• 25.09.2011 22:36

  • von Dieter Rencken

Vettel: "Unsere Geschwindigkeit war phänomenal"

Der Weltmeister über seine beeindruckende Vorstellung in Singapur, und warum er sich in Bezug auf den Titelgewinn seiner Sache nach wie vor nicht sicher ist

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Es gibt hier keine Titelfeier, aber eine weitere Pole-Position, einen weiteren Sieg - jedoch nicht mit einem großen Vorsprung, wie er zeitweise realistisch war..."
Sebastian Vettel: "zunächst einmal bin ich über das Ergebnis sehr, sehr froh. Das Auto war die ganze Zeit fantastisch. Als wir Druck machen mussten, konnten wir ziemlich einfach davon ziehen und einen Vorsprung herausfahren, was uns geholfen hat."

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel präsentiert stolz seinen ersten Siegerpokal aus Singapur

"Dann kam das Safety-Car auf die Strecke. Das hat nicht wirklich zu unseren Plan gepasst, da wir einen großen Vorsprung hatten. Ich glaube, es waren rund 30 Sekunden bei noch 30 zu fahrenden Runden. Nichtsdestotrotz hatte ich einen guten Restart. Ich hatte ein wenig Glück, dass zwischen mir und Jenson ein paar zu Überrundende waren, und ich in der Lage war, sofort in einen Rhythmus zu kommen, einen großen Vorsprung herauszufahren."

"Ich war ganz glücklich, denn gegen Ende gab es mit dem ganzen Verkehr eine Menge zu tun. Es gibt nicht allzu viel Platz, und wenn man an der falschen Stelle in den Verkehr geriet, verliert man auf diesem Kurs ziemlich viel Zeit. In der letzten Runde bekam ich es mit fünf Autos zu tun, einer ziemlich großen Gruppe, aber es gab jede Menge Platz."

"Der Vorsprung war nicht groß, als ich die Ziellinie überquerte, aber ich hatte es unter Kontrolle, als Jenson in die letzte Runde ging. Alles in allem ist es ein fantastisches Ergebnis. Ich liebe die Strecke wirklich. Ich liebe die Herausforderung. Es ist eines der längsten Rennen, ich glaube sogar das längste."

"Das Auto war fantastisch. Auch in Bezug auf den Motor war alles großartig. Renault hat einmal mehr sehr gute Arbeit geleistet, sodass wir uns den Großteil des Rennens über in einer komfortablen Situation befunden haben."

"Das ist hier ziemlich angenehm, denn es ist eine ziemlich große Herausforderung, alle Sektoren aneinander zu reihen, nicht nur im Qualifying, sondern auch im Rennen. Die Geschwindigkeit war gut und ich bin sehr zufrieden. Was die Meisterschaft betrifft, so sieht es danach aus, als hätten wir beim kommenden Rennen eine weitere Chance."

Vettel verdrückte die eine oder andere Träne

Frage: "Ich glaube, es hat auf dem Podium ein paar Tränen gegeben. War das wegen deines ersten Sieges hier, war dies ein Zeichen der Erleichterung, dass die zwei Stunden schlussendlich vorbei waren? Waren es die Emotionen eines weiteren Sieges, der so speziell war wie der erste dieser Saison?"
Vettel: "Ich denke, dass es von allem ein wenig war, ich hatte etwas in meinen Augen. Wie ich schon sagte, ich mag diese Strecke wirklich, vor allem nach dem vergangenen Jahr, als es am Ende ein harter Kampf mit Fernando war. Im vergangenen Jahr bin ich vom Start bis zum Ziel in seinem Schatten gefahren. Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas schneller hätte fahren können. Es war ein schöner Kampf, und ich bin Zweiter geworden."

"Es war aus diesem Grund in diesem Jahr großartig, so zurückzuschlagen und es hinzubekommen. Wir stimmen alle zu, dass dies eine der härtesten Herausforderungen ist, mit der wir es das ganze Jahr zu tun bekommen. Im Inneren des Autos wird es ganz schön heiß. Das Rennen ist ziemlich lang. Die Feuchtigkeit lässt uns stark schwitzen und hart arbeiten, was gut ist. Sowohl körperlich als auch für die Autos ist es eines der härtesten Rennen der Saison, weil die Strecke auch sehr uneben ist."

