Todt: "Es gibt keinen Streit im Team"
Ferraris Rennleiter über die Meinungsverschiedenheit zwischen Schumacher und Barrichello, Bridgestone und Ferraris Probleme
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Heute war es hier am Nürburgring ungewöhnlich warm? Hast du solche hohen Temperaturen erwartet?"
Jean Todt: "Wenn man mich vor zwei Wochen gefragt hätte, dann hätten wir diese Temperaturen nicht erwartet, aber seit Beginn der Woche wussten wir das. Morgen wird es wahrscheinlich ähnlich sein, am Sonntag dann etwas kühler mit einem Regenrisiko von 20 Prozent. So ist unser jetziger Stand. Das kann sich natürlich noch ändern."

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Ferrari-Rennleiter Jean Todt: Keine Stimmungsprobleme bei Ferrari
Frage: "Das Qualifying wurde auf nur einen Durchgang am Samstag reduziert. Du hast bereits erklärt, dass dies ein Vorteil für Ferrari sein könnte. Besteht diese Einschätzung noch?"
Todt: "Ich habe nicht gesagt, dass sie uns entgegenkommt, ich sagte nur, sie sei kein Nachteil. Man kann das sahen, wie man möchte. Ich kann nur bestätigen, dass wir schon seit Saisonbeginn und sogar schon seit dem Vorjahr wissen, dass das Qualifying unsere Schwachstelle ist. In diesem Jahr ist es etwas deutlicher, und es gab zwei Qualifyings, daher sollte die Neuregelung gegen uns arbeiten."#w1#
Frage: "Worin liegen die Hauptursachen für die momentane Formschwäche Ferraris?"
Todt: "Wie gesagt, wir haben hauptsächlich im Qualifying ein Problem. Zudem haben wir nicht unseren Zuverlässigkeitsstandard behalten, wir hatten einige Probleme. Die neuen Regeln für die Reifen, die Qualifying und Rennen durchstehen müssen, haben wir nach der Verabschiedung wohl nicht so gut interpretiert wie unsere Konkurrenten. Und bei Rubens mussten wir einmal den Motor wechseln, wodurch er von hinten starten musste, was auch ein Nachteil ist."
"Aber die Regeln sind für alle gleich, also beschweren wir uns nicht, es liegt an uns, besser abzuschneiden. Auf der ersten Runde sind wir aber zu langsam, im Rennen sind wir dann schneller, manchmal sogar schneller als alle anderen. Aber wenn ein Auto vor einem ist, dann ist es wie eine Wand. Überholen ist schwierig, selbst wenn man drei oder vier Sekunden schneller ist. Wenn man also von hinten starten, dann wird es im Rennen schwierig."
"Es ist nur eine sehr, sehr kleine Meinungsverschiedenheit"
Frage: "Zwischen Michael Schumacher und Rubens Barrichello gab es nach Monaco eine Meinungsverschiedenheit über ein Überholmanöver von Schumacher. Ist das ausgestanden? Und hat sich etwas verändert?"
Todt: "Ich kann ja verstehen, dass man da Schlagzeilen herauszieht, aber für mich ist das kein Problem. Es ist nur eine sehr, sehr kleine Meinungsverschiedenheit, die nur die Medien glücklich macht, aber mich kümmert das wenig. Zumindest werden sie sehr motiviert sein, was gut ist. Es gab in den vergangenen Jahren viele Gerüchte über eine Stallregie. Ich wusste, dass ich das gefragt werde, also möchte ich da auch genau sein. In sechs Jahren setzten wir sie im Sinne der Meisterschaft zweimal ein, 2001 und 2002."
"Wenn wir darüber reden, dann wird der Eindruck erweckt, als ob wir das bei jedem Rennen machen würden, aber es passierte nur zweimal in sechs Jahren. Ich würde da also keine große Sache draus machen. Aber ich verstehe auch Rubens, er war enttäuscht, und ich verstehe Michael, dass er ein Auto überholte, das vor ihm lag. Ich sage nicht, dass man das machen sollte oder nicht, es gehört zum Rennsport. Wichtig ist nur, dass sie die Arbeit des Teams nicht stören, indem sie sich gegenseitig in die Autos fahren. Das ist nicht passiert, also kann ich dazu auch nicht mehr sagen."
Frage: "Einige Fahrer hier nehmen die Fans mit auf eine Runde um den Nürburgring. Warum sind die Ferrari-Fahrer nicht involviert?"
