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  • 26.02.2019 08:52

  • von Dominik Sharaf, Co-Autor: Oleg Karpow

Technikexperte schätzt: Matte Ferrari-Lackierung spart drei Kilo Gewicht

Hinter der Lackierung des neuen SF90 stecken offenbar eher leistungstechnische als modische Erwägungen - Racing Point wahrscheinlich mit dem meisten Lack

(Motorsport-Total.com) - Dass sich im Motorsport über die Lackierung Gewicht einsparen und ein schnelleres Rennauto entwickeln lässt, ist seit 85 Jahren kein Geheimnis. Beim Eifelrennen 1934 ließ Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer über Nacht die Farbe von seinem weißen W25 abkratzen, damit der Wagen das Maximalgewicht nicht überschreitet. Er hatte den ersten Silberpfeil designt, als blankes Blech zum Vorschein kam - ein Kollateralschaden. In der Formel-1-Saison 2019 tritt Ferrari sein Erbe an.

Schließlich kommt der neue SF90 von Sebastian Vettel zwar mit roter Farbe auf der Karosserie daher, aber mit einem Mattlack. Den alten Glanz hat Ferrari unter dem neuen Teamchef Mattia Binotto verloren. Möglicherweise aus gutem Grund. "Ferrari hat sich für dieses Jahr richtig reingekniet, was das Gewicht des Autos angeht", sagt 'Motorsport-Total.com'-Technikexperte Gary Anderson.

Seiner Einschätzung nach spart die Scuderia so drei Kilogramm ein. "Weil das Finish matt ist", erklärt Anderson und weißt darauf hin, dass glänzende Lacke mehr wiegen. Es wäre noch mehr drin gewesen, doch dafür hätte Ferrari auf sein charakteristisches Rot verzichten müssen. "Denn eigentlich wäre gewichtstechnisch so viel mattes Schwarz wie nur möglich ideal" meint der Ex-Designer.

Auf den Trick mit dem modischen wie effizienten Look kamen auch Red Bull und Adrian Newey vor einigen Jahren. Der neue RB15 rückt wieder in einem matten Dunkelblau aus. Renault tüftelte 2016 mit einem speziellen Gelb, entschied sich aber schon in der Saison darauf wieder für Glanz.

Lackierungstechnisches Schwergewicht unter den Formel-1-Autos 2019 müsse der "Pink Panther" von Racing Point sein, schätzt Anderson: "Das Auto ist hübsch, aber es braucht verdammt viel Farbe dafür", sagt er und denkt an seine Zeit bei Jordan zurück, wo die Boliden immer in einem knalligen Gelb gestaltet wurden. "Wir haben dafür früher alleine mal sieben Kilo benötigt. Das ist viel."

Es hätte nicht zur neuen Ferrari-Philosophie gepasst, für Optik Performance zu opfern. Schließlich gibt es sonst nichts am neuen Auto, das nicht auf Effizienz getrimmt wäre. "Auch die Airbox", sagt Anderson, "sie haben offenbar erkannt, dass sie über die Seitenkästen genug Luft zuführen können."

Ergo wurde der obere Lufteinlass verkleinert und verschlankt. Er hat nun eine aerodynamisch günstige Dreiecksform und nicht mehr die ovale Silhouette der Vorjahre. Bei der Maßnahme könnte es auch um die Gewichtsverteilung gegangen sein, schließlich sind die Designer stets bemüht, so viel Gewicht wie möglich unter dem Schwerpunkt des Autos anzusiedeln - für ein besseres Handling.

Charles Leclerc

In der Nahaufnahme gut zu erkennen: Bei Ferrari funkelt auch im Sonnenlicht nichts Zoom

Anderson betont, dass es sich lohnen würde, bei vermeintlich unwichtigen Standardbauteilen nach Gewichtseinsparungen zu suchen: "Wenn man jede Schraube in einem Formel-1-Auto nur einen Millimeter kürzer gestalten kann, lassen sich damit schon 1,5 Kilogramm einsparen", meint er.