• 03.10.2010 09:25

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Trotz Millionenverlusten: AGPC steht zu Melbourne

AGPC-Manager Andrew Westacott erklärt, warum der Grand Prix in Melbourne trotz der Millionenverluste einen hohen Nutzen hat

(Motorsport-Total.com) - Die Australian Grand Prix Corporation (AGPC), also der Veranstalter des jährlichen Formel-1-Rennens in Australien, stand kürzlich wieder in den Schlagzeilen, als die Geschäftsbilanz für dieses Jahr bekannt gegeben wurde. Diese weist nämlich einen neuen Rekordverlust in der Höhe von 49,2 Millionen Australischen Dollar (umgerechnet rund 35,5 Millionen Euro) aus.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Mit dem diesjährigen Event fuhr die AGPC 35,5 Millionen Euro Verlust ein

Die Kosten für den Grand Prix beliefen sich diesen März auf über 80 Millionen Dollar, die Einnahmen lagen jedoch nur bei knapp 35 Millionen Dollar. Dabei gehört Melbourne zu den teuersten Rennen des Jahres, was Ticketpreise, Hotels, Restaurants und Internetgebühren für die Medien angeht. Auch die Teams werden kräftig zur Kasse gebeten und müssen für ihre Hospitality-Häuschen schlappe 60.000 Dollar pro Wochenende auf den Tisch legen. Ein richtiges Haus außerhalb der Strecke zu mieten, würde billiger kommen...#w1#

Muss der Grand Prix überhaupt profitabel sein?

Trotz dieser teuren Preise gelingt es Melbourne nicht, die Verluste mit dem Grand Prix im Albert Park in Grenzen zu halten oder gar Gewinne einzufahren. Dennoch findet Andrew Westacott, Operativer Generaldirektor der AGPC, dass sich die Formel 1 in Summe betrachtet rechnet: "Ja, definitiv", erklärt er im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Der Vertrag zwischen der Regierung von Victoria und Formula One Management (FOM; Anm. d. Red.) wurde verlängert, weil die Formel 1 ein Teil von Melbournes Eventstrategie ist."

"Tourismus ist entscheidend. Melbourne hat kein Opernhaus und kein Great Barrier Reef, sondern Melbourne baut auf den Tourismus und darauf, die Sporthauptstadt der Welt zu sein. Die Menge an Touristen, die das in die Stadt bringt, ist entscheidend. Die Regierung sieht nach wie vor den Nutzen darin, auch wenn es eine kostspielige Übung ist", so Westacott. Daran wird sich in unmittelbarer Zukunft auch nichts ändern, denn der Vertrag zwischen der AGPC und der FOM wurde im Jahr 2008 bis einschließlich 2015 verlängert.

Michael Schumacher

Die Kulisse in Melbourne zählt immer noch zu den schönsten der Formel 1 Zoom

"Die Formel 1 bringt Menschen nach Melbourne, die sonst nicht kommen würden. Sie sehen die Stadt und damit kommen wir in ihr Bewusstsein", erklärt der Australier. Die Strecke im Albert Park jedes Jahr neu aufzubauen, ist natürlich ein hoher Aufwand, personell wie finanziell, aber einer, den die Politik offenbar bereit ist zu tragen. Allerdings gibt es in der Bevölkerung auch Stimmen, die die Veranstaltung scharf kritisieren, weil sie zum Teil vom Steuerzahler finanziert wird. Da kommen steigende Verluste klarerweise nicht gut an.

"Ist es wirklich notwendig, dass wir Profit machen? Ich finde nicht", gibt Westacott zu Protokoll. "Selbst am Anfang in den 1990er-Jahren hat die Regierung drei bis vier Millionen zugeschossen. Dann waren es irgendwann 20 bis 25 und jetzt sind es eben 49. Der Sprung im letzten Jahr, von 40 auf 49, erklärt sich durch um vier Millionen höhere Kosten und einem Rückgang der Einnahmen aus Sponsoring und Verkauf um fünf Millionen. Wir kontrollieren die Kosten gut - die sind seit 2007 nur um 2,7 Prozent gestiegen."

Steigende Kosten, sinkende Einnahmen

Melbourne hat zwei große Probleme: Die Grand-Prix-Gebühr, die an den Inhaber der kommerziellen Rechte überwiesen werden muss, betrug laut Branchenmonitor 'Formula Money' im Jahr 2009 29,7 Millionen US-Dollar (umgerechnet 22 Millionen Euro) und soll pro Jahr um fünf bis sieben Prozent ansteigen. Zudem wirkt sich die weltweite Finanzkrise reduzierend auf die Einnahmen aus, weil Automobilhersteller und Sponsoren weniger VIP-Pakete buchen, als das in den vergangenen Jahren der Fall war.

¿pbvin|512|2566||0|1pb¿Um zumindest die finanziellen Mittel für den jährlichen Streckenaufbau zu sparen, kam in Australien zuletzt das Gerücht auf, dass die Formel 1 an den Calder-Park-Raceway umziehen könnte, der 50 Kilometer südwestlich von Melbourne liegt. "Das würde Geld sparen, weil es dort eine permanente Rennstrecke gibt, aber dafür würde die Regierung von Victoria einen Teil des Werbewerts verlieren, der durch die Kulisse in der Stadt Melbourne entsteht", sagt Westacott und betont, dass man auf diese Weise "niemals" 50 Millionen Dollar einsparen würde.

Eine Sorge sind übrigens auch die weltweit schleppenden Ticketverkäufe, die auch vor dem atmosphärischen Grand Prix von Australien nicht Halt machen. Dem soll durch ein attraktives Rahmenprogramm entgegengesteuert werden, das "im Oktober oder November" bekannt gegeben wird. Mittelpunkt des Rahmenprogramms bleiben die in Australien sehr beliebten V8-Supercars. Westacott: "Die werden an jedem der drei Tage ein Rennen fahren. Außerdem schütten wir dafür eine halbe Million an Preisgeldern aus!"

Westacott war am vergangenen Wochenende übrigens in Singapur, um Gespräche mit anderen Veranstalterdelegationen aus Abu Dhabi und Malaysia zu führen. Außerdem traf er sich mit Singapur-Chefveranstalter Michael Roche. Mit solchen Dienstreisen will er Erfahrungen sammeln, um den Standard der eigenen Veranstaltung anzuheben, denn: "Wir wollen uns mit den Besten der Welt messen." Angesichts der Mega-Events, die zuletzt neu in die Formel 1 gekommen sind, ist das eine hohe Messlatte...

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