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  • 28.10.2010 14:23

  • von Roman Wittemeier

Titelkampf: Wer hat genügend frische Power?

Der Ausfall von Sebastian Vettel in Südkorea hat es verdeutlicht: Die Triebwerke spielen im Titelkampf eine erhebliche Rolle - Wer hat noch wie viel in der Hinterhand?

(Motorsport-Total.com) - Beim Blick auf die weiße Wolke von Südkorea sahen die Vettel-Fans schwarz. Durch einen Motorendefekt wurden die Titelhoffnungen des bis dorthin im Rennen führenden Heppenheimers deutlich geschmälert - statt 25 Zähler für den Sieg gab es eine Nullrunde. Die Triebwerke spielen auf der Zielgeraden der Saison eine entscheidende Rolle. Keiner der Titelkandidaten hat noch einen frischen Motor in der Hinterhand.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Manchmal lösen sich Siegträume in Rauch auf: Sebastian Vettel in Südkorea

In der besten Situation bezüglich der noch zur Verfügung stehenden Aggregate befindet sich Lewis Hamilton. Der McLaren-Pilot ist der einzige des Quintetts an der Spitze, der im gesamten Jahr noch keinen Motorschaden zu beklagen hatte. Hamilton hat für die zwei verbleibenden Wochenenden in Interlagos und Abu Dhabi noch zwei Triebwerke, die jeweils erst eine Renndistanz absolviert haben, zusätzlich hat er drei Motoren, die nach jeweils zwei Renndistanzen noch gut in den Trainings eingsetzt werden können.

Teamkollege Jenson Button, der mit nunmehr 42 Punkten Abstand zur Spitze nur noch mathematische Chancen auf die Titelverteidigung hat, geht unter ähnlich soliden Voraussetzungen in die beiden Finalwochenenden. Zwar hatte der amtierende Champion einen Motordefekt in Monaco, aber es verbleiben ihm nun ebenfalls noch zwei Triebwerke, die jeweils nur eine volle Distanz auf dem Tacho haben. Auch Button hat noch drei Motoren mit jeweils erst rund 600 Kilometer Laufleistung für die Trainings.

Für Vettel war das bittere Aus in Yeongam die erste negative Erfahrung mit einem Totalschaden am Triebwerk. Zwar hat der deutsche Red-Bull-Pilot für die kommenden zwei Rennen noch ein Triebwerk, das lediglich die Renndistanz vom Auftakt in Bahrain auf dem Buckel hat, aber dieser Motor wurde anschließend schon im Freien Training verwendet, hat also nun schon rund 500 Kilometer auf der Uhr.

Vettel wird in Interlagos und Abu Dhabi vermutlich auf sein Kontingent von vier Triebwerken zurückgreifen müssen, die jeweils schon zwei Rennen im Heck des RB6 hinter sich haben. Bei Teamkollege Mark Webber ist die Situation ähnlich. Der Australier schickte jeweils in den Freien Trainings von Melbourne und Istanbul einen Renault-Motor in die ewigen Jagdgründe, hat aber nun noch ein PS-Paket in der Hinterhand, das erst eine Renndistanz absolviert hat.

WM-Leader Fernando Alonso musste nach Totalschäden in China und Malyasia in den vergangenen Wochen schon haushalten. Dem Spanier bleiben nun noch drei Triebwerke, die jeweils zwei komplette Renndistanzen aushalten mussten. Alle anderen Maschinen haben die maximale Laufleistung bereits absolviert. Möglicherweise wird Ferrari in den Trainings dennoch auf diese Motoren zurückgreifen müssen.

¿pbvin|512|3225||0|1pb¿"Solch ein Motor hält 2.000 oder 3.000 Kilometer. Das ist genau der Wert, den wir brauchen", erklärt Renault-Motoreningenieur Rémi Taffin. "Vor fünf Jahren hielten die Triebwerke nur 300 Kilometer, weil wir pro Tag einen neuen Motor verwenden konnten und ein Grand Prix eben über 300 Kilometer geht. Jetzt schaffen wir locker die zehnfache Distanz."

"Vielleicht werden wir in ein paar Jahren 30.000 Kilometer mit einem Triebwerk fahren. Es kommt immer darauf an, was von einem Motor verlangt wird. Die Ingenieure stellen sich dann jeweils genau darauf ein", erklärt der Franzose. Die Maschinen sind so ausgelegt, dass sie zumeist nur wenige Kilometer mehr schaffen als geplant - danach ist Schluss. "Das klingt vielleicht alles etwas blöd, aber so ist es nun einmal", so Taffin.

Die Motorenfachleute nutzen jede Pause zwischen den Grands Prix, um die Aggregate auf "Herz und Nieren" zu überprüfen. "Das Motoröl gibt uns sehr wichtige Informationen", erklärt der Renault-Techniker. "Das Öl ist im Triebwerk in etwa das gleiche wie das Blut im menschlichen Körper. Wir überprüfen die Zusammensetzung des Schmiermittels regelmäßig und können dann immer sofort entdecken, ob es beispielsweise kleine Metallpartikel als Abrieb darin gibt. Anhand dessen wissen wir ganz genau, was sich da im Motor abspielt. Notfalls tauschen wir dann vorsichtshalber mal das Triebwerk aus."