Todt: "Werden überall schnell sein"
Der Ferrari-Rennleiter über den Sieg in Magny-Cours, den Motorenvertrag mit Red Bull und die Diskussionen über die Motorenhomologierung
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ist es wichtig, dass Felipe Massa Michael Schumacher im Rennen hilft?"
Jean Todt: "Wenn wir zwei Autos haben, müssen wir auch mit zwei Autos punkten. Für uns ist es wichtig, dass so viele Autos wie möglich vor dem Fahrer liegen, der in der Meisterschaft führt, wenn Michael an der Spitze ist."

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Jean Todt blickt zuversichtlich auf die weiteren Saisonrennen
Frage: "Das Rennen heute habt ihr dominiert, aber Felipe kam nicht vor Alonso ins Ziel. Denkst du, dass er heute besser hätte abschneiden können?"
Todt: "Ich denke, die Frage könnte besser sein. Felipe leistet tolle Arbeit. Wir hatten einfach eine andere Strategie. Er war weniger als eine Zehntelsekunde hinter Michael in der Startaufstellung und wir waren auf einer Drei-Stopp-Strategie unterwegs. Unser Hauptkonkurrent war auf zwei Stopps und Felipe geriet in Verkehr. Unsere Strategie war für ihn nicht die beste."#w1#
Todt leidet mit Toyota
Frage: "Michael bedankte sich beim Team für die Leistung gestern, dass sie es schafften, beide Autos für das Qualifying wieder herzurichten. Wie knapp war es denn zeitlich?"
Todt: "Michael ist ein toller Teamspieler, er möchte nie die gesamte Ehre für sich, er mag sein Team. Er mag es auch, das Team zu ermutigen und es zu belohnen. Daher liebt ihn auch das Team so sehr. Wir hatten gestern ein Problem im 3. Freien Training und es war eng, das Auto wieder in den besten Zustand zu bringen. Wir wussten, dass wir wenig Zeit dazu hatten, aber die Jungs haben fantastisch gearbeitet. Aber es war eng, bei Felipe war es noch enger. Felipes Auto wurde erst nach Michaels Wagen fertig."
Frage: "Viele Leute, auch einige bei Ferrari, haben Indianapolis als einmaliges Erfolgserlebnis gewertet. Aber ihr seid nach Magny-Cours, der Heimstrecke von Michelin, gekommen, und viele dachten hier an eine Michelin-Dominanz."
Todt: "Wir wussten, dass es keinen Grund gibt, warum wir hier nicht konkurrenzfähig sein sollten. Es ist das Heimatland des Führenden in der Herstellerwertung (Renault; Anm. d. Red.), auch das ihres Reifenlieferanten, aber ich würde sagen, dass es ja auch mein Heimatland ist. Es gibt keine Tests in Magny-Cours und wir hatten gute Reifen, nicht nur Ferrari."
"Man konnte sehen, dass Toyota sehr stark war, das gesamte Wochenende über. Leider, für uns und für sie, hatten sie Zuverlässigkeitsprobleme und konnten nicht so viele Punkte einfahren, wie wir es uns gewünscht hätten. Für uns ist es ja in der Meisterschaft sehr wichtig, dass einige Autos zwischen uns liegen. Unsere Gegner sind auch sehr stark, sie leisten gute Arbeit. Es liegt an uns. Wenn wir die Meisterschaft gewinnen wollen, dann müssen wir uns das verdienen und die bestmögliche Arbeit abliefern."
Frage: "Demnächst steht die Testpause im Sommer an, werden daher die nächsten Rennen eine besonders wichtige Rolle spielen? Wenn ihr auch in Hockenheim schnell seid, könnt ihr dann den Schwung auch weiter mitnehmen?"
Todt: "Ich denke, dass wir nicht nur in Hockenheim schnell sein werden. Wir werden überall schnell sein. Vielleicht trifft jemand bei einem Rennen eine völlig falsche Reifenwahl. Man kann ja zwei Reifentypen zu einem Rennen bringen, das bedeutet auch, dass man vielleicht nicht die richtigen Reifen für das Rennen hat. Man kann die falschen Reifen wählen, man muss also zusammen mit der Reifenfirma den bestmöglichen Job machen. Aber ansonsten werden wir stark sein, aber auch sie (Renault; Anm. d. Red.) werden stark sein, es wird immer etwas anders sein."
Frage: "Das Rennen in der Türkei war im Vorjahr fast ein Albtraum für Bridgestone. Glaubst du, dass ihr in diesem Jahr dort konkurrenzfähig seid?"
Todt: "Wir müssen abwarten, bis wir in die Türkei gehen. Außerdem wurden in diesem Jahr die Reifenregeln geändert. Wir werden es sehen."
Reifenwahl war kein Glücksspiel
Frage: "Michael und Felipe haben erklärt, dass es einige Sorgen um die Konstanz der Reifen gab. Wie groß war das Risiko heute, denn ihr hattet wohl die weichen Reifen, während die anderen Bridgestone-Teams die harte Mischung wählten."
Todt: "Es war kein Glückspiel. Wir wissen sehr gut, dass die sich entwickelnde Strecke Vorteile bietet und das Körnen reduziert, das ist der schwächste Punkt bei weichen Reifen. Bridgestone hat den Teams unterschiedliche Reifen gegeben, die sehr gut waren. Unsere Reifen waren auch sehr gut, aber auch die von Toyota, auch wenn sie anders waren."
