• 31.10.2014 22:55

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Teamsterben gebilligt: Plant CVC eine "neue" Formel 1?

Robert Fernley erkennt einen mysteriösen Plan des Mehrheitseigners und der fünf großen Teams, während die FIA zum Frühstücksdirektor degradiert wird

(Motorsport-Total.com) - Auf der Strecke nahmen Formel-1-Teams noch nie Rücksicht auf ihre Konkurrenten, hinter den Kulissen jedoch raufte man sich im gemeinsamen Interesse einer kommerziell erfolgreichen Serie immer wieder zusammen. Es spricht einiges dafür, dass das in der aktuellen Krise nicht mehr geschehen wird. Zu tief ist der Graben zwischen Großen und Kleinen der Szene. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' unterstreicht Robert Fernley, dass es unüberbrückbare Differenzen gibt.

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn, Robert Fernley

Monisha Kaltenborn und Robert Fernley vertreten die Meinung der kleinen Teams Zoom

Der Force-India-Teamchef sieht auf der Gegenseite den Mehrheitseigner der Königsklasse und diejenigen, bei denen der Schuh in finanzieller Hinsicht nicht drückt. "Wir liegen über Kreuz. CVC und fünf Teams haben einen klaren Plan, wie die Formel 1 2015 aussehen soll", wittert Fernley einen Alleingang des Establishments. Er spricht von Mercedes, Ferrari, McLaren, Red Bull und Williams, ständige Mitglieder der Strategiegruppe. Fernleys düstere Prognose: "Es wird nicht die Formel 1 sein, die wir kennen."

Der Brite beobachtet Gleichgültigkeit bezüglich des Teamsterbens. Er deutet sogar an, dass der Verlust Marussias und Caterhams bewusst in Kauf genommen wurde, um eigene Vorhaben zu verwirklichen. Die Anklage ist scharf: "Mir stellt sich die Frage: Wie viele Mannschaften wollen sie noch aus der Formel 1 treiben, ehe sie ihr Ziel erreicht haben? Und noch wichtiger: Was ist überhaupt ihr Ziel?" Auf Nachfrage will Fernley nicht darüber spekulieren, wie sich die Großen die Zukunft vorstellen.

CVC als Strippenzieher

Logisch wäre jedoch, dass das Schrumpfen des Starterfeldes einem System den Weg ebnen soll, das den ständigen Mitgliedern der Strategiegruppe ihre Machtposition erhält. "In einem normalen Formel-1-Projekt funktioniert aber weder das Drei-Auto- noch das Kundenauto-Modell", rätselt Fernley mit Blick auf die zwei am heißesten diskutierten Alternativen zu einer reduzierten Startaufstellung. Handlungsbedarf unterstellt er der Private-Equity-Firma, die das größte Stück des Kuchens besitzt.


Fotos: Force India, Großer Preis der USA


"CVC kontrolliert die Formel 1 und Bernie Ecclestone wird von ihnen angewiesen. Für mich liegt die Kontrolle klar in den Händen CVCs", erklärt Fernley. Den Automobil-Weltverband, der der eigentliche Schirmherr des Championats ist, sieht der Force-India-Verantwortliche in der Rolle des Frühstücksdirektors. "Die FIA hat an Stellenwert verloren. Es wurde deutlich, als sie dieses Jahr eine Kostenkontrolle einführen wollte und alle Mittel dafür eingesetzt hat, aber von CVC und fünf Teams komplett überstimmt wurde."

Rettungsanker Budgetobergrenze?

Ein weiterer Beleg für die Inaktivität von CVC: Kein Vertreter des Unternehmens ist beim US-Grand-Prix in Austin an der Strecke. Dabei hätte auch Monisha Kaltenborn sicher gerne das eine oder andere Wörtchen mit Boss Donald Mackenzie gewechselt. Die Sauber-Teamchefin sieht die Uneinigkeit der Mannschaften als Grund für das Teamsterben: "Das liegt daran, dass wir uns als Gesamtheit nicht den Problemen stellen", erklärt sie am 'Sky'-Mikrofon mit Blick auf die globale Wirtschaft und die komplizierte Sponsorensuche.

Bernie Ecclestone, Donald Mackenzie

Bernie Ecclestone mit Donald Mackenzie: Hat der CVC-Boss das Sagen? Zoom

Trotz eines verbesserten Produkts hält Kaltenborn die Mission nicht für erfüllt und fordert rasches Umdenken: "Wir haben uns nicht angeschaut, wie wir eine Situation schaffen können, in der alle Teams gesund agieren können", kritisiert sie und wundert sich, "dass wir mit diesem Sport Milliarden von Dollar umsetzen und es nicht geschafft haben, elf Teams am Leben zu erhalten". Die Österreicherin sieht die Lösung in einer gerechten Einnahmenpolitik, die aber nicht zwingend eine Gleichverteilung sein muss.

"Es muss aber für jeden so viel drin sein, dass man zumindest ordentlich mitmachen und überleben kann", so Kaltenborn weiter. Sie wärmt das von der Strategiegruppe abgeschmetterte Thema Kostenbremse wieder auf und untermauert eine alte Sauber-Position: "Der schnellste Weg für so eine Regelung wäre eine Budgetobergrenze." Außerdem sei Stabilität bei den Regeln nötig, um teurere Neuentwicklungen zu meiden. "Wenn mehr Teams wegfallen, ist das für den Sport ganz schlecht", warnt Kaltenborn.