• 13.04.2007 22:19

  • von Britta Weddige

Tost: "Vor uns liegt viel Arbeit"

Der Teamchef von Toro Rosso über den Kundenchassisdisput, die Probleme von Toro Rosso und die Hoffnungen für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Euer Team wird in diesem Jahr von der Debatte über die Kundenautos ein wenig überschattet. Kann das auch ein Vorteil für euch sein, dass ihr dann im Hintergrund die Leistung des Teams verbessern könnt?"
Franz Tost: "Das hat mit der Leistung des Teams nichts zu tun. Die Diskussion über die Kundenautos gehört dazu, aber die Leistung ist eine andere Sache. Da sehe ich keine Zusammenhänge."

Titel-Bild zur News: Franz Tost (Teamchef)

Für Franz Tost liegt vor der Scuderia Toro Rosso eine gute Zukunft

Frage: "Aber macht es die Arbeit nicht einfacher, weil keiner das Team kritisiert, wenn es zu langsam ist, weil alle nur auf die Kundenautodebatte schauen?"
Tost: "Innerhalb des Teams wird der Druck dadurch nicht erhöht. Die Ingenieure, die Mechaniker, die Presse- und Marketingleute haben andere Aufgaben zu erledigen. Für sie besteht da kein Druck. Der Druck besteht darin, die Leistung zu verbessern - sowohl vom gesamten Team, als auch vom Auto."#w1#

Frage: "Wie groß waren die Schwierigkeiten für euch, weil das Auto recht spät kam?"
Tost: "Das Auto kam vielleicht einen Monat zu spät. Die Tests Ende Januar und Anfang Februar haben wir verpasst. Es ist ein neues Auto. Um das Auto zu verstehen, braucht es einfach etwas Zeit - mit Sicherheit die ersten drei Rennen. Hoffentlich sind wir dann in Barcelona gut vorbereitet."

Liuzzi und Speed "stark verbessert"

Frage: "Für die Jungs aus Faenza ist es dennoch ein großer Schritt in der Leistungsfähigkeit, wenn man es mit den Autos von Minardi vergleicht, die sie gewohnt waren."
Tost: "Ja, für sie ist ein schon ein Schritt, aber es ist nicht so, dass sie nicht gut genug wären, ein neues Auto vorzubereiten. Es geht nur darum, die Erfahrung zu bekommen, alles in einer angemessenen Zeit vorzubereiten. Das dauert bei allen Teams etwas Zeit. Wir haben einige gute Leute im Team, ansonsten hätten wir noch viel mehr Probleme gehabt."

Frage: "Haben sich eure Fahrer Vitantonio Liuzzi und Scott Speed verbessert?"
Tost: "Sie haben sich stark verbessert. Wenn ich ihre Aussagen bei den Tests oder nach den Qualifyings und Rennen höre, dann haben sie viel gelernt. Wir haben Vertrauen in die Fahrer. Tonio fuhr ein fantastisches Rennen, auch wenn er in der ersten Runde mit Sato kollidierte und den Flügel tauschen musste. Aber die Rundenzeiten, die er danach fuhr, waren sehr viel versprechend. Er hat eine sehr gute Leistung gezeigt. Scott hatte ein paar Probleme mit Untersteuern, aber wir haben auch mit der Strategie einen kleinen Fehler gemacht. Als Barrichello direkt vor ihm reinkam, verlor er einen Platz."

Frage: "Das Vorjahr war für euch ein Aufbaujahr, wie ist es in diesem Jahr?"
Tost: "Es geht weiter um den Aufbau, aber hoffentlich stabilisieren wir uns auch. Ein Formel-1-Team ist immer in einen Prozess der Umstellung eingebunden, man kann nie sagen, dass nun alles steht und alles von selbst läuft. Man muss sich immer verbessern und neue Ideen haben. Es gibt daher immer viel Arbeit."

Frage: "Ist die Klage, die Colin Kolles von Spyker wegen der Kundenautos eingereicht hat, eine Ablenkung?"
Tost: "Wir müssen dem natürlich Beachtung schenken. Das Ganze liegt nun beim Schiwdsgericht. Vor uns liegt viel Arbeit und auch etwas Ärger. So wollen wir Motorsport nicht betreiben. Wir würden das gerne auf der Strecke machen."

Tost vertraut auf Lösung durch Ecclestone

Frage: "Bernie Ecclestone bemüht sich nun auch, diese Situation schnell zum Abschluss zu bringen. Glaubst du, dass es eine Einigung vor dem Gerichtstermin geben kann?"
Tost: "Hoffentlich. Soweit ich von Kolles weiß, geht es ihm um das Geld. Meiner Meinung nach sollten zwölf Teams auch Geld bekommen, nicht nur zehn. Wenn Bernie mit einer Lösung kommt, wonach letztlich zwölf Teams Geld bekommen, dann ist das in Ordnung für uns. Wir sind froh, wenn wir nicht vor das Berufungsgericht müssen."

Frage: "Aber Frank Williams möchte zum Beispiel nicht, dass zwölf Teams Geld bekommen, es sollen nur zehn sein."
Tost: "Gut, wenn Frank das nicht will. Aber wer will was in der Formel 1? Eine schwierige Frage. Das ist ja nicht neu."

Frage: "Aber Bernie konnte bis jetzt immer eine Lösung finden, hofft ihr auch dieses Mal darauf?"
Tost: "Wir hoffen es, ja. Man weiß aber nie."

