• 11.03.2005 11:43

  • von Marco Helgert

Surer: Minardi-Farce "ein Armutszeugnis"

Das leidige Hickhack um das Minardi-Team im Vorfeld des Rennens in Melbourne war auch für 'F1Total.com'-Experte Marc Surer eine Farce

(Motorsport-Total.com) - Was fast als Formalie begann, weitete sich im Vorfeld des Australien-Grand-Prix zu einem ausgewachsenen Machtstreit aus. Minardi-Teamchef Paul Stoddart wollte in seiner australischen Heimat unbedingt mit den Boliden des Vorjahres antreten, bereits beim Saisonabschluss 2004 in Sao Paulo sammelte er die hierzu notwendigen Unterschriften. Nur die von Ferrari fehlte, und Jean Todt, der Rennleiter der Italiener, verweigerte diese auch im Vorfeld des Rennens in Melbourne.

Titel-Bild zur News: Marc Surer

Für Marc Surer hat sich Minardi-Teamchef Paul Stoddart ein Eigentor geschossen

Stoddart stieg auf die Barrikaden, fühlte sich ungerecht behandelt. Nach einigem Hin und Her stimmten alle Teams, auch Ferrari, dem Minardi-Plan zu. Doch dann schalteten sich die Stewards der FIA ein: Keine Starterlaubnis für Minardi, wenn sie die Vorjahresautos einsetzen wollen. Damit wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der besser an seinem angestammten Platz liegen geblieben wäre.#w1#

Minardi holte nun doch die Aerodynamikteile nach 2005er Regeln aus der Versenkung, doch noch ließ man den ersonnenen Plan nicht fallen, man zog vor ein australisches Gericht. Die erhaltene Einstweilige Verfügung setzte man aber nie durch, da, wie Stoddart es ausdrückte, FIA-Präsident Max Mosley drohte, das Rennen abzusagen, sollte man dieses Rechtsmittel verwenden.

Minardi-Farce begann bereits im Herbst 2004

Der Eklat war perfekt, und auch die Landsleute Stoddarts rieben sich verwundert die Augen. Plötzlich stand das Rennen in Melbourne auf der Kippe. Patrick Friesacher und Christijan Albers kamen dann doch noch zum Fahren, mit den 2005er Aerodynamikteilen. Welche Konsequenzen die Geschichte aber noch nach sich zieht, wird man erst Ende März sehen - dann müssen die Veranstalter aus Australien bei einem Treffen des Weltmotorsportrats der FIA erklären, wie sie dem künftig entgegenwirken wollen.

Für 'F1Total.com'-Experte Marc Surer begann dieser Eklat schon vor einem halben Jahr, "als er (Minardi-Teamchef Paul Stoddart; d. Red.) gesagt hat, dass er ein halbes Jahr später mit einem alten Auto starten will", so Surer. "Mit sechs Monaten Zeit würde ihm jeder Handwerker das Auto auf die neuen Regeln umbauen - ohne hohe Kosten." Eine Übergangslösung, denn ein neues Auto lag ja bereits auf dem Kiel, wäre also möglich gewesen.

"Um dem Reglement zu entsprechen, muss man den Heckflügel ein bisschen nach vorne schieben. Dafür brauche ich zwei Seitenplatten am Heckflügel. Beim Frontflügel müssen die Distanzstücke zur Nase ein bisschen gekürzt werden und dann braucht man noch einen Diffusor, wo man einfach mit Aluminiumblech etwas hinnieten kann. Damit hätte man ein reglementkonformes Auto", so der Schweizer weiter.

Surer: "Der Schuss ist nach hinten losgegangen"

Dass sich der Minardi-Teamchef schon vor einem halben Jahr um die Zustimmung der anderen Teams für seinen Plan bemühte, sei schon alleine eine Farce. "Ja bitte, welchen Sport gibt es sonst noch, in dem man so etwas machen kann? Ich kenne keinen", so der 53-Jährige. "Die Skispringer können auch nicht sagen, 'Ich bin von 'Red Bull' gesponsert, ich nehme jetzt Flügel, weil ich eh nicht gut genug bin!' Das geht nicht."

Der Grund, man habe im Winter nicht genug Zeit gehabt, ein reglementkonformes Auto zu bauen, sei demnach nur vorgeschoben. Vielmehr, so die Vermutung des 'F1Total.com'-Experten, habe es Stoddart auf die Medienwirksamkeit angelegt. "Der Schuss ist aber nach hinten losgegangen. Wenn nämlich ein ordentliches Gericht in das Reglement eingreift, wird natürlich der Grand Prix in Frage gestellt", so Surer.

So habe sich der Australier "ein Eigentor geschossen", denn in Australien wird er nun als Auslöser für einen möglichen Verlust des Grand Prix' verantwortlich gemacht. "Der Tenor in Australien ist jetzt: 'Der Stoddart mit seinem Übereifer ist schuld daran, dass wir den Grand Prix verlieren!'", so Surer. Den verspielten Kredit, den sich Stoddart in Australien einst auch durch die Verpflichtung von Mark Webber aufgebaut hat, muss er sich nun hart zurückerkämpfen.