Surtees fordert "einfallsreichere" Formel-1-Regeln

Ex-Weltmeister John Surtees findet, dass das Formel-1-Reglement viel zu strikt ist, und wünscht sich wieder mehr technologische Innovationen

(Motorsport-Total.com) - Weil die FIA Geschwindigkeiten aus Sicherheitsgründen regulieren und gleichzeitig Kosten senken will, wurde das Formel-1-Reglement in den vergangenen Jahrzehnten immer restriktiver. Die Zeiten, in denen ein Colin Chapman mal eben den "Ground Effect" für seine Autos aus dem Ärmel schüttelte, sind längst vorbei. Ex-Grand-Prix-Pilot John Surtees bedauert dies sehr.

Titel-Bild zur News: John Surtees

Surtees ist dem Motorsport noch heute in der A1-Grand-Prix-Serie verbunden

Der einzige Weltmeister auf zwei und vier Rädern - in der Formel 1 1964 - ist der Ansicht, dass die Königsklasse des Motorsports viel von ihrer einstigen Faszination verloren hat, weil die Autos einander ähneln wie ein Ei dem anderen. Wären die Boliden nicht wenigstens unterschiedlich lackiert, so würde ein Laie mit freiem Auge wahrscheinlich überhaupt keine Unterschiede mehr erkennen. Viele wünschen sich daher wieder ein lockereres Reglement.#w1#

Musste das Reglement wirklich unbedingt geändert werden?

Für 2006 wurden 2,4-Liter-V8-Motoren eingeführt, die von den Teams derzeit getestet werden. Die Triebwerke leisten nur noch etwas mehr als 700 anstatt jenseits von 900 PS und liefern eine wesentlich weniger ohrenbetäubende Geräuschkulisse als bisher. Surtees versteht nicht, warum die FIA diese Maßnahme ergriffen hat, zumal er selbst in seiner Karriere einen ähnlichen Einschnitt mitmachen musste.

John Surtees

1964 wurde John Surtees auf Ferrari auch in der Formel 1 Weltmeister Zoom

"Ich kam aus dem Motorradsport in die Formel 1, fuhr für Lotus mit einem 2,5-Liter-Motor. Das war eine Superformel! Und was macht der Verband? Mischt sich ein und macht daraus eine 1,5-Liter-Formel", erinnerte sich der 71-Jährige im Gespräch mit unseren Kollegen von 'Crash.net'. "Ich habe meine Weltmeisterschaft damit gewonnen, aber was hat die Änderung gebracht? Es hat keinen plausiblen Grund dafür gegeben. Gefahr ist im Sport doch relativ."

"Die Sicherheit im Motorsport ist eigentlich nur dadurch entstanden, dass der Motorsport jetzt über eine gesunde geschäftliche Basis verfügt, denn mit dem eingenommenen Geld konnten die Sicherheitsstandards erhöht werden", fügte er an. "Wir brauchen in der Formel 1 mehr Freiheiten, denn jedes Mal, wenn etwas eingeschränkt wird, um die Kosten zu senken, steigen die Kosten in Wahrheit doch nur noch weiter an."

Surtees hätte das Reifenreglement nicht wieder verändert

Surtees gab an, dass er sich im Interesse kontrollierbarer Kurvengeschwindigkeiten mit dem einen Reifensatz für Qualifying und Rennen - was für 2006 übrigens wieder abgeschafft wurde - arrangieren könnte, doch Motoren für zwei Grand-Prix-Wochenenden, die dann auch noch hinsichtlich der Leistung kastriert werden, hält er für eine völlig überzogene Maßnahme. Die Rahmenbedingungen seien heutzutage auch so sicher genug.

"Ich bin sicher, die Formel 1 würde mit weniger Einmischung und mehr Freiheit besser fahren." John Surtees

"Ich bin sicher, die Formel 1 würde mit weniger Einmischung und mehr Freiheit besser fahren", sagte der Brite. "Dann gäbe es nicht einen fast einheitlichen Motor, sondern ein Benzinreglement, welches verschiedene Motorenkonzepte zulässt. Man könnte sogar erlauben, einen Dieselmotor mit etwas mehr Hubraum gegen einen Benzinmotor antreten zu lassen. Ich finde, dass wir etwas einfallsreichere Regeln brauchen als jetzt."

Ohne es zu wissen, stocherte er damit quasi in ein brandaktuelles Wespennest, denn Audi stellte heute in Paris den neuen R10 für das 24-Stunden-Rennen in Le Mans vor - mit einem Dieselantrieb! Für die Formel 1 kommt so etwas momentan zwar noch nicht in Frage, immerhin lassen sich die Verantwortlichen aber langsam auf Diskussionen ein, ob man nicht langfristig auf Hybridmotoren umsteigen könnte.