Frage: "Steht für die Verhandlung bereits ein Termin fest?"
Tost: "Nein. Vor zwei Wochen erhielten wir den Brief vom Schiedsgericht, dass Spyker das Schiedsverfahren eingereicht hat. Nun haben wir 30 Tage für die Antwort. Dann werden wir sehen."

Frage: "Ihr habt also Zeit, eure Verteidigung vorzubereiten?"
Tost: "Ja, wir können unsere Standpunkte darlegen."

Giorgio Ascanelli eine Bereicherung für Toro Rosso

Frage: "Giorgio Ascanelli stieß vor zwei Wochen zu euch. Was hat er in das Team mitbringen können und wie weit ist er bereits eingebunden?"
Tost: "Es ist ein neuer Geist. Giorgio ist für uns sehr wichtig, denn er ist ein erfahrener Formel-1-Techniker. Das Team wird von seiner Arbeit massiv profitieren, denn er weiß, was zu tun ist. Wir sind sehr froh, dass er dabei ist, er wird das Team technisch voranbringen, davon bin ich überzeugt."

Frage: "Habt ihr spezielle Gebiete, auf denen ihr euch verbessern müsst?"
Tost: "Er braucht noch zwei oder drei Grands Prix, um zu sehen, wie das Team operiert. Dann wird er einige Ideen haben, wie man das Setup verbessern kann. Dann geht es Schritt für Schritt voran. Mit dem Setup beginnt man, dann kommen andere Dinge, die man verbessern kann. Ich bin überzeugt, dass er da viele Ideen haben wird."

Frage: "Es gab bei euren Fahrern im Vorjahr ein paar Unstimmigkeiten, weil sie sich im Laufe des Jahres nicht sehr stark entwickelt haben. Glaubst du, dass sie nun die nötige Entschlossenheit zeigen, nachdem man sie im Winter hat zappeln lassen?"
Tost: "Ja. Beide Fahrer, besonders Tonio, sind wirklich entschlossen. Er hat uns einige Male in Faenza besucht, der ist positiv eingestellt und gibt alles. Unser im Problem im Vorjahr war aber, dass wir mit zwei jungen und unerfahrenen Fahrern begonnen haben. Und dazu noch mit einem unerfahrenen Team. Das war etwas zu viel. Normalerweise sollte man so ein Projekt mit mindestens einem sehr erfahrenen Piloten beginnen. Meiner Meinung nach braucht ein Fahrer mindestens drei Jahre, bis er die Formel 1 voll versteht. Das Fahren selbst ist dabei nicht das größte Problem, aber es geht um alles andere, die Arbeit mit den Ingenieuren und den Medien."

Frage: "Eine eurer angestammten Rollen war ja, dass ihr die jungen Fahrer von Red Bull aufnehmt. Könnte das nun für die Zukunft überdacht werden?"
Tost: "Ja, das hängt von den Fahrern ab, die nachrücken. Die Formel 1 ist sehr umkämpft, es gibt sechs aktive Hersteller. Man muss alles geben, um nicht Letzter zu werden. Wenn man dann zwei junge Fahrer hat, dann ist es einfach, ganz hinten zu landen. Aber das ist sicher nicht das Ziel, das Diedrich Mateschitz (Red-Bull-Chef; Anm. d. Red.) hat. Wenn wir einen erfahrenen Fahrer haben und ein junger Fahrer rückt nach, dann ist das kein Thema."

Gute Zukunft für Toro Rosso

Frage: "Bringt ihr euren Fahrern auch direkt bei, wie man ein richtiger Formel-1-Fahrer ist, oder beschränkt ihr euch auf die Arbeit im Cockpit?"
Tost: "Es ist immer schwierig, einem Fahrer das beizubringen. Die meisten Fahrer, die in die Formel 1 kommen, aber eine Rennerfahrung von mehr als zehn Jahren, je nachdem, wann sie im Kart angefangen haben."

Frage: "Wie lief bei dir eigentlich die Umstellung auf die Formel 1?"
Tost: "Es ist viel Arbeit, aber ich bin froh, das machen zu dürfen. Das Hauptproblem ist, die Leistung zu verbessern, und ein Teamchef kann nur dann gute Arbeit leisten, wenn das Team gute Ergebnisse bringt. Das sollte sein Hauptziel sein, daher liegt noch viel Arbeit von mir."

Frage: "Glaubst du, dass es in diesem Jahr noch einige Fortschritte geben wird?"
Tost: "Ich hoffe es. Ich bin überzeugt, dass wir in der zweiten Saisonhälfte, wenn wir das Auto verstehen, gute Ergebnisse einfahren können. Auch die Fahrer werden besser werden. Dann sehe ich für Toro Rosso auch eine gute Zukunft."

Frage: "Ist es so, dass weder ihr noch Red Bull bisher in der Lage gewesen seid, das volle Potenzial des neuen Autos abzurufen?"
Tost: "Bei Red Bull Technology haben sie gut gearbeitet, denn sie haben mit einem weißen Blatt Papier begonnen. Das Technikniveau ist in der Formel 1 fürchterlich hoch. Wir wollen auch dieses Niveau erreichen. Aber mit einem neuen Auto weiß man nichts."

Frage: "Die FIA hat am Donnerstag die Rückspiegel der Autos überprüft. Seid ihr mit eurer Lösung zufrieden? Sind Änderungen geplant?"
Tost: "Derzeit nicht, nein. Also hier in Bahrain auf keinen Fall und wohl auch nicht in Barcelona. Wenn die Fahrer die Spiegel aber weiter innen haben möchten, das sollte das kein Problem sein."