Teams sind sich über die Zukunft weitgehend einig
Bei der gestrigen FIA-Pressekonferenz demonstrierten die Teams Einigkeit, was das zukünftige Reglement für die Formel 1 angeht
(Motorsport-Total.com) - Bei der gestrigen FIA-Pressekonferenz in Silverstone wurde ausführlich das Ergebnis der FIA-Umfrage analysiert, welches wenig überraschende Erkenntnisse hervorgebracht hat. So wünschen sich die Fans beispielsweise mehr Überholmanöver und eine Rückkehr zum alten Qualifyingformat mit zwölf Runden und einer Stunde Fahrzeit. Erstaunlich dabei: Die anwesenden Teamvertreter waren sich in fast allen Punkten mehr oder weniger einig.

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Die Formel 1 muss endlich lernen, dass wieder alle an einem Strang ziehen
Was das Qualifying angeht, sind sich Ross Brawn von Ferrari, Sam Michael vom BMW WilliamsF1 Team, Adrian Newey von McLaren-Mercedes und Mike Gascoyne von Toyota einig, dass eine Rückkehr zum Modus von 2002 wohl das Beste für die Formel 1 wäre - allerdings mit der Einschränkung, dass es für einen kurzfristigen Wechsel jetzt schon zu spät sei. Hintergrund: Die neuen Autos befinden sich seit vier bis acht Wochen im Design und wurden mit einer Tankkapazität für ein Qualifying mit Rennbenzin konzipiert.#w1#
Ferrari: "Wir alle bevorzugen das alte System"
"Wir alle bevorzugen das alte System", stellte Brawn klar, "aber es wird durch eine Änderung jemand einen Vorteil und jemand einen Nachteil haben, daher wird es schwierig, alle zum Zustimmen zu bewegen. Warum hätte man sich darüber nicht schon vor einigen Wochen Gedanken machen können, als alle mit dem Design der Autos begonnen haben? Stattdessen machen wir immer diese kurzfristigen Änderungen, die nicht gut für die Formel 1 sind."
Newey strich heraus, dass es bis 2002 für einen Fahrer die Möglichkeit gab, auf eine schnelle Runde eines Konkurrenten zu kontern: "Es hat damals großartige Fights gegeben, vor allem zwischen Mika (Häkkinen; Anm. d. Red.) und Michael (Schumacher; Anm. d. Red.). Sie haben ihre Zeiten immer wieder unterboten, und dadurch wurden die Sessions unglaublich aufregend. Jetzt ist das alles eine eher unspektakuläre Prozedur", kritisierte er.
Auch Gascoyne und Michael schlossen sich diesem Standpunkt an, doch Pat Symonds von Renault outete sich als einziger Teilnehmer der gestrigen Pressekonferenz als Befürworter des derzeitigen Einzelzeitfahrens: "Die Leute neigen dazu, ein kurzlastiges Gedächtnis zu haben", mahnte er. "Durch die Vorschläge, die besprochen werden, würden die schnellsten Autos wieder vorne stehen - und das halte ich für keine gute Idee."
Symonds stellt sich als Einziger hinter das Einzelzeitfahren
"Einer der größten Vorteile der letzten Jahre war doch, dass immer ein bestimmtes Maß an Chaos involviert war. Irgendjemand hat mit einem tollen Auto einen Fehler gemacht und stand dann weit hinten, aber das hat uns tolle und sehenswerte Rennen beschert. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was notwendig ist, um die Rennen möglichst spannend zu gestalten. Eine Sache, die wir dabei nicht gebrauchen können, ist, dass die schnellsten Autos vorne stehen und dann anderthalb Stunden wie aufgefädelt ihre Runden drehen", gab der 52-Jährige zu Protokoll.
Was die vorgeschlagenen Regeländerungen der FIA für 2008 angeht, äußerten sich die Anwesenden nur sehr schwammig, allerdings betonten alle, dass man doch im Prinzip dieselben Ziele habe und deshalb nur einen gemeinsamen Weg finden müsse, diese umzusetzen. Lediglich Michael intervenierte konkret, was eine Beschneidung der Aerodynamik um 90 Prozent und einheitliche Getriebe angeht. Dafür zeigte er sich mit "drei bis vier" anderen FIA-Vorschlägen "sehr zufrieden", zum Beispiel mit der Rückkehr zu Slicks und breiteren Autos und mit der Verringerung des Gesamtgewichts um 50 Kilogramm.
Nur Achselzucken auf die Frage nach mehr Überholmanövern
Auf die Frage, wie man denn mehr Überholmanöver in die Formel 1 bringen könnte, antwortete Gascoyne stellvertretend für alle: "Eine sehr gute Frage, auf die es keine Antwort gibt." Es sei schwierig, das richtige Maß zu finden, fuhr er fort, denn zu viele Überholmanöver würden dem Sport auch nicht gut tun. Prinzipiell einigten sich die fünf Anwesenden aber darauf, dass man vor allem die Strecken für Überholmanöver besser planen könne, während niemand etwas von künstlichen Maßnahmen wie dem Umdrehen der Startaufstellung hält.
Die Diskussionen um eine Testbeschränkung hält Brawn aus Ferrari-Sicht in erster Linie für eine "politische Debatte. Wir haben zwei Teststrecken, und auf einer davon haben wir nur die Lizenz, mit einem Auto zu testen", erklärte er. "Somit können wir in Fiorano jeden Tag nur halb so viel testen wie jedes andere Team auf jeder anderen Strecke. Die Leute finden aber, dass wir einen Vorteil daraus schöpfen, dass wir zwei Teststrecken haben."
"Wir glauben, dass ein Kilometerlimit besser wäre als ein Tageslimit. Die anderen Teams gehen jetzt mit zwei Autos und einem Ersatzauto testen, ihre Crews müssen oft die ganze Nacht arbeiten, um morgens um 9:00 Uhr einsatzbereit zu sein. Natürlich haben wir das nicht anders gemacht, als wir uns an eine Tagesbeschränkung halten mussten. Daher finden wir, dass ein Kilometerlimit wesentlich sinnvoller und zielführender wäre", so der Technische Direktor von Ferrari.
"Leute werden das Geld, das sie haben, immer ausgeben"
Für Gascoyne wäre es das Billigste, einfach überhaupt nicht mehr zu testen, "denn dann muss man keine Hotels mehr buchen für die Mitarbeiter und so weiter. Zweifellos müssen wir jedenfalls die beim Testen entstehenden Kosten regulieren - auch, um das Feld im Interesse der kleinen Teams ein wenig zu nivellieren. Die Leute werden das Geld, das sie haben, immer ausgeben. Unser Ziel muss aber sein, dass man für viel Geld nur noch weniger große Fortschritte beim Testen erzielen kann", warf der Brite in die Diskussion ein.
Der Eindruck, der nach der Pressekonferenz bei den meisten Journalisten haften geblieben ist: Die Technischen Direktoren sind sich im Prinzip weitgehend einig, wie die Zukunft der Formel 1 aussehen sollte, haben aber im Detail unterschiedliche Standpunkte, von denen sie aus Eigeninteresse heraus nicht abweichen möchten. Das Qualifying und die Testbeschränkung scheinen diesbezüglich die kritischsten Punkte zu sein.

