• 28.05.2011 20:28

Vettel: "Besser geht es nicht"

Red-Bull-Fahrer Sebastian Vettel spricht über seine Leistung im Zeittraining von Monaco, die Unfälle am Samstag und seine Aussichten für das Rennen

(Motorsport-Total.com) - Sebastian Vettel hat es wieder einmal geschafft. Nur eine Woche nach der Niederlage gegen Mark Webber in der Qualifikation von Spanien stellte der Weltmeister von 2010 seinen Red Bull RB7 erneut auf die Pole-Position - dieses Mal in Monte Carlo. Vettel setzte sich im entscheidenden Q3 deutlich durch und nimmt den in Monaco so wichtigen ersten Startplatz ein. In seiner Medienrunde spricht der junge Deutsche über die Bedeutung dieser Leistung und auch über die Gefahr, die in Monaco mitfährt.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel startet beim Großen Preis von Monaco 2011 aus der Pole-Position

Frage: "Sebastian, deine erste Pole-Position in Monaco! Wie fühlt sich das an?"
Sebastian Vettel: "Da steckt viel Arbeit drin, denn die Qualifikation ist hart. Es gibt drei Teilsessions, in denen du jeweils einhundert Prozent geben musst. In Q1 und Q2 hatten wir eine sehr gute Vorbereitung. Vielleicht lief es da nicht perfekt, doch in Q3 passte meine Runde prima. Damit war ich sehr zufrieden. Wenn wir nun aber hier sitzen und über die Qualifikation reden, ist das Wichtigste, zu hören, dass Sergio Perez okay ist."

"Er ist bei Bewusstsein. Es ist wohl nichts weiter Schlimmes passiert. Er hat eine Prellung am Oberschenkel. Wir alle saßen im Auto und wollten wieder hinausfahren, sahen aber ebenfalls diese Bilder. Wir denken an ihn und wünschen ihm alles Gute. Hoffentlich kann er das Rennen am Sonntag bestreiten."

"Es war nicht einfach, so lange zu warten. Ich denke, danach war die Strecke nicht mehr in einem so guten Zustand. Nicht viele konnten sich steigern, denn es war recht rutschig. Ich musste lange auf diese Pole-Position warten, bin aber sehr zufrieden. Hier in Monte Carlo ist Startplatz eins immer sehr wichtig. Ich freue mich sehr darüber."

Frage: "Wolltest du diese eine Pole-Position unbedingt haben? Es muss eine tolle Runde gewesen sein, denn du brachst den Rekord von Kimi Räikkönen von 2005 um ein Zehntel..."
Vettel: "Ah, das ist schön zu hören. Ich glaube aber, Kimi interessiert es gar nicht, um ehrlich zu sein. Jenson (Button; Anm. d. Red.) sagt, Kimi fährt dieser Tage NASCAR-Trucks. Ich war sehr zufrieden mit meiner Runde. Du musst hier einen guten Rhythmus finden."

"Das ist sehr wichtig. Wenn du dich im Auto wohlfühlst und das Vertrauen in dich und dein Auto hast, kannst du eine so gute Zeit herausholen. Es ist eine besondere Strecke, die viel Spaß macht. Wie auf einer normalen Bahn auch, auf der man viel Platz und Freiräume hat, musst du aber halt viel, viel Druck machen. Hier kann dich jeder kleine Fehler in die Leitplanken befördern."

"Hier kann dich jeder kleine Fehler in die Leitplanken befördern." Sebastian Vettel

"Diesen Nervenkitzel spürst du. Umso schöner ist es, wenn du über die Linie kommst und weißt, eine sehr, sehr gute Runde gehabt zu haben. Ich freue mich sehr über diese Pole-Position. Es ist ein wichtiger Teil für das Rennen am Sonntag. Oft gab es hier aber ein großes Casino-Rennen. Schauen wir einfach einmal, was passiert. Ich würde mir natürlich wünschen, dass es ähnlich gut ausgeht wie heute."

Vettel sichert sich die Pole - in Rekordzeit!