"Es gibt wenig Raum für Fehler. Es ist aus diesem Grund schön, wenn man die Ziellinie mit dem Wissen überquert, dass man sein Bestes gegeben und das Optimum erreicht hat. Ich denke, dass wir wieder sehr stolz auf uns selbst sein können. Es war vom Start bis ins Ziel ein fantastisches Rennen. Wir hatten reibungslose Boxenstopps und in der Hitze haben wir unsere Köpfe einmal mehr kühl gehalten. Es war ein perfekter Arbeitstag, würde ich sagen."

"Das Auto war wahnsinnig"

Frage: "Du hattest einen phänomenalen Start und nach dem Ende der ersten Runde bereits zweieinhalb Sekunden Vorsprung. Das war außergewöhnlich..."
Vettel: "Ja, das Auto war wahnsinnig. Der Start war gut. Wir befanden uns auf der sauberen Seite, dies war auch der Grund, warum Mark verlor. Ich sah sofort, dass Jenson etwas besser vom Fleck gekommen ist als ich, aber ich wusste, dass es in der ersten Kurve gut gehen sollte. Dann versuchte ich zu Beginn einfach so viel Druck wie möglich zu machen, versuchte, einen Vorsprung herauszufahren."

"Ich versuchte, den Schwung zu nutzen. Ich wollte so schnell wie möglich einen Rhythmus finden, um den Vorteil zu nutzen, den ich habe, wenn vor mir eine freie Strecke ist. Ich war selbst von mir überrascht, dass ich in der Lage war, so sehr davon zu ziehen. Nach ein paar Runden hatte ich schon einen Vorsprung von zehn Sekunden. Das brachte uns in eine sehr komfortable Position, da wir von da an den Rennabschnitt kontrollieren, mit den Reifen haushalten konnten."

"Das gleiche gilt für den zweiten Rennabschnitt, auch da hatte ich einen ziemlich großen Vorsprung. Das Safety-Car hat uns das Leben nicht wirklich einfacher gemacht, besonders am Ende. Alles in allem war das Auto vom Start bis zum Ziel großartig, und ich war in der Lage, davon zu ziehen. Zudem hatte ich ein wenig Hilfe durch die zu Überrundenden."

"Ich hatte vorne ein reibungsloses Rennen. Ich bekam es mit keinerlei Autos zu tun. Ich verwendete DRS lediglich, wenn ich zu überrundete Autos überholen musste. Wir haben uns heute in einer luxuriösen Position befunden. Die Geschwindigkeit war phänomenal. Mit dem Auto, das ich hatte, konnte ich jedes Mal Druck machen, wenn ich Druck machen wollte, es steckt also mehr Rundenzeit in ihm."

Vettel konnte sich kaum selbst einbremsen

"Ich glaube, dass wir zeitweise um mehr als eine Sekunde schneller waren als die Autos hinter uns, was viel Spaß gemacht hat. Man möchte härter und härter Druck machen, denn wenn man erst einmal auf dieser Strecke in einen Rhythmus ist, macht das richtig Spaß. Es ist dann schwer, die eigene Geschwindigkeit zu kontrollieren. Man weiß, dass man auf die Reifen und so weiter achten muss."

"Am Ende hätten wir nicht mehr an die Box kommen müssen, aber wir entschieden uns dazu, falls es ein weiteres Safety-Car geben sollte, dann wären wir auf gebrauchten Reifen verwundbarer gewesen. Wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen. Am Ende gab es ziemlich viel Verkehr. Wenn man sich etwas Zeit nimmt und abwartet, bis sich wirklich eine Lücke auftut, um irgendein Missverständnis zu vermeiden, kann man sehr schnell ein paar Sekunden opfern."

"Das erlaubte es Jenson, näher zu kommen, plus die Tatsache, dass ich mich am Ende des Rennens ziemlich komfortabel fühlte. Aber wie ich schon sagte, wir hätten heute Abend viel besser sein können, alles in allem ist es großartig. Es bedeutet mir eine Menge, da ich diese Strecke wirklich mag. Es ist eine der härtesten Herausforderungen, mit der Welt das ganze Jahr über zu tun bekommen, und daraus als Sieger hervorzugehen ist für uns ein großartiges Ergebnis."

Vettel war über seinen Speed selbst überrascht

Frage: "Wie fährt sich so ein Rennen ohne Gegner?"
Vettel: "Ich würde nicht sagen, dass wir keine Gegner hatten. Natürlich war es überraschend, wie wir wegziehen konnten, wie groß der Abstand zum Teil war. Das Auto war großartig. Hätte ich jeden Abschnitt des Rennens auf jedem Reifensatz voll durchgezogen, dann hätten wir noch weiter vorne sein können."

