• 20.05.2011 09:10

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Teams unglücklich über Zwischengas-Verbot

Eric Boullier und Co. sind unglücklich über das geplante Zwischengas-Verbot der FIA und fragen sich, welches Team eine Änderung gefordert hat

(Motorsport-Total.com) - Drei Tage vor Trainingsbeginn in Barcelona sorgte die FIA mit ihrem Zwischengas-Verbot für einen Paukenschlag. Die Teams konnten diese Regeländerung aber in letzter Minute verhindern und erwirken, dass das Thema im Rahmen einer Sitzung der Technischen Arbeitsgruppe am 16. Juni, also zwischen Montreal und Valencia, erneut diskutiert wird.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Eric Boulliers Renault-Team hätte mit einem Zwischengas-Verbot ein Problem

Insbesondere bei Renault und Red Bull, also den Teams, die die Nutzung der Auspuffgase zur Generierung von Anpressdruck durch den Unterboden federführend entwickelt haben, hat sich Charlie Whiting mit seinem Vorstoß keine Freunde gemacht. "Drei Tage vor dem Rennwochenende ist ein bisschen wenig Zeit, um zu reagieren", grummelt zum Beispiel Renault-Teamchef Eric Boullier und antwortet auf die Frage, ob er Lobbying gegen die Änderung betrieben habe: "Wir haben unsere Meinung zum Ausdruck gebracht."

Keine gezielte Attacke gegen Red Bull

Auch Ross Brawn kritisiert: "Die Teams und Motorenhersteller haben viel Geld in diese Technologie investiert. Das wäre zum Fenster hinausgeworfen", wird er von 'auto motor und sport' zitiert, wo auch Red-Bull-Stardesigner Adrian Newey zu Wort kommt: "Ich glaube, es betrifft alle Topteams. Jeder hat diese Technik und auch die Auspufflösungen sind sich sehr ähnlich. Da ich die Systeme der anderen nicht kenne, kann ich nicht sagen, ob wir bei einem Verbot einen Vor- oder Nachteil haben werden."

Dass es sich wieder einmal um eine gezielte Attacke gegen Red Bull handelt, glaubt Jenson Button nicht: "Jedes der Topteams hat im Grunde das gleiche System. Renault und Mercedes machen mit ihren Abgasen genau das Gleiche. Alles in allem sind es sechs Teams, weshalb ich nicht glaube, dass es speziell gegen Red Bull gerichtet ist", so der McLaren-Pilot. "Es ist eine generelle Maßnahme, da natürlich jedes Team bestrebt ist, die Lücken im Reglement zu finden und auszunutzen."

¿pbvin|512|3683||0|1pb¿Die FIA würde das Zwischengas-Verbot gerne noch diese Saison durchsetzen, denn der dadurch naturgemäß höhere Benzinverbrauch sowie die hohen Entwicklungskosten passen nicht zur "grünen" Philosophie von Präsident Jean Todt. Außerdem könnte man argumentieren, dass es nie Sinn und Zweck des Motors war, die Aerodynamik der Autos zu steuern, sondern vor allem, die Räder zu bewegen und für Vortrieb zu sorgen.

Bei den Teams bleibt der Unmut: "Es kam überraschend, völlig aus dem Nichts", sagt Boullier. "Ich verstehe einige technische Begründungen von Charlie, aber wir haben demonstriert, dass wir da nicht auf der gleichen Seite stehen. Ich finde es sehr überraschend, dass die Regeln mitten in der Saison aus dem Nichts heraus geändert werden. Das ist immer schwierig. Auch wenn Charlie sagt, dass es keine Regeländerung ist: Für mich sieht es schon so aus..."

Leistungsverlust ja, aber wie hoch?

"Eine Änderung wie diese könnte das Kräfteverhältnis radikal verändern. Wir wissen, dass wir definitiv Performance verlieren werden. Ob wir mehr verlieren werden als zum Beispiel Red Bull, weiß ich nicht", erklärt der Franzose und behauptet: "Es kostet ja nicht viel Geld. Man braucht dafür nur das Gehirn eines Ingenieurs." Freilich vergisst er dabei auf die teuren Entwicklungs- und Testkosten und die ebenfalls teuren Hitzeschutzmaßnahmen, die durch den auspuffangeströmten Diffusor notwendig werden.

¿pbvin|512|3681||0|1pb¿Warum die FIA überhaupt so plötzlich ihre Meinung geändert hat, ist vielen ein Rätsel, aber Boullier hat einen Verdacht: "Ich schätze, dass sich jemand beschwert hat." Laut 'auto motor und sport' könnte das Marussia-Virgin gewesen sein, denn Cosworth hat mit dem Feintuning der Zwischengas-Mappings die größten Probleme. Marussia-Virgin könnte bald an der 107-Prozent-Hürde scheitern, wenn die Topteams ihre Systeme munter weiterentwickeln. Laut Informationen von 'Motorsport-Total.com' steckt Williams dahinter, ebenfalls ein Cosworth-Partner.

Einige Teams plädieren nun offenbar für eine Kulanzlösung, wie sie auch beim Verbot des Doppeldiffusors gefunden wurde. Sprich: Der Einsatz soll noch bis Jahresende erlaubt sein, dann aber tritt die neue FIA-Regel in Kraft. Die Möglichkeit, gegen eine etwaige kurzfristigere Regeländerung vor Gericht zu gehen, ziehen die Teams aber nicht in Erwägung: "So weit wird es nicht kommen. Wir müssen die Entscheidungen der FIA akzeptieren", winkt Boullier ab.