Frage: "In vielerlei Hinsicht ist es keine Überraschung, dich auf Startplatz eins zu sehen. Es schien in der Qualifikation aber noch zwei weitere Teams mit Chancen auf die Pole-Position zu geben..."
Vettel: "Ja. Ich denke, man sich niemals zu sicher sein. Das gilt vor allem für diesen Rennplatz hier. In allen Trainings war es sehr eng zugegangen. Wir wussten, dass wir ordentlich abschneiden könnten. Bis zur Qualifikation weißt du das aber nicht mit Sicherheit."

"McLaren und vor allem Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) sahen sehr konkurrenzfähig aus. Er hatte etwas Pech. Lewis wählte eine andere Strategie als alle anderen. Wahrscheinlich wollte er am Ende nur eine Runde drehen, doch die rote Flagge machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Ferrari sah ebenfalls sehr konkurrenzfähig aus, speziell mit Fernando (Alonso; Anm. d. Red.)."

"Was ihnen in der Qualifikation widerfuhr, weiß ich nicht, denn sobald es losgeht, konzentriert man sich vollkommen auf sich selbst. Du versuchst einfach, dich hier zurechtzufinden. Es ist von großer Wichtigkeit, den Rhythmus zu finden. In Q1 und Q2 waren wir in etwa bei der Musik, aber noch nicht zu einhundert Prozent zufrieden."

"Es ist von großer Wichtigkeit, den Rhythmus zu finden." Sebastian Vettel

"In Q3 machte die Strecke jedoch noch einmal einen Schritt nach vorne und wir konnten uns das zunutze machen. Wir steigerten uns doch ziemlich und sind insgesamt sehr zufrieden mit der Qualifikation. Hier in Monte Carlo ist die Startposition besonders wichtig. Zudem stehe ich auf der sauberen Seite. Besser geht es nicht."

"Das Zeittraining wurde allerdings davon überrascht, dass ein Fahrerkollege verunfallte und nicht sofort aus dem Auto kletterte. Nico (Rosberg (Anm. d. Red.) hatte am Vormittag einen ähnlichen Unfall gehabt - an der gleichen Stelle. Er stieg aus und lief davon. Da musste man sich keine Sorgen machen. Später saßen wir im Auto und ich fragte nach Informationen zu seinem Zustand."

"Ganz ehrlich: Es fällt dir schwer, die Konzentration zu wahren und du fühlst dich nicht bei einhundert Prozent, wenn du nicht weißt, was vor sich geht. Die Nachricht, dass er okay ist und spricht und bei Bewusstsein ist, war schon eine große Erleichterung. Wir wünschen ihm alles Gute und eine rasche Genesung. Ob er am Sonntag fahren kann, weiß ich nicht. Wir hoffen es, aber warten wir einmal ab."

"Ganz ehrlich: Es fällt dir schwer, die Konzentration zu wahren." Sebastian Vettel

Frage: "Den Großen Preis von Monaco konntest du bisher nicht gewinnen. Wie wichtig ist es dir, diesen Umstand am Sonntag zu ändern?"
Vettel: "Nun, ich hätte nichts dagegen. Sagen wir es einmal so: Es ist ein langes Rennen. Hier ist es wie in einem Casino, weil so viele Dinge vor sich gehen. Das Rennen ist 78 Runden lang und in diesem Jahr hatten die Grands Prix viele Boxenstopps und bis zum Schluss gab es Veränderungen."

"Nach wie vor gilt aber: Die Pole-Position in Monaco ist und bleibt wichtig. Damit können wir sehr zufrieden sein. Es ist allerdings keine Garantie für den Sonntag. Unsere Augen richten sich nun auf das Rennen. Wir müssen viel Druck machen. Schauen wir einmal, was wir tun können."

Frage: "Hältst du das Rennen für eine Lotterie? Die bisherigen Grands Prix könnte man durchaus so bezeichnen, weil sich einfach so viel bewegt. Wird Monaco eine größere oder kleinere Lotterie als bisher?"
Vettel: "Das ist schwierig zu sagen. Monaco ist generell ein Casino."

"Es kann sehr vieles vor sich gehen, doch da müssen wir erst einmal schauen. Sicher ist nur: Überholen ist nicht einfach. Auf anderen Kursen war es ziemlich einfach und möglich, weil du auf einer anderen Reifenmischung fuhrst und der verstellbare Heckflügel eine Hilfe war. Hier dürfte der Effekt dieses Systems aber recht gering ausfallen."

