Toyota visiert vordere Punkteränge an
Im Interview erklärt Pascal Vasselon, wie sich Toyota auf die Saison vorbereitet hat und wohin die Reise des Teams gehen soll
(Motorsport-Total.com) - 2008 markiert das sechste Jahr des Engagements von Toyota in der Formel 1. Die ganz großen und immer wieder angekündigten Erfolge blieben bisher aus, in diesem Jahr will der Rennstall aber den Anschluss zur Spitze finden. Toyota-Technikchef Pascal Vasselon gibt im Interview einen Einblick in die Testarbeit des Teams und schaut voraus auf den anstehenden Grand Prix im australischen Melbourne.

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Mit diesem Auto möchte Toyota in Melbourne in die Punkte fahren
Frage: "Pascal, ist es möglich, anhand der Wintertests die Konkurrenzfähigkeit der Teams einzuschätzen?"
Pascal Vasselon: "Die Erfahrung zeigt, dass es nicht möglich ist, genaue Vorhersagen zu treffen. Basierend auf den Testzeiten waren in den letzten Jahren die meisten Leute recht überrascht, was die Reihenfolge in Melbourne anging."#w1#
"Dennoch kann man natürlich einen ersten Eindruck gewinnen, wo die verschiedenen Performance-Fenster der einzelnen Rennställe liegen. So bekommt man ein grobes Bild davon, welche Teams nah beieinander liegen werden. Alles Weitere ist schwierig einzuschätzen. Wenn man sich seine eigene Leistung näher betrachtet, versucht man natürlich auch, sich selbst irgendwo einzuordnen."
Neue Aerodynamik brachte Aufschwung
Frage: "Seid ihr optimistisch für den Grand Prix in Australien?"
Vasselon: "Ja, wir sind optimistisch. Besonders, weil die zweite Hälfte der Wintertests sehr gut lief. Seit den Tests in Bahrain hat sich das Fenster unserer Konkurrenzfähigkeit stetig erweitert. Das stimmt uns dementsprechend hoffnungsvoll und wir wollen nah an der Spitze mitfahren. Unsere Zeiten in Barcelona waren absolut wettbewerbsfähig und lieferten uns erstaunlich gute Hinweise darauf, wo wir leistungsmäßig stehen. Dennoch sind wir uns darüber im Klaren, dass das nur Tests waren und alles andere erst in Melbourne beginnt."
Frage: "Verliefen die Tests wie geplant?"
Vasselon: "Seit dem Rollout haben wir viele Fortschritte gemacht, was wir so auch erwartet haben. Wir hatten zu Beginn ein Basispaket und unser Ziel damit war es, den TF108 auf Herz und Nieren zu prüfen. Dieser Prozess dauerte an bis Bahrain. Dort beendeten wir die Setup-Arbeiten für das neue Auto um bei den anschließenden Tests die Aerodynamikspezifikationen für das erste Rennen auszuprobieren."
"Wir haben uns davon einen Sprung nach vorne erwartet und haben auch einen bedeutenden Schub erhalten. Deswegen konnte Jarno (Trulli; Anm. d. Red.) gute Resultate auf seinen ersten Runden erzielen und auch einige schnelle und konstante Longruns fahren. Jetzt müssen wir sicherstellen, dass dieses Moment anhält und nicht nur in Barcelona zum tragen kommt. Ansonsten würde es uns nicht wirklich helfen, außer für den spanischen Grand Prix natürlich. Wir müssen diesen Schwung mit nach Melbourne nehmen."
TF108 leichter zu händeln als sein Vorgänger
Frage: "Seid ihr aufgeregt, jetzt endlich wieder Rennen fahren zu können?"
Vasselon: "Selbstverständlich. Wenn du in diesem Business mit Leidenschaft dabei bist, dann musst du vor dem ersten Rennen unbedingt aufgeregt sein. Wir alle freuen uns auf Australien, das trifft natürlich hauptsächlich auf die Wintersaison zu. Denn auch wenn man sich bei den Testergebnissen nie richtig sicher sein kann, versucht man doch, Vorhersagen zu treffen. Und diese wiederum möchte man dann überprüfen - das ist wissenschaftliche Neugier!"
Frage: "Was sind die speziellen Merkmale der Strecke im Albert Park?"
Vasselon: "Generell kann man sagen, dass Melbourne schon eine sehr besondere Rennstrecke ist und nicht unbedingt einem durchschnittlichen Kurs entspricht. Das Hauptmerkmal des Albert Parks ist, dass er aus permanenten Streckenteilen und aus gewöhnlichen Straßenabschnitten besteht, weswegen die Strecke nicht zur Gruppe der üblichen Formel-1-Pisten gehört."
"Die Straßen sind sehr glatt, was wenig aufgewärmten und nur wenig Grip bietenden Reifen entgegen kommt. Damit müssen wir klar kommen um das Auto auszubalancieren. Das wissen wir über Melbourne und müssen uns dieser Aufgabe stellen."
Frage: "Die Fahrer haben angemerkt, dass sich der TF108 viel leichter abstimmen lässt als sein Vorgänger. Woran liegt das?"
Vasselon: "Der Hauptunterschied liegt darin, dass der TF108 ein viel stabileres Auto ist und das zieht alle aufgetretenen Konsequenzen nach sich. Das heißt, die Fahrer sind nicht mehr genervt und empfinden es als deutlich einfacher, selbst kleine Setupänderungen zu analysieren."
"Das kommt daher, dass sie in einem größeren Fenster operieren können - sie müssen nicht mit dem Auto kämpfen und es fällt ihnen leichter, das Verhalten des Wagens zu beschreiben. Wir haben auf allen vier seit dem Rollout besuchten Teststrecken die gleichen Resultate erzielen können, der Zuwachs an Stabilität ist also real. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um das Auto und das Setup weiterzuentwickeln und es ist auch leichter für die Fahrer, die richtige Entwicklungsrichtung bei den Einstellungen einzuschlagen."
Toyota will in die Punkte
Frage: "Wie gut ist das Team für das Rennen in Australien vorbereitet?"
Vasselon: "Aufgrund der guten Zuverlässigkeit des Autos vom Start weg konnten wir eine Menge Testrunden drehen. Das ging sogar soweit, dass wir genau aufpassen mussten, nicht zu viel zu fahren."
"Selbst wenn man die Getriebeprobleme beim letzten Test mit einrechnet - welche im Übrigen mittlerweile behoben sind und für das erste Rennen kein Hindernis mehr darstellen sollten - waren wir bislang sehr zuverlässig. Insgesamt sind wir sehr gut für Melbourne vorbereitet und haben sehr viel in verschiedenen Situationen und Bedingungen fahren können, sowie natürlich komplette Renndistanzen."
Frage: "Was sind eure Ziele für das erste Rennen?"
Vasselon: "Unser Ziel muss sein, in die Punkte zu fahren und um die Top-6-Platzierungen zu kämpfen. Basierend auf den uns zur Verfügung stehenden Informationen ist das eine realistische Zielsetzung."

