein Auto ist beschädigt." Doch da hing sein Heckflügel schon komplett vom Fahrzeugheck herab. Später sagte er bei 'Sky': "Ich habe es gar nicht gesehen. Ich habe nur gemerkt, dass mir jemand ins Auto gefahren ist."

So hat Vettel den Ferrari-Crash erlebt

"Ich hatte schon zwei Autos neben mir, von daher wollte ich mich aus allem raushalten, um mich für die nächste Gerade zu positionieren, aber so weit kam es nicht. Bis dahin war dann schon mein Auto zu stark beschädigt."

Er selbst habe in der Situation "nirgendwo hin" gekonnt, beteuert Vettel im 'ORF' und meint: "Mir war nicht ganz klar, wo Charles hinwollte." Das sei "natürlich ganz doof gelaufen" für Ferrari, weil beide Fahrzeuge in der Unfallfolge das Rennen vorzeitig beendet hätten. Vettel: "Bitter für uns beide und bitter für das Team."

Während Vettel das Rennen noch in Runde eins an der Ferrari-Box aufgegeben hatte, fuhr Leclerc zunächst weiter, mit "Schäden am Unterboden", wie ihm der Kommandostand per Funk mitteilte. Wenige Runden später aber parkte auch Leclerc seinen Ferrari in der Box, endgültig.

Keine Untersuchung, sondern "Rennunfall"

Die Sportkommissare starteten keine Untersuchung, sondern werteten die Ferrari-Szene als "Rennunfall", ohne einen Schuldigen dafür zu benennen. Auch 'ORF'-Experte Alexander Wurz meint: "Vergangene Woche hat [Sebastian] einen Fehler gemacht beim Anbremsen, heute halt Charles. Das macht keiner absichtlich."

Für Vettel ist es der erste Erstrunden-Ausfall seit Singapur 2017. Damals waren übrigens ebenfalls die beiden Ferrari-Fahrer in einen Startcrash verwickelt gewesen - und ausgeschieden. Der letzte Doppelausfall von Ferrari in der Formel 1 vor dem Steiermark-Grand-Prix hatte sich 2019 in Brasilien ereignet, auch nach einer teaminternen Kollision.

Und das in einem Rennen, in dem Ferrari wichtige Erkenntnisse für den weiteren Saisonverlauf gewinnen wollte - nach der schwachen Form beim Auftaktrennen vor einer Woche an gleicher Stelle und dem ebenso schwachen Abschneiden im Regenqualifying am Samstag.


Fotos: Ferrari, Grand Prix der Steiermark


Warum das Rennen für Ferrari wichtig gewesen wäre

"Sehr schade", sagt Vettel bei 'Sky', "weil ich heute unbedingt Rennen fahren und unbedingt eine Antwort bekommen wollte von letzter Woche, aber die Antwort werden wir leider nicht bekommen." Das sei "insgesamt nicht gut für uns", wie er im 'ORF' hinzufügt.

Leclerc sieht das genauso und sagte in einer ersten Stellungnahme bei 'Sky': "Ich habe heute keine gute Arbeit geleistet und das Team enttäuscht. Ein Sorry ist da nicht genug. Hoffentlich lerne ich daraus. Die ganzen Mühen des Teams sind dahin. Sowas braucht man nicht. Es tut mir sehr, sehr leid."

Anschließend nahm sich Leclerc selbst sehr stark in die Kritik und sagte weiter: "Heute war ich ein Arschloch. Ich kann kein anderes Wort dafür finden." Er habe aber umgehend das Gespräch mit Vettel gesucht. "Ich habe mich entschuldigt. Das reicht in so einem Fall natürlich nicht", so Leclerc. "Ich bin einfach nur enttäuscht von mir selbst."

Vettel mit Galgenhumor

Vettel verfiel indes bei 'RTL' in Galgenhumor. Angesprochen darauf, dass viele Beobachter die Schuld für den Unfall klar bei Leclerc gesehen hatten, sagte Vettel: "Da habe ich ja mal Glück gehabt, dann sind die Experten ja ausnahmsweise mal auf meiner Seite."

Ob sich die Fronten zwischen ihm und Leclerc nun weiter verhärten würden? Vettel winkt ab. "Wir werden darüber reden und dann ist das Thema auch durch", meint der Deutsche. "Wir werden das schon irgendwie hinkriegen."