• 30.07.2006 21:15

Todt: "Sind glücklich über dieses Resultat"

Ferrari-Teamchef Jean Todt über den Sieg in Hockenheim, seine Präferenz für Kimi Räikkönen sowie die sportliche Zukunft von Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jean, das war ein erfolgreicher Tag für Ferrari, nicht wahr?"
Jean Todt: "Wir sind glücklich über dieses Resultat. Wir waren hier von Anfang an konkurrenzfähig - und wenn man so erfolgreich ist, bedeutet das, dass alles gut funktioniert hat: Zuverlässigkeit, Reifen. Bridgestone hat einen großartigen Job gemacht und unterm Strich kann es von außen manchmal ziemlich einfach aussehen, wenn man ein Rennen so dominiert. Gleichzeitig waren wir aber sehr nervös, dass etwas schief gehen könnte, denn wir wussten, dass wir die zwei schnellsten Autos auf der Strecke hatten. Jetzt können wir an beide Meisterschaften denken. Daran werden wir in den letzten sechs Rennen arbeiten, beginnend schon nächste Woche."

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Jean Todt würde 2007 am liebsten mit Schumacher/Räikkönen fahren

Frage: "Fernando Alonso muss euch jetzt auch schlagen, zweite Plätze allein reichen ihm nicht mehr. Ist das ein psychologischer Vorteil?"
Todt: "Wir müssen ihn immer noch schlagen, denn er ist elf Punkte vor uns. Es gibt Rennen, in denen es aus verschiedenen Gründen nicht läuft. Sie liegen in der Punktewertung seit Saisonbeginn vor uns, also sind sie noch besser."#w1#

Todt will Renault erst überholen

Frage: "Das nächste Rennen findet schon in sieben Tagen statt und danach folgt das Testverbot. Ist das eine Wende in der Weltmeisterschaft?"
Todt: "Nein. Für mich ist der Wendepunkt erst dann da, wenn wir vor Renault liegen. Im Moment sind wir noch hinten."

"Wir hoffen, um beide Weltmeisterschaften kämpfen zu können." Jean Todt

Frage: "Die Autos können aber nicht groß verändert werden. Stimmt dich das zuversichtlich?"
Todt: "Wir hoffen, um beide Weltmeisterschaften kämpfen zu können."

Frage: "Funktioniert euer Auto mit den Reifen jetzt besser oder sind die Reifen an sich einfach besser geworden?"
Todt: "Alles wird besser. Wir haben das Auto verbessert und Bridgestone hat mit den Reifen großartige Arbeit geleistet. Wir verstehen jetzt vielleicht eher, wie wir die Reifen richtig auswählen müssen, damit sie optimal zu unserem Auto passen. Wir leiden darunter nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit, als wir im Qualifying guten Grip hatten. In den vergangenen Rennen waren wir auch am Sonntag konkurrenzfähig."

Frage: "Ist das möglich, weil ihr das Auto jetzt besser versteht und dadurch auch indirekt die Reifen besser einschätzen könnt?"
Todt: "Bridgestone hat einen guten Fortschritt gemacht. Heute waren die fünf schnellsten Rennrunden von Bridgestone - mit Ausnahme von Räikkönen."

Frage: "Überrascht dich der Abstand zwischen Ferrari und Renault?"
Todt: "Bei diesem Rennen ja, aber dieses Rennen ist nicht repräsentativ für die restlichen Strecken, die noch kommen. Es ist nur ein Rennen. Vielleicht lagen sie mit der Reifenwahl dagegen. Ich weiß es nicht, aber man muss Renault schon auf der Rechnung haben. Da muss man mit voreiligen Schlüssen vorsichtig sein."

Frage: "Kann so etwas jedem Team passieren, auch euch?"
Todt: "Das ist uns schon passiert, hast du das etwa vergessen? Ich bin erstaunt, wie schlecht das Gedächtnis mancher Journalisten ist. Vielleicht kann man dann leichter Geschichten schreiben, aber ich habe kein kurzes Gedächtnis. Wir lagen schon oft daneben und haben immer gesagt, dass das ganz normal ist."

Frage: "In Australien war eure Reifenwahl zum Beispiel schlecht. Dafür muss es doch Gründe geben, oder?"
Todt: "Also haben wir dafür bezahlt. Wir haben uns verbessert, weil wir einen guten Job machen und die Situation sorgfältig analysieren."

Frage: "Glaubst du, dass das Verbot der Schwingungstilger an diesem Wochenende Auswirkungen hatte?"
Todt: "Ich weiß nicht wie sehr. Wenn man etwas ans Auto schraubt, dann nur, weil man sich davon eine Verbesserung verspricht. Wie groß diese in Prozent ist? Sicher nicht eine Sekunde, aber ich kann das nicht genau einschätzen."

Todt relativiert Kommentar über Räikkönen

Frage: "In der Pressemitteilung nach dem Rennen hast du sehr warmherzig über Kimi Räikkönen gesprochen..."
Todt: "Nein. Ich habe einen allgemeinen Kommentar abgegeben. Ich habe gesagt, dass heute meine drei Lieblingsfahrer auf dem Podium waren, was stimmt und nichts Neues ist. Es wird nur als neu verkauft, weil spekuliert wird, wer für uns fahren könnte. Vor zwei Jahren habe ich schon das Gleiche gesagt, als ich gefragt wurde, wer mir von den jungen Fahrern am liebsten ist. Ich habe immer Räikkönen genannt, Schumacher, Massa. Ich stehe Felipe sehr nahe, er macht einen guten Job. Wir haben ihn schon seit fünf oder sechs Jahren unter Vertrag. Das mit Kimi trägt keine andere Message in sich."