Frage: "Aber warum gab es denn Sorgen? Lag es einfach nur daran, dass ihr im Training nicht genug fahren konntet?"
Todt: "Wir waren besorgt, weil es immer offene Fragen gibt, da wir nicht so viele Runden unter richtigen Rennbedingungen fahren konnten. Das könnte dazu führen, dass die Reifen anders abbauen als erwartet. Hier lief es aber so, wie wir es erwartet hatten."
Frage: "Michael sagte auch, dass Indianapolis nicht als Bezugspunkt dienen kann, wohl aber dieses Rennen. Das zeigt, dass ihr Boden gutgemacht habt. Kannst du etwas näher erläutern, was diese Referenz bezüglich eurer eigenen Leistung bedeutet?"
Todt: "Wir haben eine gute Leistung gezeigt. In Silverstone (gemeint ist wohl Indianapolis; Anm. d. Red.) war der Abstand vielleicht nicht repräsentativ, denn wir dominierten stark. Hier ging es viel enger zu."
Ferrari möchte keinen Toro-Rosso-Deal
Frage: "Ferrari hat einen Zwei-Jahres-Vertrag mit Red Bull. Würdet ihr es akzeptieren, wenn die Ferrari-Motoren in einem Auto von Toro Rosso stecken würden? Wäre das für Ferrari akzeptabel?"
Todt: "Nein. Wenn wir einen Vertrag haben, dann halten wir diesen im Normalfall auch ein, wir fordern also alle auf, das ebenso zu halten. Wenn es keinen Beweis gibt, der unsere Position ändern würde - und den sehe ich momentan nicht -, werden wir unseren Vertrag auch erfüllen und Motoren im nächsten Jahr an sie liefern. Es sei denn, wie wollen den Motor nicht, aber davon weiß ich nichts."
Frage: "Haben sie euch gefragt, ob sie den Vertrag weiterreichen können?"
Todt: "Ich habe davon gehört."
Frage: "Aber haben sie mit euch darüber gesprochen?"
Todt: "Ja."
Frage: "Haben sie angefragt, die Sachlage zu ändern?"
Todt: "Ob sie mit mir darüber gesprochen haben? Wir haben das zumindest diskutiert und derzeit würden wir ihren Wunsch nicht erfüllen, aber der Wunsch ist auch noch nicht bestätigt. Red Bull ist ein großes Unternehmen mit vielen Leuten, die darin eingebunden sind. Die Leute, die mit diesem Vertrag zu tun haben, scheinen zufrieden damit zu sein."
Frage: "Mit der Leistung von Felipe scheint ihr ja zufrieden sein. Wird er sich auch für die nächste Saison einen Vertrag sichern können?"
Todt: "Vielleicht erhalten ja nicht alle die Informationen von Ferrari, aber wir werden unsere Fahrer in Monza beim Italien-Grand-prix bekannt geben."
24 weitere Stunden für die GPMA?
Frage: "Um 16 Uhr lief an diesem Rennsonntag die Frist für ein Abkommen der Motorenregeln aus, ein Abkommen gab es nicht. Glaubst du, dass es nun ab 2008 zu einer vollen Homologierung der Motoren kommen wird?"
Todt: "Ich kann dazu nur Folgendes kommentieren: Wir wurden in kein Statement bezüglich der Motoren an diesem Wochenende einbezogen. Ich erklärte ja schon in Indianapolis, dass wir uns einstimmig auf ein Abkommen geeinigt hatten, von dem ich dachte, es ginge in die richtige Richtung, damit alle unterschreiben. Ich habe im Namen von Ferrari ein Dokument unterzeichnet."
"Ich denke, ich war der Erste, der ein Dokument unterschrieben hat, das beim Treffen in Indianapolis diskutiert wurde. Das wurde aber nicht in die schriftliche Variante aufgenommen. Das haben wir geklärt und ich unterschrieb, danach habe ich nie wieder etwas von diesem Papier gehört. Ich weiß, dass es einige Treffen gab, aber ich dachte, dass ein Erscheinen bei diesen Treffen nicht nötig sei, denn ich hatte ja unterschrieben."
"In die Diskussionen der GPMA über die Unterstützung von Privatteams war weder ich noch Ferrari eingebunden. So weit ich weiß, wurde kein Abkommen erreicht. Wenn wir die endgültige Entscheidung um 24 Stunden verschieben würden, dann wäre ich bereit, das zu akzeptieren. Da stehen wir momentan."
Frage: "Aber ihr müsst ja damit auch über die Motorenentwicklung für das nächste Jahr entscheiden."
Todt: "Daher würden 24 weitere Stunden auch nichts ausmachen. Ansonsten würde es ab 2008 die eingefrorenen Motoren geben, vielleicht auch eher, das hängt von der Technischen Arbeitsgruppe und der FIA ab."
Frage: "Mehr als 24 Stunden würdet ihr nicht benötigen?"
Todt: "Normalerweise ist es so, dass man einen Deal, den man aushandelt, auch respektiert. Das erscheint in der Formel 1 zuweilen etwas seltsam, aber ich versuche mich daran zu halten."
Frage: "Es wurde in dieser Saison darüber geredet, dass Ferrari ein Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung einsetzen möchte. Ist das weiterhin geplant?"
Todt: "Wir versuchen so viel Zeit wie möglich zu finden, aber ich werde nicht ins Detail gehen, wie wir das machen."