Todt: "Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich weiß, dass es einige Pläne mit den Organisatoren gab, und wir haben einigen Sachen auch zugestimmt. Aber ich kam erst gestern Abend an, ich weiß also nicht, was passiert ist. Ich werde Informationen einholen und auch sicherstellen, dass Luca Collajanni (Ferraris Pressechef; d. Red.) nicht böse bei der Beantwortung ist. Ich werde etwa eine Stunde brauchen, dann könnt ihr ihn fragen."
Harmonie zwischen Schumacher und Barrichello noch gegeben
Frage: "Noch einmal zurück zu Schumacher und Barrichello. Du sagtest, es sei egal, so lange die beiden das Team nicht beeinträchtigen. Aber die Arbeitsbeziehung zwischen den beiden scheint erledigt - zumindest steht es so in den italienischen Medien. Wenn dem so ist, wie kann man sicherstellen, dass dies nicht die Arbeit des Teams stört?"
Todt: "Wenn man einen Fahrer fragt, dann ist es immer sehr emotional. Ich habe meine Karriere neben Fahrern begonnen, als Co-Pilot bei Rallyes, und es sind sehr viele Emotionen in Spiel. Manchmal kann man sie nicht kontrollieren, was einfach menschlich ist. Wenn man einen Fahrer fragt, nachdem er gerade aus dem Auto gestiegen ist, dann kommt so etwas dabei heraus."
"Dann hat man prinzipiell zwei Möglichkeiten: Man kann es als große Story bringen und alles damit anheizen, oder man versucht, alles wieder zu beruhigen. In meiner Position versuche ich, sie zu beruhigen und sie dazu zu bewegen, dass sie miteinander sprechen. Am Montag rief Michael Rubens zu seinem Geburtstag an. Beide waren froh, dass sie miteinander sprechen konnten. Es gibt keinen Streit im Team, wohl aber einen Wettbewerb. Sie haben das gleiche Ziel, das gleiche Auto, die gleiche Unterstützung, und der erste Gegner ist der eigene Teamkollege. So war das schon immer."
"Wir versuchen die Rivalität zwischen beiden einzugrenzen, aber nur bis zu einem bestimmten Maß. Aber wir müssen darauf achten, denn ich sage ja schon immer, dass die Interessen des Teams und des Unternehmens zählen. In den vergangenen Jahren haben wir das gut geschafft, sie kommen gut miteinander aus, gehen gemeinsam essen. Ich habe schon häufig Fahrer gesehen, die nicht einmal miteinander reden. Aber sie reden miteinander, auch über private Dinge. Nach sechs Jahren ist das nicht schlecht."
Frage: "Also wurde die Teamarbeit dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen?"
Todt: "Nein, überhaupt nicht!"
Todt steht weiter zu Bridgestone
Frage: "Ein perfektes Rennauto gibt es nicht, auch nicht den perfekten Rennreifen. Aber wie könnte man die Verantwortung an den momentanen Problemen zwischen Ferrari und Bridgestone aufteilen?"
Todt: "Ich möchte zunächst Bridgestone für die Unterstützung in den vergangenen Jahren danken. Ferrari hat sechs Markentitel in Folge geholt, Michael fünf Fahrertitel, und bei jedem Rennen, das wir gewonnen haben, haben wir herausgestrichen, welchen Anteil Bridgestone daran hatte. Dies war wohl der größte Vorteil gegenüber unseren Konkurrenten. Sie sind ein großartiger Partner, wir sind zufrieden miteinander, und wir werden gemeinsam die Probleme lösen."
"Wenn man mich fragt wann, dann weiß ich es nicht. Ich hoffe bald, vielleicht schon am Sonntag, vielleicht in zwei Wochen oder noch später. Ich weiß es nicht. Aber Bridgestone hat fantastisch mit uns gearbeitet. Ich werde nicht damit herumspielen, zu sagen, wie viel Schuld die Reifen tragen und wie viel das Chassis oder die Fahrer. Es ist einfach das gesamte Paket. Wir brauchen Bridgestone, um Reifen für das Auto zu haben, und wir wollen mit ihnen weitermachen."
Frage: "Würdest du es begrüßen, wenn einige Michelin-Teams in das Bridgestone-Lager wechseln würden?"
Todt: "Das ist eine Entscheidung von Bridgestone. Wenn Bridgestone weitere Top-Teams haben möchte, dann wären wir sehr, sehr glücklich damit. Es würde auch uns helfen, aber wir entscheiden das nicht. Es gibt jedenfalls nichts in unserem Vertrag, was sie davon abhält, ein anderes Team zu haben."

