• 30.06.2006 05:03

  • von Inga Stracke

Stuck: "Der Reifen muss erst einmal halten"

'F1Total.com'-Experte Hans-Joachim Stuck über die Reifensituation in Indianapolis, die Chancen von Michael Schumacher und die Lage von Christian Klien

(Motorsport-Total.com) - Hans-Joachim Stuck hat zwischen 1974 und 1979 insgesamt 72 Formel-1-Rennen bestritten, stand 1977 sogar zweimal auf dem Podium. Heute ist der Deutsche unter anderem für unsere geschätzten Kollegen vom TV-Sender 'Premiere' tätig, während er auch für 'F1Total.com' regelmäßig Hintergründe analysiert. In Indianapolis beschäftigte ihn natürlich in erster Linie die Reifensituation.

Titel-Bild zur News: Hans-Joachim Stuck

Hans-Joachim Stuck bricht eine Lanze für den arg gebeutelten Christian Klien

Frage: "Hans, die Formel 1 ist wieder in Amerika. Wird sie positiv empfangen?"
Hans-Joachim Stuck: "Ja. Es gab heute (Donnerstag; Anm. d. Red.) einen Pitwalk für die Öffentlichkeit - und als ich hierher gekommen bin, war ich erstaunt, wie viel da los war! Michelin hat sehr viel getan, sehr viele Karten ausgegeben. Man sollte dem Rennen eine zweite Chance geben."#w1#

Will der amerikanische Fan Action sehen?

Frage: "Michael Schumacher sagt, dass es jetzt vielleicht sogar mehr Aufmerksamkeit gibt als früher."
Stuck: "Ja, klar. Der amerikanische Fan ist bekannt dafür, dass er etwas Spektakuläres sehen will. Vielleicht hoffen sie ja, dass die Reifen - wie im vergangenen Jahr - wieder in die Luft fliegen! Sicherlich kann sich eine gewisse negative PR auch positiv auswirken."

"Wenn man nicht testen kann, kann man mit Computern und so weiter sehr viel simulieren, aber der Reifen muss erst einmal halten." Hans-Joachim Stuck

Frage: "Kannst du dir vorstellen, dass Michelin mit den Reifen für dieses Wochenende etwas konservativer, aber dafür zuverlässiger geht?"
Stuck: "Gut, das muss man sehen. Die Reifen sind in diesem Jahr weicher, weil die Stints kürzer sind, denn vergangenes Jahr musste man mit einem Reifensatz Qualifying und Rennen fahren. Die Autos haben doch deutlich mehr Abtrieb, aber es konnte hier nicht getestet werden. Hoffen wir mal, das alles in Ordnung ist! Wenn man nicht testen kann, kann man mit Computern und so weiter sehr viel simulieren, aber der Reifen muss erst einmal halten."

Frage: "Hatte Bridgestone 2005 dadurch einen Vorteil, dass sie ja mit Firestone in der Indy Racing League vertreten sind?"
Stuck: "Das kann man schon sagen. Da hat es einen Informationsfluss gegeben, denn Bridgestone hatte keinerlei Probleme - auch in den Jahren davor nicht."

Frage: "Was sind die Herausforderungen der Strecke?"
Stuck: "Wenn man die Fahrer so hört: Nicht jeder mag die Strecke gerne. Sie ist ein bisschen künstlich und man hätte sicherlich mehr daraus machen können. Es ist spektakulär, durch ein Viertel des Ovals zu fahren. Man muss viel Motorleistung haben, denn man fährt so lange wie sonst nirgendwo in der Formel 1 Vollgas - über 20 Sekunden! Die Burschen, die den Motor zum zweiten Mal drin haben, werden mit der Drehzahl ein bisschen haushalten müssen. Es ist viel Raum für Spielereien gegeben."

Frage: "Kann Michael Schumacher hier gewinnen?"
Stuck: "Der kann immer gewinnen, wenn er das richtige Auto hat. Da muss nur alles genau passen."

Bei Alonso und Renault stimmt momentan einfach alles

Frage: "Warum ist Fernando Alonso so perfekt? Er hat auch in Montréal wieder alles richtig gemacht und gewonnen."
Stuck: "Ich würde sagen, dass das Paket stimmt. Das Auto ist gut, der Fahrer ist super, die Reifen sind gut. Sie haben mit Flavio Briatore eine gute Teamführung. Wenn du zu denen hinkommst, siehst du, wie sie sich darauf vorbereiten, dass Alonso auf die Pole Position fährt und damit schon den Grundstein für den Sieg legt. Das ist einfach wichtig. Und, was er auch hat: das Rennfahrerglück - ganz wichtig!"

"Die Steigerung des BMW Sauber F1 Teams in diesem Jahr ist schon gewaltig." Hans-Joachim Stuck

Frage: "Das BMW Sauber F1 Team war zuletzt sehr stark unterwegs, Nick Heidfeld war viermal hintereinander in den Punkten. Schafft er das hier noch einmal?"
Stuck: "Auf jeden Fall. Die Steigerung des BMW Sauber F1 Teams in diesem Jahr ist schon gewaltig, gerade hinsichtlich der Zuverlässigkeit. Da geht man eine gute Schiene. Schnelle Strecken mag das Auto, also sind Punkte immer drin."

Frage: "Christian Klien hätte in Montréal ebenfalls Punkte holen können, hatte dann aber ein technisches Problem. Er steht ganz schön unter Druck, weil er nicht weiß, ob er nächstes Jahr weiterfahren darf..."
Stuck: "Das ist auch so eine Geschichte: Heutzutage liegt zwischen gut und böse ein Millimeter. Den Christian sollte man mal in Ruhe arbeiten lassen. Ihn an Coulthard zu messen, finde ich nicht unbedingt fair. David hat viel Erfahrung. Bislang hat Christian einen guten Job gemacht. Man muss ihn in Ruhe arbeiten lassen. Wenn man einen Fahrer so unter Druck setzt, ist das nicht gut. Ich glaube, er passt gut in dieses Red-Bull-Team, er ist ja auch Österreicher. Ich finde, er hat Berechtigung, dort auch zu bleiben."