"Aber letztendlich hat es gereicht. Letztendlich ist es egal, ob man zehn, 20 oder 30 Sekunden Vorsprung hat. Wenn man sicherstellt, dass man vor allen anderen im Ziel ist, stellt man auch sicher, dass man gewonnen hat."

Frage: "Wie sehr ärgert man sich, wenn man einen solch großen Vorsprung hat und dann das Safety-Car kommt?"
Vettel: "Natürlich ärgert man sich darüber ein bisschen. Aber man muss damit rechnen. Man hätte sich das Rennen natürlich gerade am Schluss etwas leichter aufteilen können. Man weiß schon vorher, dass diese Möglichkeit besteht. Man versucht dann auch nicht, allzu viel zu riskieren. Man versucht, die Reifen schon vorher zu schonen. Man schaut gar nicht, dass man den Abstand weiter vergrößert, man hält ihn mehr oder weniger nur für den Fall bei, dass das Safety-Car rauskommt."

Vettel auf den Spuren von Räikkönen und Häkkinen

Frage: "Es ist das erste Mal, dass du vom Start bis ins Ziel geführt hast. Verleiht dir dies eine Art Perfektion, wenn du jede Runde anführst? Es hat nicht lang gedauert, um Kimi Räikkönen in Bezug auf die Siege zu überholen. Wirst du Mika Häkkinen genauso schnell überholen? Er ist nächste."
Vettel: "Ich weiß nicht, wie viele Siege Kimi und Mika haben?"

Frage: "18 für Kimi und 20 für Mika."
Vettel: "Ich weiß nicht, wie das bei den anderen Rennen war. Natürlich hängt es davon ab, wann man an die Box komm, wann die anderen an die Box kommen. Aber es ist natürlich gut zu hören. Am Ende des Rennens bin ich immer etwas verleitet, die schnellste Rennrunde zu fahren. Aber ich werde abkommandiert 'Wage nicht einmal, nur darüber nachzudenken!'."

"Jenson sagte, dass ich keine Chance habe, ich bin mir nicht sicher, aber ja, ich denke das ist die Hauptsache ist, dieses Rennen zu gewinnen. Es ist egal, wo du startest oder wo du dich dazwischen auf deiner Reise befunden hast."

"Wenn du das Rennen als Erster beendest, gibt es eine Menge Gründe, um glücklich zu sein. Zunächst einmal ist es die Bestätigung, dass du bessere Arbeit geleistet hast als der Rest, also bin ich damit sehr zufrieden."

"Was die Finnen betrifft, so ist das nicht wirklich mein Ziel, aber in gewisser Weise ist es eine unglaubliche Neuigkeit, denn natürlich kennt jeder Fahrer wie Kimi und Mika, besonders in Finnland, nehme ich an. Was die deutschen Fahrer betrifft, so ist der deutsche Rekord weit, weit weg. Es ist noch ein weiter Weg, aber ich bin im Moment sehr glücklich."

"Das Team leistete großartige Arbeit, ich fühle mich im Team sehr wohl, auch im Auto. Alles scheint zu funktionieren und wir haben alles im Griff. Ich denke, dass es kein Geheimnis gibt. Es ist einfach nur so, dass sich jeder auf den anderen verlassen kann und wir zusammen in dieselbe Richtung, in einer Richtung ziehen. Das ist im Moment sehr genussvoll. Das Auto ist natürlich fantastisch und die meiste Zeit über haben wir gute Samstagnachmittage und Sonntagabende."

Jetzt mach mal einen Punkt...

Frage: "Fühlst du dich in der Lage, in den kommenden fünf Rennen einen Punkt zu holen, denn dann bist du Weltmeister?"
Vettel: "Ich fühle mich dazu in der Lage, aber ich muss es noch tun. Natürlich sollte es mit den Rennen, die wir bisher hatten, kein großes Problem sein. Aber es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist, nicht davor. Statistisch sind die Chancen auf unserer Seite, aber generell sind im Sport schon viele Geschichten geschrieben worden, und auch diese muss erst abgeschlossen werden."

Frage: "Ist es schwierig, die Spannung aufrecht zu erhalten, wenn man weiß, dass man nur noch einen Punkt braucht?"
Vettel: "Um ehrlich zu sein, die Situation erinnert mich ein wenig an Abu Dhabi im vergangenen Jahr. Die Leute sind einfach verrückt, ich habe bestimmt ein Jahr lang nicht mehr so viele Kameras gesehen, die auf mich gerichtet sind."

