• 25.11.2005 13:21

Symonds: "Wir achten nicht nur auf die Rundenzeiten"

Renault-Chefingenieur Pat Symonds im Interview über die Besonderheiten bei einem Test mit Nachwuchsfahrern

(Motorsport-Total.com) - Im Zuge der ersten Wintertests des Renault-Teams kommen zwei Newcomer zu ihren ersten Formel-1-Kilometern: Robert Kubica, in diesem Jahr Gesamtsieger der World Series by Renault, und Giorgio Mondini, 2004 Champion in der Formel Renault V6, fahren den Renault R25. Chefingenieur Pat Symonds erklärt, worauf das Team bei jungen Piloten besonders achtet.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds erklärt, wie Renault Junior-Fahrer beim ersten Test betreut

Frage: "Wie bereitet das Team einen solchen Test mit Fahrern ohne jede Formel-1-Erfahrung vor?"
Pat Symonds: "Zuerst müssen wir sicherstellen, dass ihr Auto gut abgestimmt ist. Wir wollen sie bei ihrer ersten Fahrt in einem Grand-Prix-Boliden nicht überfordern. Deswegen erarbeitet ein erfahrener Testfahrer oder ein Grand-Prix-Pilot eine Grundabstimmung für ein problemloses Handling und prüft alle Funktionen."#w1#

Frage: "Wie sollten Formel-1-Neulinge an diese Aufgabe herangehen?"
Symonds: "Vor allem sollten sie nicht glauben, dass wir nur auf ihre Rundenzeiten achten. Es liegt auf der Hand, dass die Zeiten wichtig sind, aber wir können von einem jungen Fahrer nicht erwarten, dass er bei seiner ersten Fahrt in so einem komplexen Auto auf Anhieb schnell ist."

"Was wir sehen wollen, sind kontinuierliche Verbesserungen, Konstanz und vor allem ein großes Verständnis für alle Vorgänge während des Tests. Also stellen wir ihnen nicht allzu viele Aufgaben, sondern lassen sie einfach ein paar Runden drehen, holen sie in die Box. Dort können sie ihre Fahrt analysieren und mit uns gemeinsam Daten auswerten. Dabei sollten sie ein grundlegendes Verständnis dafür zeigen, wie ein Formel-1-Wagen effizient zu fahren ist."

Frage: "Was erwartest du von der bevorstehenden Testsession?"
Symonds: "Wir hoffen darauf, dass die Junioren ihre Rundenzeiten allmählich steigern können, dass sie ihre Fehlerzahl reduzieren und dass sie genügend Kapazitäten im Kopf frei haben, um nachher das Verhalten des Autos im Allgemeinen und in bestimmten Kurven zu beschreiben."

Frage: "Wie werdet ihr den Test mit Robert Kubica und Giorigio Mondini organisieren?"
Symonds: "Üblicherweise lassen wir die jungen Fahrer einen Nachmittag lang testen. Dann sollen sie ihre Eindrücke verarbeiten und kommen am nächsten Vormittag wieder zum Fahren. Diesmal ist unsere Zeit für die Wintertestfahrten aber sehr knapp bemessen. Deswegen erhalten Kubica und Mondini je einen halben Tag, um das Auto kennen zu lernen. Der eine wird am Vormittag fahren, der andere die Tests am Nachmittag fortsetzen."

"Dann werden die Ingenieure einen Testbericht schreiben. Der objektive Teil dieses Reports vergleicht die Rundenzeiten unserer Kandidaten mit denen der anderen Piloten, die zum gleichen Zeitpunkt getestet haben, und bewertet ihre Konstanz."

"Aber wir sind auch sehr interessiert an den Eindrücken unserer Techniker vom Verhalten und dem technischen Verständnis der Fahrer. Dazu bewerten die Ingenieure das Feedback, das die Piloten über Chassis und Motor geben konnten, und ihre körperlichen Fitness. Wenn wir die Ergebnisse für viel versprechend halten, laden wir sehr wahrscheinlich einen oder beide zu einem etwas intensiveren Testprogramm ein."

Frage: "Warst du jemals von einem jungen Piloten nach seinem ersten Formel-1-Test beeindruckt?"
Symonds: "Fernando ist ein nahe liegendes Beispiel. Normalerweise lassen wir unsere jungen Tester nicht allzu viele Runden fahren, weil das mental und körperlich einfach sehr anstrengend ist. Es beansprucht eine Reihe von Muskeln, die du in anderen Rennklassen nicht benötigst und die entsprechend untrainiert sind. Aber Fernando hat uns gleich beim ersten Test so beeindruckt, dass wir immer wieder Gründe fanden, ihn noch länger testen zu lassen. Er fuhr auch auf längeren Runs außerordentlich konstant."

"Also kommt es von Zeit zu Zeit doch vor, dass junge Piloten bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich glaube aber nicht, dass irgendjemand nach einem Testtag schon vorhersagen kann, wie die Formel-1-Karriere eines Piloten verlaufen wird. Die ersten Eindrücke aber sind immer sehr wichtig, weil wir uns dabei in sehr kurzer Zeit ein Bild von der Einstellung und der Intelligenz der Fahrer machen."