Sutil: "Brauche jetzt einfach etwas Glück"
Der Force India-Pilot über Erpressung, seine unglücklichen Rennverläufe und warum er auch in Zukunft im Rennen etwas riskieren wird
(Motorsport-Total.com) - Adrian Sutil hat ein paar nervenaufreibende Wochen hinter sich. Erst der frühe Crash und Ausfall in Barcelona, dann nach der Heimkehr die Schock-Nachricht - ein Gauner erpresste ihn mit persönlichen Daten, die auf einer Festplatte abgespeichert waren.

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Adrian Sutil hofft auf das notwendige Quäntchen Glück
"Als ich aus Barcelona zurückkehrte, gab es einen Kerl, der eine Festplatte aus einem alten Computer von mir hatte", so der Force India-Pilot. "Mein Vater hatte ihn vor zwei Jahren weggeworfen. Jemand baute diese Festplatte aus und versuchte, daraus in gewisser Weise Profit zu ziehen. Er forderte Geld. Ich war schlussendlich darüber natürlich schockiert. Vor vier Tagen haben sie ihn geschnappt, nun müssen wir einmal schauen, was passiert."#w1#
Das Unangenehme daran: "Dort waren alle meine persönlichen Daten drauf. E-Mails an meine Freunde, Kontakte, Fotos von mir. Da war mein ganzes Leben drauf gespeichert. Man kann sich vorstellen, wie schlecht so etwas ist, schließlich handelt es sich ja um persönliche Dinge."
Sutil selbst wäre nicht auf die Idee gekommen, den PC samt nicht restlos vernichteter Daten zum Müll zu geben: "Ich hätte das natürlich nicht getan. Aber mein Vater kennt sich mit Computern nicht so richtig aus. Aber wir hatten ja noch einmal Glück gehabt, dass nicht so viel passiert ist. Es ist nun alles vorbei und wir können uns entspannen."
Entspannt ist der Deutsche auch nach seinen bisherigen Rennen in der Saison: "In den ersten beiden Rennen hatte ich technische Probleme, in Bahrain dann der Zwischenfall, wo ich in den ersten Runden meinem Frontflügel verlor. Zumindest konnte ich das Rennen beenden, mein erstes. In Barcelona machte ich einen Fehler. Ich versuchte vielleicht in der ersten Runde zu hart zu überholen. Ich verlor die Kontrolle über mein Auto und jemand krachte in mich hinein. Das war Pech, da kam alles zusammen."
Der 25-Jährige sieht durchaus Positives am bisherigen Saisonverlauf: "In Bezug auf die Leistung machte ich einen guten Schritt nach vorn. Nach den ersten beiden Rennen war ich in Bezug auf das Auto nicht zuversichtlich, hatte Probleme mit den Reifen. Nun lief es besser. Es ist jetzt wichtig, alle Teile des Puzzles zusammenzufügen und eine gute Leistung zu zeigen. Heute war die Leistung im ersten Training wieder gut, im zweiten gab es ein technisches Problem. Ich bräuchte im Moment einfach etwas mehr Glück."
Auch nach dem frühen Aus auf dem 'Circuit de Catalunya' will sich Sutil in Zukunft nicht brav hinten anstellen, sondern Überholmanöver wagen: "Man muss immer sein Bestes geben. Es war schon hart, ich hatte in den ersten vier Rennen nicht wirklich ein richtiges Rennen. Wenn du wenige Kilometer abspulen kannst, ist das sehr enttäuschend."
"Aber man kann sich nicht wirklich ändern, denn man muss immer attackieren und manchmal auch etwas ausprobieren. Wenn du nichts probierst, dann gibst du nicht alles. In diesem Sport braucht man auch Glück. Manchmal macht man schlechte Zeiten durch, und dann ist es wichtig, dass das Team zusammenhält, dir hilft, dass du aus dieser Pechsträhne herauskommst."
Die Unterstützung durch sein Team sei in einer solchen Situation "schon wichtig": "Aber letztendlich muss man auch zwischen den Zeilen lesen. In Bahrain war eigentlich alles in Ordnung, da ging es um eine Zehntelsekunde. In Barcelona hatte ich das Pech, dass mir im Qualifying die Bremsscheibe kaputtgegangen ist. Da fehlten mir am Anfang zwei Hundertstelsekunden."
"Hier bin ich auch wieder extrem nah dran, man muss manchmal also zwischen den Zeilen lesen und schauen, was wirklich los ist. Wenn man nur die Resultate oder die Zeiten anschaut, dann sieht das womöglich manchmal anders aus."
Anders ist in Istanbul an diesem Wochenende auch das Wetter: "Es ist sehr kalt und wir haben hier die härtesten Reifen. Es ist aus diesem Grund sehr schwer, sie überhaupt zum Arbeiten zu bewegen. Das war auch heute Morgen das Thema. Es war auch sehr schwer, ein Fazit zu ziehen, welcher Reifen der bessere ist. In manchen Kurven hat man eine andere Haftung als in anderen, das ist noch nicht dort, wo wir es haben wollen."
"In der achten Kurve hat man so viel Haftung, dass die Reifen schön aufgewärmt sind, sodass die neunte Kurve sehr gut ist", so der Bayer gegenüber 'Motorsport-Total.com' weiter. "Nach der langen Gerade ist dann schon wieder alles im Keller. Es ist wichtig, dass man sich nicht verrückt machen lässt und ständig das Setup ändert. Man muss einfach abwarten. Morgen sollten wir bessere Temperaturen haben, dann sollte es auch funktionieren."
Ein Blick auf die Daten aus dem Vorjahr ist an diesem Wochenende sinnlos: "Im vergangenen Jahr waren wir im August hier, da herrschten 40 Grad, es war richtig heiß. Jetzt sind 15 Grad, es ist ein anderes Auto, da bringt es nicht viel, da sich zu viel verändert hat."
"Wir machen das normalerweise nicht so, da die Autos anders sind, der Abtrieb sich stark verändert hat. Aber wir haben mal kurz drauf geschaut. Wir haben schon jetzt unsere Zeit im Vergleich zum Qualifying um sieben Zehntelsekunden verbessert, zumindest Fisichella im Training am Nachmittag. Das ist wieder ein super Zeichen dafür, dass das Auto wirklich einen Sprung nach vorn gemacht hat."
Die berühmte Kurve acht ist nach Sutils Aussage auch ohne Traktionskontrolle nicht schwieriger geworden: "Es macht keinen Unterschied aus, da die Autos über viel Abtrieb verfügen. Da merkt man gar nicht, das Auto verfügt über sehr viel Haftung. Lediglich die Bodenwellen sind störend, aber da muss jeder durch."
"Die Bodenwellen sind sehr extrem, es sind im Vergleich zum vergangenen Jahr mehr geworden. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dort eine Erneuerung durchzuführen. Es ist eine Kurve, in der der Asphalt schnell abgenutzt wird, dadurch nehmen die Bodenwellen drastisch zu. Da muss etwas unternommen werden."
"Das Problem ist, dass die Bodenwellen mitten in der Kurve sind, wo man am Limit ist", erklärt der Rennfahrer. "Wir kennen das auch aus Silverstone. Da gibt es auch an manchen Stellen extreme Bodenwellen, doch dort fährt man eben geradeaus. Da ist es nicht ein so großes Problem."