"Wenn man das einmal mit dem Fußball vergleicht, dann gab es schon Beispiele für Spiele, in denen die eine Mannschaft als der sichere Sieger galt und dann zwei Minuten in der nach Spielzeit noch ein Tor kassiert, sieht Champions League-Finale Bayern gegen Manchester. Bumm, bumm - und das Ding war verloren. Ich glaube, wir haben uns das ganze Jahr bemüht, nicht abzuheben. Das sollten wir auch jetzt nicht zulassen."

Der Luxus im Titelkampf

Frage: "Wie groß ist für dich die Erleichterung, im Vergleich zu den anderen WM-Kämpfen mit einem solchen großen Vorsprung nach Japan zu reisen?"
Vettel: "Natürlich bin ich erleichtert, aber es ist natürlich noch dieser eine Punkt. Wir haben uns dieses Jahr bemüht, jeden Schritt einzeln zu gehen und das ganze Rennen für Rennen anzupacken. Das sollten wir auch in den kommenden fünf Rennen beibehalten. Bis jetzt hat es funktioniert, also gibt es keinen Grund, das zu ändern. Wir befinden uns in einer guten Position, das kann man glaube ich nicht bestreiten."

Frage: "Wie ist der Unterschied im Titelkampf für dich zwischen diesem und dem vergangenen Jahr? Damals musstest du ja bis zur letzten Runde warten..."
Vettel: "Das müssen wir erst einmal abwarten! Es sieht natürlich Moment gut aus, wir hatten bisher einen unglaublichen Lauf. Das Auto ist ohne Zweifel konkurrenzfähig, auch im vergangenen Jahr war es das."

"Aber generell sind wir disziplinierter und zielorientierter, wir sind bei unserer Arbeit ruhiger. Jeder kann sich auf den Kerl neben sich verlassen. Wir sind als Team stärker. Alle diese Dinge kommen zusammen und machen uns in vielerlei Hinsicht stärker. Es ist nun wichtig, dass wir darauf aufbauen und uns nicht darauf ausruhen. Wir dürfen nicht kleine Details vernachlässigen, die am Ende des Tages den Unterschied ausmachen können."

Vettel als "fliegender Holländer"

Frage: "Aber den Titel könntest du sogar mit einem Anhänger am Auto gewinnen..."
Vettel: "Ich bin ja kein Holländer! Nichts gegen die Holländer, aber mit Anhänger fahren kenne ich mich nicht aus. Außerdem habe ich gar kein Führerschein dafür, ich dürfte gar nicht mit Anhänger fahren."

"Lass uns darüber reden, wenn es soweit ist, nicht davor. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Mir hat gefallen, wie ruhig das Team arbeitet, sehr professionell. Jedes Mal, wenn ich mit ihm gesprochen habe, hat es sehr ruhig gewirkt. Natürlich kann die aktuelle Situation einen dazu verleiten, aus dem Häuschen zu geraten, aber das war definitiv nie der Fall."

Vettel hat keinen Grund, vom Gas zu gehen

Frage: "Wie wirst du die kommenden Rennen angehen?"
Vettel: "Für uns gibt es keinen Grund, vom Gas zu geben. Wir haben im Moment unglaublich viel Spaß, denn wir haben einen guten Lauf. Das Auto läuft gut, mehr kann man sich in unserer Position nicht wünschen. Drei Rennen gab es nach der Sommerpause und drei Siege - alles in allem perfekt. Wann es klappt, ist glaube ich nicht so wichtig. Für uns ist es wichtig, dass es klappt."

Frage: "Für dich wäre es wohl fantastisch, die Weltmeisterschaft in Suzuka zu gewinnen, oder?"
Vettel: "Ja, ohne Zweifel. Ich liebe diese Strecke, und die vergangenen zwei Jahre waren für mich außergewöhnlich. In gewisser Weise wäre es schön, den Hattrick zu haben. Ich liebe diesen Kurs wirklich, so wie das wohl viele andere Fahrer auch tun. Unser Auto war dort gut, in den vergangenen zwei Jahren haben wir zwei Siege geholt. Aber es ist ein weiteres Wochenende und erneut eine harte Herausforderung. Die Atmosphäre ist dort immer etwas Besonderes."

