• 02.10.2018 08:06

  • von Adam Cooper & Daniel Halder

Nach Qualifying-Farce in Sotschi: Whiting will Regeln ändern

Weil über die Startposition von mehreren strafversetzten Piloten schon vor dem Freien Training entschieden wird, verkam Q2 in Sotschi zu Posse - FIA ist alarmiert

(Motorsport-Total.com) - Es war der Aufreger am Qualifying-Samstag in Sotschi: Gleich fünf startberechtigte Piloten traten im zweiten Abschnitt des Qualifikationstrainings nicht mehr an. Die Entscheidung, wer ins Q3 der schnellsten Zehn einziehen sollte, verkam so zur Farce - schließlich konnte auf der Strecke keiner mehr ausscheiden. Heraufbeschworen wurde diese kuriose Situation durch das Reglement der FIA: Drei der fürs Q2 qualifizierten Piloten - die Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Daniel Ricciardo sowie Toro-Rosso-Star Pierre Gasly - wurden durch Motorenstrafen ohnehin ans Ende des Feldes versetzt.

Titel-Bild zur News: Lando Norris

Absurd: Erster an der Boxenausfahrt am Freitag, besserer Startplatz am Sonntag Zoom

Bei Renault konnte man sich daraufhin kampflos mit den Plätzen 11 und 12 begnügen, um anders als die Mittelfeld-Konkurrenten davor fürs Rennen freie Reifenwahl zu haben. Die Verlierer: Die Fans an der Strecke und zuhause vor dem TV, die statt eines Spektakels weniger Action und ein sportlich wertloses Q2 geboten bekamen. Deshalb überlegt FIA-Renndirektor Charlie Whiting jetzt, die Regularien hinsichtlich der Startreihenfolge für strafversetzte Piloten zu ändern.

Werden wie in Sotschi mehrere Piloten nach dem Wechsel von Antriebskomponenten ans Ende des Grids versetzt, könnte ihre genaue Startposition künftig anhand der gefahrenen Rundenzeiten ermittelt werden. Auf diese Weise sollen die Teams mehr zum Fahren gezwungen werden. Aktuell gilt: Setzen mehrere Fahrer neue Antriebskomponenten ein, entscheidet, wer die neuen Teile zuerst verwendet. Im Klartext: Wer im 1. Freien Training zuerst aus der Boxengasse fährt, bekommt den besseren Platz.

Wettrennen in der Boxengasse: Whiting will Farce beenden

In Monza zum Auftakt des Italien-Wochenendes führte das zur kuriosen Situation, dass Renault-Star Nico Hülkenberg und sein künftiger Teamkollege Ricciardo sich ein Rennen in der Boxengasse lieferten, wer zuerst an der weißen Linie steht - lange bevor das erste Training freigegeben wurde. In Sotschi stellte sich McLaren-Ersatzfahrer Lando Norris im Auto von Fernando Alonso 15 Minuten vor Trainingsstart am Boxengassen-Ende auf, hinter ihm folgten aneinandergereiht die Autos der Red-Bull- und Toro-Rosso-Piloten in der Schlange.

Für Whiting soll mit dem bizarren Schauspiel künftig Schluss sein - er will alle Fahrer im Qualifying sich miteinander messen lassen. Derzeit gibt es für strafversetzte Piloten keinen Anlass, vor dem Rennen unnötig Reifen oder Motorlaufleistung zu verschwenden. "Doch es gibt einen anderen Weg, um das zu regeln", wirft der Renndirektor ein. "Wenn wir fünf Fahrer am Ende des Feldes haben, dann sollten wir sie so starten lassen, wie sie sich qualifiziert haben. Das wäre besser, als diese ziemliche Farce mit den aufgereihten Autos in der Boxengasse im Freien Training", so Whiting.


Grand Prix von Russland

Der Brite glaubt: "Das wäre der Anreiz, dass sie im Qualifying tatsächlich raus gehen und versuchen würden, die bestmögliche Position zu erzielen. Zumindest hätten wir dann auch die strafenregulierten Startplätze 16 bis 20 in der Reihenfolge, wie sie im Qualifying abgeschnitten haben. Über diesen Vorschlag werden wir mit den Teams diskutieren." Zur bisherigen Reglung war es gekommen, weil die FIA zur Formel-1-Saison 2018 das Ende der bisherigen absurden Gridstrafen beschlossen hatte. 2017 wurde McLaren-Pilot Stoffel Vandoorne in Spa beispielsweise eine Rückversetzung um 65 Plätze aufgebrummt, nachdem bei ihm mehrfach der Motor gewechselt werden musste.

Plus 65 Plätze: Aktuelle Regelung Resultat des Strafenwahnsinns

"Auch wenn die Strafen riesig waren, hatten wir nie zwei Fahrer auf ein und demselben Startplatz. Ein Fahrer wurde 40 Plätze rückversetzt - er war dann eben Letzter der Startaufstellung. Dann wurde - schon mit großem Abstand - der nächste bestraft und am Ende reihte sich alles schön auf den 20 Plätzen ein. Jetzt haben wir im neuen Reglement den Fall, dass fünf Fahrer dieselbe Strafe bekommen. Wie stellt man sie also auf? Der Gedanke der Kommissare war: Am Ende des Feldes heißt am Ende des Feldes. Was auch immer passiert, diese fünf Autos müssen von ganz hinten starten."

Dabei soll es auch künftig bleiben - allerdings will Whiting die exakte Startreihenfolge der Bestraften auf der Strecke und nicht in der Boxengasse ermitteln lassen. Ob sein Vorschlag von der Formel-1-Kommission und den Teams durchgewinkt wird, darüber hält sich der 66-Jährige noch bedeckt. "Mal sehen. Ich denke, es ist eine vernünftige Lösung. Vielleicht gibt es aber auch Nachteile, über die wir noch nicht nachgedacht haben. Die ganze Idee ist noch ziemlich frisch", so Whiting abschließend.