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  • 21.05.2015 20:48

  • von Dominik Sharaf

Teamchefs einig: Lieber gleiche Waffen als neuer "Reifenkrieg"

Absage an einen zweiten Hersteller neben Pirelli: Die Teams befürchten, dass die Kosten steigen und sich die Zulieferer auf einen Lieblingskunden konzentrieren

(Motorsport-Total.com) - Seit dem Jahr 2007 verfügt die Formel 1 über einen Reifenmonopolisten, der alle Teams mit Pneus beliefert. Trotz des Ende kommender Saison auslaufenden Vertrages mit Pirelli sieht es nicht danach aus, als sollte sich daran etwas ändern. Die FIA sucht wieder ein einziges Unternehmen, das sich in der Königsklasse engagiert und entspricht damit dem Wunsch der Teamchefs. Sie sprechen sich im Vorfeld des Monaco-Grand-Prix deutlich gegen einen neuen "Reifenkrieg" in der Königsklasse aus.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Michael Schumacher

Fernando Alonso versus Michael Schumacher: Auch ein Duell der Reifen Zoom

Franz Tost befürchtet, dass in einer Konkurrenzsituation die Kräfte seitens des Zulieferers gebündelt werden, um die eigenen Farben auf dem Podium jubeln zu sehen. "Das würde bedeuten, dass zwei Teams die guten Pneus erhalten und der Rest nur Mist. Das, was die anderen nicht wollen", skizziert der Toro-Rosso-Teamchef das Szenario, das ihn als Rennleiter einer kleinen Mannschaft hart treffen würde. Möglich wäre auch, dass nur ein Fabrikat konkurrenzfähig ist: "Der Wettbewerb würde in eine andere Richtung driften. Wir hätten keine Antriebsserie, wir hätten eine Reifenserie", so Tost.

Er untermauert seine These am Beispiel der Situation Mitte der 2000er Jahre, als Michelin und Bridgestone konkurrierten. "Deshalb denkt Fernando Alonso gerne an diese Zeit zurück", deutet Tost eine Verbindung zwischen den Franzosen und Renault an. "Bridgestone war mit Ferrari im Bundes, weshalb Michael Schumacher so erfolgreich war", so der Österreicher. Es gibt weitere Gründe, die gegen einen "Reifenkrieg" sprechen. Das unvermeidliche Thema Geld gehört dazu.

Pirelli hat keine Angst vor Konkurrenz

Red-Bull-Teamchef Christian Horner befürchtet massiv steigende Kosten, "weil ein Auto speziell auf einen Reifen abgestimmt entwickelt werden müsste". Dass sein Team unter diesen Umständen in der Lage wäre, Werksmannschaften wie Mercedes oder Ferrari ein Schnippchen zu schlagen, kann sich der Brite nicht vorstellen und ist froh, dass nur ein Gummi rollt: "Das ist einer der Gründe, warum Red Bull als unabhängiges Team so erfolgreich war, was mit zwei Reifenherstellern im Kampf gegen Automobilkonzerne vielleicht nie möglich gewesen wäre", glaubt Horner.

Auch aus den Reihen der kleinen Teams gibt es Rückendeckung für den Plan, weiter mit einem Monopolisten zu operieren. Robert Fernley, Co-Teamchef bei Force India, wird deutlich: "Zu den positiven Dingen, die die Formel 1 in der Vergangenheit angestellt hat, gehört der alleinige Reifenhersteller. Daran sollten wir nicht rütteln." Die Fahrer hingegen würden das gerne. Sie erhoffen sich, dass durch die Konkurrenzsituation haltbarere und schnellere Produkte entwickelt werden und die Königsklasse insgesamt wieder schneller wird.

Und Pirelli? Die Italiener, die vor dem Hintergrund der veröffentlichten FIA-Ausschreibung fest von einem Erhalt des Status Quo ausgehen, blicken gelassen in die Zukunft. "Es geht darum, was der Sport will", kommentiert Paul Hembery mögliche Opposition durch Rückkehr-Interessent Michelin, um unverbindlich zu bleiben: "Man muss analysieren, wie die Regeln aussehen und wie sich die Kosten entwickeln. Man kann nichts beschließen, ohne Rahmenbedingungen zu kennen."


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Angst vor einem Duell hat der Sportchef nicht: "Wir sind an 250 Meisterschaften involviert, von denen rund 90 unter Wettbewerb verlaufen", betont er und schneidet auch die Möglichkeit an, dass Pirelli die Ausschreibung verliert. Hembery nennt zwei Fallstricke, bei denen letzter eher das Zeug zum Fallstrick hat: "Die FIA wird die technische Kompetenz möglicher Zulieferer überprüfen. Dann gibt es einen kommerziellen Aspekt mit dem Promoter zu diskutieren. Also sitze ich 2017 vielleicht hier auf einer Yacht und schlürfe Champagner."