Keine Gedanken verschwenden

Frage: "Nach zwei Stunden Rennen und der Führung vom Start bis ins Ziel, hast du da im Rennen noch an etwas anderes gedacht, vielleicht an die Meisterschaft?"
Vettel: "Nicht wirklich. Das habe ich schon vor dem Rennen klargestellt, dass es nicht wichtig ist zu wissen, wo die anderen Leute waren. Natürlich hat man mir die Abstände auf Jenson durchgegeben, der Zweiter war, und dann am Ende die Reihenfolge im Rennen, als ich die Ziellinie überquerte. Ich wusste nicht, ob es ausreichen könnte oder nicht."

"Es war ähnlich wie in Abu Dhabi. Ich wusste nicht, auf welchen Positionen die Leute ins Ziel gekommen sind. Was das nächste Rennen betrifft, so bin ich natürlich clever genug, um das selbst herauszufinden. Wir werden sehen. Heute hat das für uns nicht wirklich gezählt. Unser Ziel war es gewesen, zu gewinnen. Wir hatten das Gefühl, dass wir es selbst in der Hand haben, im Auto, es ist aus diesem Grund gut, dass wir es geschafft haben. Was den Rest betrifft, so hatten wir genug Zeit, als wir erst einmal die Ziellinie überquert hatten."

Gibt es da irgendwo Magie?

Frage: "Hast du das Gefühl, dass deine Saison und deine Fahrt bisher magisch waren?"
Vettel: "Ich denke nicht, dass es irgendwelche Geheimnisse oder Magie gibt. Ich weiß es nicht, vielleicht ist das bei ein paar Leuten so. Es war für uns ein unglaubliches Jahr, für uns beide ein unglaublicher Rekord in Bezug auf die Zuverlässigkeit. Wir hatten keine Probleme mit dem Auto, der Motor war vom Start bis ins Ziel perfekt. Ich klopfe auf Holz, bisher ist dieses Jahr nichts schief gelaufen."

"Es benötigt eine Menge kleiner Dinge, die zusammen kommen müssen, um sicherzustellen, dass man eine unglaubliche Phase hat, wie wir sie bisher hatten. Das ist unglaublich genussvoll, und alle waren in gewisser Weise extrem diszipliniert, zielorientiert und wir haben es alle genossen. Diese drei Dinge fassen das ganz gut zusammen. Wir hoffen, dass wir so weitermachen, den Schwung in die kommenden Rennen und womöglich auch in die kommende Saison mitnehmen können."

Was Vettel an Asien so mag

Frage: "Die Formel 1 ist nun in Asien. Als Gewinner des Großen Preises von Singapur, kannst du den potentiellen Asien-Fans dort draußen den Reiz und die Aufregung eines Rennens aus deiner eigenen Perspektive erklären?"
Vettel: "Ich denke, dass es unglaublich ist. Wir lieben es alle, hierher zu kommen. Ganz offensichtlich scheinen wir in den vergangenen Jahren mehr und mehr in Asien zu fahren. Die Aufregung ist hier drüben großartig. Die Leute schließen sich der Formel 1 wirklich an."

"Besonders das Wochenende hier ist für die Leute sehr speziell, auch für jene, die von Europa hierher kommen, um sich das anzuschauen. Für die Fans sind meiner Meinung nach nicht nur die Autos auf der Strecke spektakulär, wenn man sie so nahe sehen kann, sie in der Nacht Rennen fahren sehen kann, sie direkt vor einem mitten in der Stadt zu sehen. Sondern es ist auch die Veranstaltung rund um das Rennen an sich, denn hier gibt es eine Menge Konzerte. Shakira war vergangenen Abend hier, heute ist es Linkin Park. Dinge wie diese machen es für alle Besucher sehr spektakulär, das ist eine gewaltige Attraktion."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Singapur, Sonntag


"Wir genießen alle Veranstaltungen wie diese, für uns ist das Vergnügen ein großes. Wenn wir erst einmal Rennen fahren, dann können wir nicht wirklich sehen, wie viele Leute hier sind. Die Motoren sind ziemlich laut, also kann man sie auch nicht wirklich hören. Aber vor dem Rennen ist es für uns alle großartig, auf der Fahrerparade die Leute jubeln zu sehen. Auf der Runde nach der karierten Flagge sind wir in gewisser Weise privilegiert, wenn wir zurückfahren und sehen, wie die Leute aufstehen und uns zujubeln, dass wir Teil davon sind, dies sehen und diese Emotionen fühlen dürfen. Das macht unseren Job sehr genussvoll, wenn man so möchte."

Vettels beachtliche mentale Kapazitäten...