"Die Überholzone ist ja gerade einmal halb so lang wie auf anderen Strecken. Hinzu kommt: Wenn deine Reifen nachlassen oder einen Vordermann hast, dessen Pneus in die Knie gehen, wird es schwierig, ein Manöver zu setzen. Das sahen wir schon. Ich kann mich noch gut an das Rennen vor zwei Jahren erinnern, als meine Hinterreifen hinüber waren, ich aber trotzdem vorne bleiben konnte."

"Die Überholzone ist ja gerade einmal halb so lang wie auf anderen Strecken." Sebastian Vettel

"Ich war bis zu fünf Sekunden langsamer und irgendwann hatte ich einfach keine Chance mehr, mich zu verteidigen. Also schauen wir einmal. Am Sonntag werden wir eine Antwort auf diese Frage erhalten. Es ist ein langes Rennen und wir müssen uns voll und ganz auf dieses Rennen konzentrieren. Dann sehen wir, was wir tun können."¿pbvin|512|3734||0|1pb¿

Folgt nun auch der Monaco-Sieg?

Frage: "Laut der Statistik bietet die Pole-Position in Monaco die besten Siegchancen. Genau diesen Sieg würdest du gerne einfahren. Macht dich das bei diesem speziellen Rennen etwas nervöser als sonst?"
Vettel: "Es ist ein normales Rennen. Das sollte es im Kopf auch bleiben."

"Die Atmosphäre hier ist etwas Besonderes. Als Fahrer bekommt man das mit. Ich glaube, man muss das Positive herausziehen. Es sind viele Fans da und sehr nahe an der Strecke. Es sind Leute aus Deutschland und von überall her vor Ort und drücken dir die Daumen. Das ist etwas Schönes. So etwas erlebt man nicht jeden Sonntag."

"Dann auch noch von der Pole-Position aus losfahren - besser kann es nicht sein. Trotzdem wird es morgen ein sehr langes und hartes Rennen. Die Reifen und die Strategie werden eine wichtige Rolle spielen. Es wird hier wieder ein bisschen gewürfelt. Lassen wir uns überraschen. Wir dürften aber gute Karten haben."

"Es wird hier wieder ein bisschen gewürfelt. Lassen wir uns überraschen." Sebastian Vettel

Frage: "Was würdest du tun, wenn du tatsächlich gewinnen würdest?"
Vettel: "Ach, ich denke noch nicht über das Siegen nach. Das ist noch weit weg. Vielleicht werde ich am Sonntag eine Antwort darauf haben. Mark gewann 2010 und mein Rennen war ebenfalls okay. Wir sprangen dann gemeinsam in den Hafen. Das ist hier doch sehr beliebt. Erst einmal müssen wir uns aber auf das Rennen konzentrieren."

Frage: "Dein vermeintlich härtester Konkurrent, Lewis Hamilton, startet vergleichsweise weit hinten. Ist das ein Vorteil?"
Vettel: "Es geht schnell hier. Ihn erwischte es im dritten Quali-Abschnitt recht hart. Die rote Flagge war denkbar ungünstig für ihn. Für morgen verändert das nichts für uns. Wir müssen auf uns schauen. Es gibt genug Leute, die alles daran setzen werden, an uns vorbeizugelangen. Wie gesagt: voller Angriff. Schauen wir einmal, was dann drin ist."

Frage: "Im vergangenen Jahr lief es in Monaco einfach perfekt für Mark Webber, wohingegen du nicht ganz so gut unterwegs warst. Fühlt sich das Auto nun ganz anders an? Was ist anders?"
Vettel: "Wir haben in diesem Jahr andere Fahrzeuge und auch die Reifen sind anders. Viele Dinge sind anders. In der vergangenen Saison war ich nicht zufrieden, ganz klar. Ich fühlte mich nicht immer wohl im Rennwagen."

"Mark war hier sehr schnell und schwer zu schlagen - vor allem im Rennen. Da erteilte er uns allen eine Lektion. Was in diesem Jahr geschieht, werden wir sehen. Mit dem heutigen Tag bin ich zufrieden, doch der Sonntag ist eine komplett andere Sache. Ich sicherte mir lediglich einen Vorsprung von acht Metern auf meinen ersten Verfolger."