"Rubens wäre vielleicht meine Nummer vier!" Jean Todt

Frage: "Rubens Barrichello wird über deine Aussage nicht sehr glücklich sein."
Todt: "Das ist doch nicht die Frage. Rubens wäre vielleicht meine Nummer vier! Auch wenn ich es hasse, Klassifikationen aufzustellen, sind die drei genannten Fahrer meine Favoriten - und Rubens gehört auch dazu."

Frage: "Warum gehört Kimi Räikkönen zu deinen Favoriten?"
Todt: "Warum? Weil er zu den drei besten Fahrern der Welt gehört. Die drei besten Fahrer - auch wenn ich es hasse, so etwas zu sagen - sind meiner Meinung nach Michael, Alonso und Kimi - wenn sie das richtige Auto haben. Wenn nicht, dann können sie keine Leistung bringen. Dann gibt es noch ein paar andere Fahrer, die nicht auf dem gleichen Niveau sind. Dazu zählt auch Felipe. Zweitens mag ich an Kimi, dass er ein normaler Junge ist, niemals nach Entschuldigungen sucht, sich nie beschwert. Mir gefällt sein Stil. Das ist alles. Außerdem war ich früher Co-Pilot bei einem finnischen Rallyefahrer. Seither mag ich ihren Stil."

Frage: "Das klingt so, als hättest du schon Zeit mit Kimi Räikkönen verbracht..."
Todt: "Mit Finnen, ja. Mit Kimi nicht."

Frage: "Wie bekommst du dann so einen Eindruck von ihm?"
Todt: "Ich lese seine Reaktionen. Wenn ein Junge bis in die letzte Kurve führt und dann ausfällt, würden viele andere schlechter reagieren als er. Er sucht nie nach irgendwelchen Ausreden. Da ist er Michael sehr ähnlich."

Frage: "Wie beurteilst du Felipe Massa genau?"
Todt: "Er hat in all den Jahren große Fortschritte gemacht. Heute war er sehr stark, wie schon so oft. Er hat jetzt mehr Selbstvertrauen, denn er fährt ein gutes Auto, das Team unterstützt ihn - aber er muss auf die gesamte Saison gesehen noch konstanter werden. Die Anlagen sind aber da. Er ist sehr talentiert, aber es muss noch ein bisschen mehr kommen."

Massas Siegeshunger ein gutes Zeichen

Frage: "Er wirkte heute ein bisschen frustriert über den zweiten Platz. Das ist normal für einen Rennfahrer, nicht wahr?"
Todt: "Klar, er würde lieber gewinnen. Er hat noch nie ein Rennen gewonnen, aber er ist ein professioneller Fahrer und er verhält sich sehr professionell. Gibt es einen Fahrer, der nicht gerne gewinnen möchte? Felipe kennt jedoch die Situation, weiß, dass er uns so viele Punkte wie möglich bringen soll, um uns in beiden Meisterschaften zu unterstützen."

"Ob ich mir Sorgen mache? Nein! Punkt." Jean Todt

Frage: "Kann es passieren, dass Ferrari nächstes Jahr keinen der drei besten Rennfahrer der Welt unter Vertrag haben wird?"
Todt: "Nein. Ob ich mir Sorgen mache? Nein! Punkt. Ich werde dazu nichts sagen, denn dann kommen die Fragen nach den Namen. Die Namen werden in Monza nach dem Rennen bekannt gegeben."

Frage: "Willi Weber sagt, dass Michael Schumacher mit einem achten WM-Titel in der Tasche abtreten sollte. Teilst du diese Ansicht?"
Todt: "Michael liebt das Rennfahren. Er zeigt jedes Wochenende, wie gut er ist. Er ist ein sehr kluger Mann, daher sollte er lieber auf sein Herz hören als auf seinen Manager oder seinen Teamchef. Er weiß, dass er so lange Ferrari fahren kann wie er will. Wir sind sehr happy, aber ich hoffe, dass er weitermachen wird. Wenn er das nicht will, müssen wir das respektieren. Das war heute sein 89. Sieg, sein 70. mit Ferrari, er ist siebenfacher Weltmeister. Er muss nur noch fahren, wenn er es will."

Frage: "Wirst du in den nächsten Jahren im Team bleiben?"
Todt: "Das werden wir nach Saisonende bekannt geben. In Monza verraten wir die Fahrer und nach dem letzten Rennen die anderen Personalien."

Frage: "Gibt es für dich in der Formel 1 noch etwas zu erreichen?"
Todt: "Wir haben über Michael geredet. Ich liebe diese Jungs, sie sind großartig - die Atmosphäre ist einzigartig. Man kann das sehen, das muss man gar nicht sagen. Als ich vor 13 Jahren Peugeot verlassen habe, war es die gleiche Atmosphäre. Das fiel mir sehr schwer. Ich muss sagen, dass wir in all den Jahren eine fantastische Gruppe aufgebaut haben, in der es keine Genies gibt, sondern nur Leute mit Einsatzbereitschaft. Ich bin da oft ein gutes Beispiel, was ich sehr mag."

Frage: "Was deine Zukunft betrifft: Michael Schumacher möchte bestimmt wissen, ob du weitermachst, nicht wahr?"
Todt: "Das ist ein guter Punkt. Wir werden intern natürlich etwas bekannt geben. Ich werde mit Michael sprechen, damit er sich ein genaues Bild machen kann."