Trotz Jean Todts Vorstoß: Nachtanken weiter stark in der Kritik
FIA-Boss Jean Todt will mit den Teams erneut über ein Comeback der Tankstopps sprechen, doch die Kritik, dass wieder nachgetankt werden soll, reißt nicht ab
(Motorsport-Total.com) - Eigentlich war das Thema schon wieder vom Tisch, doch vor wenigen Tagen hat FIA-Boss Jean Todt mit Aussagen überrascht, wonach das Nachtanken in der Formel 1 doch ein Comeback feiern könnte. Dies sorgt nun für große Verwunderung, zumal der Franzose eigentlich ein Verfechter der effizienten Hybrid-Motoren ist.
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Werden in der Formel 1 nun doch die Tankstopps wieder eingeführt? Zoom
"Ich bin extrem gegen das Nachtanken", erklärt Williams-Teamchefin Claire Williams. "Die Hersteller haben gerade hunderte Millionen für diese Hybrid-Antriebseinheiten augegeben, die für den Straßenverkehr relevant sind und die zur Debatte über Energieeffizienz passen, die wir derzeit in unserer Gesellschaft führen müssen. Jetzt das Nachtanken wieder einzuführen und die Formel 1 wieder zu einem Spritfresser-Sport zu machen, relativiert die gesamte Botschaft."
Das Nachtanken steht bei Williams aber nicht nur aus Marketing-Sicht in der Kritik. Technikchef Pat Symonds rechnet bei einer eventuellen Einführung mit langweiligen und berechenbaren Rennen. "Das Nachtanken verhindert spektakuläre Rennen", sagt der Brite. "Es macht sie berechenbar."
Warum Tankstopps keine Spannung bringen
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Williams-Technikchef Pat Symonds hat keine Freude mit den Tankstopps Zoom
Während die Teams derzeit in Hinblick auf die Boxenstrategie auf die Konkurrenz reagieren oder diese mit einem früheren Reifenwechsel herausfordern können, würden Tankstopps diese Spontanität verhindern. "Wir stimmen unsere Boxenstopps derzeit darauf ab, wie sich unsere Reifen verhalten, was nicht zwangsläufig unserem ursprünglichen Plan entspricht", erklärt Symonds.
"Wenn aber das Nachtanken erlaubt ist, dann tankt man so viel Sprit, dass man bis zur 24. Runde fahren kann - und dann stoppt man in Runde 24. Länger kann man natürlich nicht fahren. Und wenn man früher stoppt, dann ist der Nachteil zu groß."
Symonds fühlt sich auch durch die Vergangenheit bestätigt: "Es wäre ein großer Schritt zurück, denn die Rennen waren nach dem Tankverbot deutlich besser." Der Williams-Technikchef erhält Rückendeckung von Landsmann Johnny Herbert.
Herbert: Tankstopps "furchtbare Idee"
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Herbert vergleicht Tankstopps mit den von 1998 bis 2008 eingesetzten Rillenreifen Zoom
Er findet gegenüber 'Downforce Radio' sogar noch härtere Worte: "Es ist eine furchbare Idee, das Nachtanken wieder einzuführen, und es ist völlig verrückt, das es wieder am Plan ist." Der dreimalige Grand-Prix-Sieger vergleicht das Nachtanken mit den Rillenreifen: "Das war auch eine furchtbare Idee, und ich bin froh, dass wir wieder zu den Slicks zurückgekehrt sind. Das braucht keiner, dass die Regelmacher solche dummen Entscheidungen treffen." Laut Herbert sind seine ehemaligen Kollegen Damon Hill und Martin Brundle ebenfalls dieser Meinung.
Der Brite glaubt nicht, dass es so große Änderungen braucht, um die Formel 1 wieder attraktiv zu machen: "Ein, zwei kleine Anpassungen, und dann sollte das hoffentlich passen."
Die Tankstopps wurden in der Formel 1 1984 verboten, ehe sie 1994 wieder eingeführt wurden. 2010 wurden sie dann erneut verbannt. Die Daten besagen, dass nach dem Verbot vor fünf Jahren doppelt so oft auf der Strecke überholt wurde wie 2009, dem bislang letzten Jahr der Tankstopps. Man darf nun gespannt sein, welche Ergebnisse das Treffen der Strategiegruppe am 18. Januar haben wird, beim dem das Thema erneut auf den Tisch kommt.