• 02.10.2018 06:51

  • von Daniel Halder & Scott Mitchell

Valtteri Bottas: "Habe für das Team einen Schlag eingesteckt"

Offen spricht der Finne darüber, wie ihn die Entscheidung von Mercedes getroffen hat, äußert aber Verständnis für Boss Toto Wolff - Gelingt 2018 noch ein Sieg?

(Motorsport-Total.com) - Toto Wolff sprach über seine Gewissensbisse, Lewis Hamilton redete davon, so nicht gewinnen zu wollen - nur der Leidtragende der Mercedes-Stallregie von Sotschi (hier geht's zu den Fahrernoten vom Großen Preis von Russland) gab sich am Sonntag nach dem Rennen zunächst relativ wortkarg. Die Enttäuschung, um seinen ersten Saisonsieg gebracht worden zu sein, war Valtteri Bottas deutlich anzumerken. Dennoch handelte der ruhige Finne die Situation professionell und ließ keinen wirklichen Einblick in sein Innenleben zu.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas, Toto Wolff

Valtteri Bottas und Toto Wolff (r.) haben derzeit viel zu bereden Zoom

Seitenhiebe oder gar wütende Worte gegen sein Team bekommen die bohrenden Journalisten auch in der Medienrunde einige Zeit nach dem Rennen nicht zu hören. "Schade, dass ich noch kein Rennen gewonnen habe. Heute wäre eine Chance gewesen. Aber das Wichtigste ist für mich, dass die Performance gepasst hat", spricht sich der 29-Jährige selbst Mut zu. Dabei ist seine Situation im Mercedes-Team für ihn alles andere als einfach. Im zweiten Jahr bei den Silberpfeilen ist er noch weiter von Überfahrer Hamilton weg, seine Rolle als Nummer-2-Pilot oder "Wing-Man", wie es Wolff in Ungarn ausdrückte, ist zementiert.

Tatsächlich: Mit 117 Punkten Rückstand auf seinen Teamkollegen und 67 auf Ferrari-Pilot Vettel (zum Formel-1-WM-Stand) kann Bottas nicht mehr ins Duell um die Formel-1-Weltmeisterschaft eingreifen. Wohl aber kann er als Abschirmdienst dafür sorgen, dass sein Teamkollege seinen ohnehin bequemen Vorsprung auch in den verbleibenden fünf Grands Prix der Formel-1-Saison 2018 halten kann. "Für mich als Sportler ist das natürlich nicht schön, aber es ist, wie es ist. Heute habe ich für das Team einen Schlag eingesteckt. Ich bin ein Racer, ich will Rennen gewinnen. Aber ich will auch Teamplayer sein", äußert der Finne Verständnis für die Mercedes-Strategie.

Bottas klagt über Mangel an Kommunikation

Seinen Vorgesetzten und Förderer Wolff nimmt er deshalb sogar in Schutz und zeigt sich - zumindest öffentlich - anders als nach den "Wing-Man"-Worten von Ungarn nicht verstimmt: "Ich bin mir sicher, dass es Toto nicht leicht fällt, so eine Entscheidung zu treffen. Das würde keinem Teamchef leicht fallen. Sie denken an mich, sie denken auch an Lewis. Als Fahrer, als Person. Und einer muss halt die Entscheidung treffen. Die Saison ist so gelaufen, wie sie gelaufen ist, darum kam es zu dieser Situation", analysiert der dreifache Grand-Prix-Sieger.

Bei allen versöhnlichen Worten weiß man aber natürlich bei Mercedes, dass Bottas in dieser Situation nun Zuspruch braucht. Nicht umsonst klingelt mitten in der Medienrunde das Handy des Finnen. Hamilton ruft an und will noch ein paar Worte mit seinem Teamkollegen wechseln - muss aber zunächst warten.

Denn eine Sache will WM-Dritte noch loswerden: "Was ein bisschen verwirrend war, war der Mangel an Kommunikation, bevor es passiert ist. Erst haben sie mir gesagt, ich soll Verstappen überholen. Ich hatte das Gefühl, das geht, ich kam immer näher ran. Und gerade in dem Moment, als ich ein bisschen mehr Gas gab und zum ersten Mal das Limit des Soft-Reifens auslotete, kam der Befehl, dass ich Lewis durchlassen soll. Das war verwirrend." Einer der Gründe für die Irritation: Bei Mercedes rückte man in dieser Phase vom ursprünglichen Plan ab, dass Bottas gewinnen dürfe, wenn er das Rennen anführt.

Eine Blase an Hamiltons Hinterreifen nährte die Befürchtung, dass Vettel ihn überholen könnte - also entschieden Teamchef Wolff, Stratege James Vowles und Co., dass Bottas als Puffer dazwischen soll. Bis zu den Schlussrunden hoffte er allerdings, dass die Verhältnisse mit einem erneuten Platztausch zwischen den Mercedes-Piloten wiederhergestellt würden, ehe ihm sein Renningenieur Tony Ross alle Hoffnungen zunichtemachte. "Wenn ich mich in ihre Lage versetze, verstehe ich, dass es eine schwierige Situation ist", zuckt der Finne die Schultern.

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