"Was in diesem Jahr geschieht, werden wir sehen." Sebastian Vettel

"Schauen wir einmal, was wir am Sonntag zeigen können. Der Startplatz ist hier sehr wichtig. Das wissen wir aus der Vergangenheit. Regen ist nicht vorhergesagt, also brauchen wir darüber nicht nachzudenken. Wir sind aber direkt am Meer, also weiß man nie so genau. Es gibt viele Faktoren. Warten wir es ab."


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Monaco


Zwei Unfälle am Tunnelausgang geben zu denken

Frage: "Am Tunnelausgang gab es am Samstag gleich zwei schwere Unfälle. Wie groß ist das Risiko an dieser Stelle?"
Vettel: "Groß. Wenn man nicht ganz achtsam ist oder versucht, das Auto am Limit zu bewegen. Es gibt dort eine Bodenwelle, die speziell die Hinterachse extrem leicht macht. Es ist ein Drahtseilakt, könnte man sagen. Wenn man es ein bisschen übertreibt und zu früh zu viel will - gerade auf der Bodenwelle -, schert das Heck aus."

"Als Fahrer kannst du da wenig machen. Wir sahen das am Morgen bei Nico (Rosberg) und in der Qualifikation bei Sergio (Perez; Anm. d. Red.). Die Chance, dass etwas passiert, ist im Hinblick auf die gefahrenen Runden pro Pilot gering. Wenn es aber doch einmal vorkommt, kannst du als Fahrer fast nichts dagegen ausrichten."

"Daran muss man arbeiten und schauen, dass es in Zukunft vielleicht auch ein bisschen besser gedämpft werden kann. Die Nachricht, dass es Sergio gut geht, war mit die wichtigste in der Qualifikation. Wenn man im Cockpit sitzt und auf seinen zweiten Versuch wartet, fällt einem da natürlich ein Stein vom Herzen."

"Die Nachricht, dass es Sergio gut geht, war mit die wichtigste in der Qualifikation." Sebastian Vettel

Frage: "Inwiefern beeinflussen solche Unfälle die eigene Herangehensweise oder die Strategie?"
Vettel: "Naja, es ist ja nicht so, dass man die Bodenwelle an dieser Stelle nicht kennt. Am Morgen passierte etwas bei Nico, am Nachmittag etwas bei Sergio. Leider hatte Sergio nicht das Glück, die Geschwindigkeit auf der Strecke zu verlieren, sondern krachte noch die Bande."

"Man weiß es. Wir wussten es vor der Qualifikation und wissen es auch jetzt. Natürlich ist das eine der Stellen, an denen man am Sonntag aufpassen muss. Es gibt aber noch andere Passagen, wo es ähnlich am Limit ist und die eine ähnliche Gratwanderung darstellen. Das ist in gewisser Weise die Herausforderung auf einem Stadtkurs."

Frage: "Sprechen wir über die Gefahren dieser Rennstrecke. Eine Stelle ist besonders gefährlich. Du wirst für das Rennfahren bezahlt, aber bist du auch bereit dazu, am Sonntag im Rennen dein Leben aufs Spiel zu setzen?"
Vettel: "Wenn man es mit der Vergangenheit vergleicht, liest man zwischen den Zeilen, dass die Dinge heutzutage zu sicher sind und dass alles zu einfach vonstatten geht."

"Solche Vorfälle sind eine Art Weckruf. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. Im Hinblick auf den Sonntag können wir nicht viel machen. Wichtig ist die Nachricht, dass Sergio okay ist. Wir fahren auf Straßenkursen wie Monaco oder Singapur."

"Solche Vorfälle sind eine Art Weckruf." Sebastian Vettel

"Das ist unser Job. Es obliegt den Fahrern, sich zu verteidigen und zu sagen: 'Hört her, wir brauchen dies und das, hier mehr Auslaufzonen und dies und jenes sollte das Ziel sein.' Wie ich aber schon sagte: Wichtig ist, dass es Sergio gut geht. Wir werden einen guten und sicheren Sonntag haben."