Verwirrspiel um Silverstone nimmt kein Ende

Auch Martin Brundle kann nicht wirklich Licht ins Dunkel um Silverstone bringen - Stirling Moss gegen Grand Prix in London

(Motorsport-Total.com) - Die Silverstone-Saga will kein Ende nehmen: Seit mittlerweile vier Jahren ist hinter den Kulissen ein politisches Hick-Hack im Gange - die Einen wollen den Grand Prix auf Jahre hinaus in Silverstone sehen und versprechen Renovierungsmaßnahmen, die am Ende doch nie stattfinden, während die Anderen stets nur schimpfen und die Drohung, das Rennen aus dem Kalender zu streichen, scheinbar nicht ganz so ernst meinen, wie sie es sagen...

Titel-Bild zur News: Button, Mansell, Coulthard und Brundle

Brundle (rechts) hat seine Funktionen im 'BRDC' kürzlich zurückgelegt

Eine vereinfachte Darstellung ist angesichts der vielschichtigen Reibungspunkte hinter den Kulissen kaum möglich, prinzipiell sieht es aber so aus: Bernie Ecclestone fordert vom 'BRDC', den Eigentümern der Strecke, Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und der Verkehrssituation. Der 'BRDC' wiederum ist auf fremde finanzielle Hilfe - etwa seitens der Regierung - angewiesen, stößt dabei aber meist auf taube Ohren. Und obendrein hat sich mit 'Interpublic' der Veranstalter der letzten Jahre frühzeitig aus seinem Vertrag zurückgezogen.#w1#

Silverstone 2005 laut Ecclestone noch nicht gesichert

Zugespitzt hat sich die Lage dann letzte Woche, als 'BRDC'-Präsident Sir Jackie Stewart behauptete, der Grand Prix sei für die nächsten beiden Jahre gesichert, was Ecclestones 'FOM' prompt in einer Presseaussendung dementierte. Es gebe eine Frist bis September, hieß es darin, in der der 'BRDC' einen Veranstalter präsentieren muss - sonst wird 2005 eben woanders gefahren. Der Veranstalter würde das Rennen aber nur für die nächsten zwei Jahre sichern, langfristig erwartet die 'FOM' eine umfassende Renovierung der gesamten Anlage.

Diese liegt vorerst aber auf Eis, weil im Januar ein eigentlich schon vereinbarter Deal in letzter Minute geplatzt ist, wie der Ex-'BRDC'-Vorsitzende Martin Brundle erklärte: "Leider ist aus dem Masterplan nichts geworden, obwohl es so gut ausgesehen hat und es zu einem gewissen Grad ein Sonderangebot gewesen wäre. Aber jetzt, wo 'Interpublic' nicht mehr an Bord ist, wurde auch der Masterplan fallen gelassen." Die Pläne zur Generalsanierung von Silverstone sind damit vorerst wieder für ein Jahr in der Schublade...

Der Brite erklärte weiter, er halte es für "wahrscheinlich", dass nächstes Jahr in Silverstone gefahren wird, und auch eine Streichung vor 2007 könne er sich nicht vorstellen, die langfristige Perspektive sei jedoch ein ganz anderes Thema. Auch ist seinen Informationen nach noch keine Nachfolgeagentur für 'Interpublic' in Sicht: "Solange die Summen nicht stimmen, ist es fast unmöglich, einen Veranstalter zu finden. Die Basiskosten sind einfach zu hoch in Relation zu den zu erwartenden Einkünften."

Brundle hält sich aus allen Verbalduellen heraus

Zur umstrittenen Äußerung von Bernie Ecclestone, er werde Jackie Stewart "den Kilt um den Kopf wickeln", wollte sich Brundle nicht äußern: "Zwischen den Schlüsselfiguren ist in all den Jahren eine Menge Wasser unter der Brücke durchgeflossen, daher glaube ich, dass das eher Geschichten sind, die lange in die Vergangenheit zurückreichen. Es macht keinen Sinn, sich darauf einzulassen - das ist es meiner Meinung nach einfach nicht wert."

Als einer der wenigen 'BRDC'-Verbündeten, die in der Regel natürlich daran interessiert sind, ihre eigene Strecke in Silverstone ins Rampenlicht zu rücken, zeigte sich Brundle auch von der Idee angetan, einen Grand Prix in der Hauptstadt London auszutragen, was für die Traditionsstrecke auf dem alten Militärflughafen in Northamptonshire wohl das Aus bedeuten würde. Die Begeisterung bei der Parade Anfang Juli in der Regent Street hat bei Brundle aber einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Über London-Grand-Prix: "Regent Street ist auch passiert"

"Sicher, da ist eine Menge Bürokratie im Spiel, aber Regent Street ist auch passiert", gab er zu Protokoll. "Ich war ehrlich gesagt erstaunt. Es war surreal, ich hätte das alles nicht für möglich gehalten. Wenn so viele Leute kommen, muss man das ernst nehmen. Ich habe mich mit einer Dame und ihrer Tochter unterhalten, die einen guten Platz hatten, und sie haben neun Stunden und 20 Minuten gewartet, um ein Formel-1-Auto losfahren, zurückkommen und ein paar Donuts machen zu sehen. Sie waren ekstatisch, sie haben es geliebt. Dabei wurde für die Veranstaltung kaum Werbung gemacht."

Ein anderes 'BRDC'-Mitglied, Sir Stirling Moss - noch heute erfolgreichster Formel-1-Pilot, der nie Weltmeister wurde -, sprach sich hingegen ganz klar gegen London und für Silverstone aus: "London ist keine lebensfähige Option. Sie haben das vor 50 Jahren auch schon versucht, aber die Polizei sagt, dass man die Zuschauer nicht unter Kontrolle halten könnte. Ich glaube, dass Bernie weiß, dass wir in Silverstone fahren müssen. In den letzten Jahren wurde Silverstone immer besser und es wird weitere Maßnahmen geben."

Die Kommentare Ecclestones, die seit dem Regen-Chaos im Jahr 2000, als viele Zuschauer nach Hause geschickt werden mussten, weil große Teile der Anlage und vor allem die Parkplätze komplett unter Schlamm standen, stuft Moss indes nur als mediales Säbelrasseln ein, das man - trotz aller Schärfe - nicht unbedingt ernst nehmen muss: "Bernie sagt solche Sachen, um die Leute auf Trab zu halten. Er macht so etwas immer."