Frage: "Wie knapp war es, als der Lotus zur gleichen Zeit aus der Box fuhr?"
Vettel: "In gewisser Weise hatte ich sogar Glück, dass ich gleichzeitig mit ihm an die Box kam. Das war sehr knapp, ich musste vom Gas gehen. Das war aber kein Problem, da wir zu diesem Zeitpunkt einen relativ großen Vorsprung hatten. Ich glaube, das war Heikki, mit dem wir zusammen an die Box gingen."

"Natürlich führe ich meinen Boxenstopp durch, und dann hängt es davon ab, wie schnell die Lotus-Jungs sein würden, ob er vor mir oder hinter mir herauskommen würde. Ich schaute mir die Lichter an, sie haben ein System mit Lichtern. Ich schaute auf ihren Lollipop und sah, dass sie ausgingen, als ich heran fuhr. Ich war mir der Situation bewusst."

"Ich glaube, dass mich Heikki zunächst nicht gesehen hat. Es ist ein schwieriger Winkel, also musste ich vom Gas gehen. Ich denke, dass dies ein Missverständnis war, natürlich nicht der Fehler von Heikki. Das Team muss sich dessen bewusst sein. Hat er dafür eine Strafe erhalten? Wie ich schon sagte, ich war schon eine Weile in der Boxengasse unterwegs, war mit der Tatsache natürlich bewusst. Wenn ich nicht vom Gas gegangen wäre, dann wäre es für meinen Frontflügel zu eng geworden."

Die Aufholjagd von Button: Alles im Griff

Frage: "Jenson hat am Ende massiv aufgeholt. Wie freiwillig war das von deiner Seite? Du hattest drei Runden vor Ende 3,7 Sekunden Vorsprung und bist dann in Verkehr geraten. Normalerweise hättest du hier einen Vorsprung gewollt anstatt den Kerl so dicht hinter dir zu haben..."
Vettel: "Ich denke, dass das in gewisser Weise unter Kontrolle war. Wenn wir in Verkehr kommen, bin ich da natürlich als Erster hineingeraten. Ich musste langsamer machen, musste mir meine Zeit nehmen. Es hängt davon ab, wo du in den Verkehr kommst und wie viel Zeit du verlierst. Und dann bekam es Jenson mit demselben Problem zu tun, wenn er erst einmal in Verkehr steckt."

"Mit fünf Sekunden Vorsprung ging ich in die letzte Runde, was mehr oder weniger der Abstand von zuvor war. Ich denke also, dass es ausreichend Raum gab. Natürlich habe ich es mit dem Verkehr locker angehen lassen, denn man weiß nie, wie diese Jungs reagieren werden. Sie kämpfen selbst um Positionen, es gibt hier und dort blaue Flaggen, die helfen könnten, aber diese gab es nicht die ganze Zeit. Man muss sich der Tatsache einfach bewusst sein."

"Als ich in der letzten Runde in die letzte Kurve kam, bin ich womöglich etwas zu früh vom Gas gegangen. 1,7 Sekunden waren natürlich ausreichend. Ich denke jedoch, dass ich das schon unter Kontrolle hatte. Gegen Ende des Rennens nahm ich den Motor und das Auto etwas zurück, fühlte mich ganz komfortabel. Natürlich ist es schwierig zu wissen, ob Jenson... Es sah aus, als wäre er voll unterwegs, aber in seiner Position hat er nichts zu verlieren. Es hätte für ihn gut ausgehen können, aber angesichts der Runden, die wir hatten, denke ich, dass wir es unter Kontrolle hatten."

Frage: "Ist dir zu diesem Zeitpunkt nicht der Kanada-Grand-Prix durch den Kopf gegangen?"
Vettel: "Nein. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt im Auto genügend Geschwindigkeit. Wir hätten also reagieren können. Es war schwierig, das am Ende zu beurteilen, da man durch den Verkehr mal weniger oder mehr verliert. Wir haben alles im Griff gehabt, haben nur etwas zurückgesteckt, um das Auto ins Ziel zu bekommen."

Frage: "Mit dem WM-Titel hat es nicht geklappt, werdet ihr trotzdem feiern?"
Vettel: "Natürlich werden wir ein bisschen feiern. Es ist auch gut, dass die Jungs endlich mal aus ihrer Garage rauskommen. Es ist unglaublich heiß, 30 Grad Lufttemperatur bedeuten, dass es in den Boxen schnell 50 Grad heiß werden kann. Wir haben im Auto ja noch zumindest in Fahrtwind, aber die Mechaniker müssen ganz schön leiden. Sie haben ganz schön geschwitzt, deswegen brauchen wir heute auch gar nicht viele Drinks, die gehen schnell ins Blut."