Trendwende bei Vergne? "Habe Pech aus Körper verbannt"

Während Ricciardo in aller Munde ist, klebte Jean-Eric Vergne das Pech an den Fersen - Wieso ihm Kanada so viel Kraft gibt und wie er frohen Mutes blieb

(Motorsport-Total.com) - Jean-Eric Vergne erlebte im vergangenen Jahr eine der größten Charakterprüfungen seiner jungen Karriere. Der Franzose, der in den Red-Bull-Nachwuchsjahren stets auf Augenhöhe mit Daniel Ricciardo war, musste zunächst ansehen, wie sein Toro-Rosso-Teamkollege als Nachfolger von Mark Webber zum A-Team befördert wurde. Seitdem klebt ihm das Pech auf den Fersen und er konnte nur noch einen achten Platz in Australien einfahren - kaum ein Pilot hat so viel Pech wie der 24-Jährige, bei dem sich technische Defekte mit Schlampereien des Teams abwechselten.

Titel-Bild zur News: Jean-Eric Vergne

Vergne ließ sich vom Pech nicht beirren und behielt seine Zuversicht Zoom

In Montreal gelang ihm nun endlich ein weiterer achter Platz - war das nun die Trendwende? Gut möglich - denn Vergne wirkt wie ausgewechselt. "Das Wochenende in Kanada war gar nicht so besonders - es ist nur ausnahmsweise einmal nichts schiefgelaufen", atmet er durch. "Diesmal passte das Qualifying, der Start glückte, zwei gute Boxenstopps, ich habe auch keine Fehler gemacht und konnte das gesamte Rennen lang 100 Prozent pushen."

Abwehrschlacht in Montreal

Vor allem die Endphase des Rennens, als er unter enormem Druck stand, hat ihm viel Kraft gegeben: "Als ich sah, dass Magnussen so schnell näher kommt, da sagte mir mein Ingenieur, ich soll mehr Sprit sparen. Mir war klar, dass ich ihn niemals halten würde können. Ich stand also mit dem Rücken zur Wand. Ich musste etwas schaffen, dass mir noch nie gelungen ist."

Und es gelang ihm tatsächlich, den jungen Dänen im McLaren hinter sich zu halten. "Nach diesem Rennen habe ich viel mehr Selbstvertrauen - ich habe es geschafft und bin darüber wirklich glücklich", freut er sich. "Das wird sich langfristig im Ergebnis niederschlagen - es ist bereits ein bisschen gekommen, aber Kanada war nur ein kleiner Vorgeschmack", verspricht er.

Kein Neid auf Ricciardo

Wie er es geschafft hat, in der schwierigen Phase den Glauben an sich nicht zu verlieren? "Ich bin zu jedem Rennwochenende mit einem frischen Geist gekommen und habe neue Möglichkeiten für mich gesehen", gibt er Einblicke. "Daher habe ich nicht über all das Pech nachgedacht, dass ich hatte oder haben könnte. Ich habe diesbezüglich immer so positiv gedacht, dass das Pech wahrscheinlich aus meinem Körper verbannt wurde."

Daniel Ricciardo, Jean-Eric Vergne

Unterschiedlicher Karriereverlauf: Ricciardo und Vergne in Toro-Rosso-Zeiten Zoom

Dennoch war es für Vergne ein bittersüßer Etappensieg - es handelte sich um den Grand Prix, bei dem sein Ex-Teamkollege Daniel Ricciardo für Red Bull seinen ersten Sieg in der Formel 1 einfuhr. Doch der Toro-Rosso-Pilot zeigt keine Spur von Neid: "Er fährt jetzt bei Red Bull, weil er besser als ich war. Und warum war er besser? Weil er konstanter war, besser im Qualifying."

2014 hat sich Vergne im Qualifying aber deutlich gesteigert - er führt nun im Duell gegen seinen vielgelobten Teamkollegen Daniil Kwjat mit 5:2. "Ich habe mich diesbezüglich dieses Jahr massiv verbessert, und das sieht man", zeigt er sich mit seiner Qualifying-Leistung zufrieden. Wie ihm diesbezüglich der Durchbruch gelungen ist? "Eine Kombination von Dingen. Aus mentaler Sicht, die Vorbereitung... Das macht mich stärker."

Vergnes Toro Rosso übergewichtig

Details über seine mentalen Tricks will er aber nicht verraten: "Es sind keine Geheimnisse - es geht um Kleinigkeiten." Wie er sich nun im Vergleich mit Ricciardo einschätzt? "Ich würde nicht sagen, dass ich ein Rennen gewinnen kann, denn dazu bräuchte ich auch ein Auto, das dazu in der Lage ist", erklärt er. "Er ist jetzt ein Sieger, und das gibt mir das Selbstbewusstsein, dass ich, wenn ich eines Tages ein gutes Auto habe, auch um Siege kämpfen kann."

Im Gegensatz zu Red Bull kämpft Toro Rosso noch mit Gewichtsproblemen: "Wir sind immer noch übergewichtig. Wir kommen hin, aber es ist noch nicht perfekt." Sauber-Pilot Adrian Sutil befindet sich in einer ähnlichen Situation, hat sogar einige Tage lang gehungert, um den Nachteil auszugleichen. "Auch ich muss bei meinem Körpergewicht aufpassen", sagt Vergne. Hungern will er aber nicht: "Ich möchte gesund bleiben."