• 05.10.2007 17:04

Todt: "Spiele nicht in derselben Liga wie Herr Stepney"

Der Ferrari-Rennleiter schenkt dem Brief von Nigel Stepney keine Aufmerksamkeit, möchte 2007 schnell abhaken und ärgert sich über die Vorgänge in Fuji

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Zunächst ganz allgemein, was denkst du über den Japan-Grand-Prix vor knapp einer Woche?"
Jean Todt: "Mit der Art und Weise, wie uns die Information übermittelt wurde, auf welchen Reifen wir zu starten haben, sind wir völlig unzufrieden. Wir haben entschieden - ob das nun richtig war oder nicht -, die Intermediates zu nehmen. Nach zwei oder drei Runden mussten wir dann unsere Reifen wechseln und von der zweiten in die letzte Reihe gehen. Ich finde es unangebracht, ein Rennen zu starten, wenn man dann 19 von 67 Runden hinter dem Safety Car hängt. Es war richtig, hinter dem Safety Car zu starten, aber ich verstehe nicht, warum man 30 Prozent des Rennens dahinter fahren muss. Zwei, drei oder vier Runden verstehe ich ja noch, aber nicht 19. Das Rennen hätte verschoben werden müssen."

Titel-Bild zur News: Jean Todt (Teamchef)

Jean Todt möchte das "aufregende Jahr" 2007 schnellstmöglich abhaken

Frage: "Kimi Räikkönen hat noch geringe Chancen auf den WM-Titel, nicht aber Felipe Massa. Warum glaubst du ist er bereits aus dem Rennen."
Todt: "Das liegt hauptsächlich an Zuverlässigkeitsproblemen. Unsere Fahrer haben keine Fehler gemacht, aber als Team haben wir es nicht perfekt geschafft, damit sie alle Rennen beenden können. Wenn man in einer Meisterschaft bestehen möchte, dann muss man schnell sein und durchkommen. Felipe hatte einige Probleme mit der Zuverlässigkeit, aber auch Kimi. Von der Leistung ehr lagen sie eng beieinander, wir sind mit beiden zufrieden."#w1#

Frage: "Hast du dir jemals vorstellen können, dass ein Neuling um die Weltmeisterschaft kämpfen kann, so wie dies Lewis Hamilton tut?"
Todt: "Normalerweise fährt ein talentierter Fahrer im ersten Jahr in der Formel 1 auch nicht für ein Team, mit dem er gewinnen kann. Aber diese Gelegenheit gab es für ihn und die hat er gut genutzt. Wir können dem, was er in diesem Jahr erreicht hat, nur Respekt und Bewunderung entgegenbringen."

Frage: "Der Wetterbericht für den Sonntag ist nicht allzu gut, wenn die Bedingungen mehr oder weniger dieselben sein werden wie in Japan, würdet du es als weise empfinden, das Rennen wieder zu starten?"
Todt: "Unseren Informationen nach beträgt die Regenwahrscheinlichkeit am Sonntag 70 Prozent. Wir sollten Rennen richtig angehen, sie sollen eine gute Show bieten. Dafür müssen zum richtigen Zeitpunkt aber die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Das ist nicht einfach, aber wir hoffen, dass das passieren wird."

Frage: "Es gibt Gerüchte, Ross Brawn könnte im nächsten Jahr zu Ferrari zurückkehren. Wie gut stehen die Chancen dazu?"
Todt: "Ross hat im vorigen Jahr entschieden, eine Auszeit zu nehmen. Das hat er gemacht und wir haben vereinbart, dass wir uns um den jetzigen Zeitpunkt herum unterhalten, ob er für Ferrari etwas machen kann. So ist der Stand auch jetzt, wir diskutieren noch."

Frage: "Wie ist das Verhältnis zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari? Wird es zwischen den beiden Teams wieder Frieden geben?"
Todt: "Die Situation war angespannt. Das war nicht nötig, aber es ist passiert. Wir machen einfach weiter mit unseren Dingen. Aber die Situation ist natürlich nicht schön. Wenn diese Saison vorbei ist, können wir uns aber endlich auf die nächste konzentrieren."

Frage: "Es wurde ein Brief von Nigel Stepney veröffentlicht, den er an FIA-Präsident Max Mosley, an dich und an McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis geschickt hat. Dort schrieb er, dass er sich zu Beginn des Jahres mit einigen Ferrari-Ingenieuren darüber unterhalten hat, dass der Unterboden des Ferrari nicht dem Reglement entspricht. Welche Antwort kannst du darauf geben?"
Todt: "Ich spiele nicht in derselben Liga wie Herr Stepney. Herr Stepney hat in einer sehr unangebrachten Art und Weise gehandelt und in Italien ist noch die Strafsache gegen ihn anhängig. Ich lese oft in Berichten, dass seinen Aussagen eine Glaubwürdigkeit geschenkt wird. Ich würde ihm diese Glaubwürdigkeit nicht geben. Wenn jemand Puder in den Benzintank schüttet, dann sollte man einem Brief, den er schreibt, auch keine Beachtung schenken. Seine Einstellung hat großen Schaden angerichtet."

Frage: "Bei McLaren soll ein neues System verhindern, dass Informationen unbemerkt das Team verlassen oder hineinkommen. Entsteht bei euch auch so etwas?"
Todt: "Eine völlige Kontrolle wird es leider nicht geben. Heute habe ich mich im Büro hier gefragt, ob nicht vielleicht Mikrofone irgendwo versteckt sein könnten. Man kann einen Abwehrplan haben. Die Formel 1 ist ein Wettbewerb, aber man benötigt Leute, die auch verantwortungsvoll genug sind. Jeder hat seinen eigenen Computer, sein eigenes Handy. Wenn man Zugriff auf die Informationen hat und es wirklich machen möchte, dann kann man das nicht verhindern. Wir suchen überall nach Verbesserungen, aber diese fallen nur klein aus. Das ist unsere tägliche Herausforderung, aber wir waren gut organisiert. Wir werden versuchen, noch besser organisiert zu sein. Aber wenn jemand etwas tun will, was er nicht darf, dann kann er das auch."

Frage: "McLaren-Mercedes kann am Sonntag den Fahrertitel holen, ihr habt den Konstrukteurstitel bereits. Welcher Titel ist in Anbetracht der Vorfälle der 'sauberere'?"
Todt: "Es war für uns wichtig, dass der Weltmotorsportrat diese Entscheidung getroffen hat. Wir respektieren das, daher ist es auch nicht angebracht, zu entscheiden oder einzuschätzen, welcher Titel nun sauber ist und welcher nicht. Das Ergebnis wird von den Leistungen der Teams bestimmt."

Frage: "Es gibt viele Reaktionen von Fans, die sich beschweren, weil der Radsport und andere Sportarten wegen Dopings und so weiter schwer verurteilt werden, aber in der Formel 1 gibt es Spionage und Skandale und Strafen. Was entgegnest du solchen Leuten?"
Todt: "Es war sicher ein aufregendes Jahr, in dem viel passierte - ich meinen Augen zu viel. Es ist wichtig, dass wir daraus lernen, um 2008 eine gute und faire Meisterschaft zu haben. Es ist schwierig, alle glücklich zu machen."

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