• 28.06.2006 12:55

  • von Adrian Meier

Stewart: Die Formel 1 braucht ein Rennen in den USA

Jackie Stewart widerspricht gegenteiligen Aussagen von Bernie Ecclestone - ein Siegfahrer aus den USA könnte laut dem Schotten die Formel 1 populärer machen

(Motorsport-Total.com) - Seit langer Zeit tut sich die Formel 1 schwer, in den USA richtig Fuß zu fassen. Auch der Grand Prix in Indianapolis, der seit 2000 wieder im Rennkalender der Königsklasse des Motorsports auftaucht, konnte daran bislang nur wenig ändern. Angesichts des mit der diesjährigen Ausgabe des Rennens auslaufenden Vertrages setzte Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone die Veranstalter in Indianapolis in den vergangenen Tagen und Wochen unter Druck, schließlich könne die Formel 1 auch gut ohne einem Rennen in den USA auskommen und würde dort ohnehin nur einen geringen Gegenwert erhalten.

Titel-Bild zur News: Jackie Stewart

Jackie Stewart setzt große Hoffnungen in Nachwuchspilot Marco Andretti

Doch vor allem die in der Königsklasse des Motorsports vertretenen Automobilhersteller bestehen auf einem Grand Prix in dem wichtigen US-amerikanischen Markt. Auch der dreifache Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart stimmt in seiner Funktion als Repräsentant der 'Royal Bank of Scotland' Ecclestones Aussagen nicht zu: "Die 'Royal Bank of Scotland' ist die fünftgrößte Bank der Welt, und weltweit agierende Unternehmen wie diese, die sich in der Formel 1 engagieren, brauchen den Grand Prix der USA", erklärte der Schotte gegenüber dem 'Philadelphia Inquirer'.#w1#

Amerikanischer Markt ist von enormer Bedeutung

Der amerikanische Markt sei für die Unternehmen von enormer Bedeutung, "und angesichts dessen denke ich, dass wir den nordamerikanischen Markt mit gutem Motorsport bedienen müssen", erklärte er weiter. Jedoch hat das Ansehen der Formel 1 bei der Veranstaltung im vergangenen Jahr, als wegen Reifenproblemen Michelins lediglich sechs Autos starteten, in den USA stark gelitten.

"Das war ein großartiges Beispiel dafür, wie man sich fast schon vorsätzlich selbst ins Knie schießen kann." Jackie Stewart

Laut Stewart hat sich die Formel 1 mit dieser Aktion selbst enorm geschadet: "Das war ein großartiges Beispiel dafür, wie man sich fast schon vorsätzlich selbst ins Knie schießen kann", nahm der Schotte kein Blatt vor den Mund. "Wir wussten bereits am Freitagmorgen von dem Problem, und das Rennen fand nicht vor Sonntagnachmittag statt. Ich war beschämt, denn das hätte vermieden werden können", zeigte er sich überzeugt.

"Das war eine fehlerhafte Einschätzung der Organisatoren des Sports, und die Formel 1 hat sehr stark darunter gelitten", fügte er hinzu. Doch trotz des großen Imageschadens habe dies seiner Meinung nach keinerlei Auswirkungen auf das diesjährige Rennen, erklärte Stewart, meinte jedoch im gleichen Atemzug: "Aber ich glaube auch, dass die Formel 1 in den USA nie sehr groß werden wird."

Formel-1-Begeisterung durch einen amerikanischen Siegfahrer

Das Hauptproblem sieht Stewart dabei vor allem darin, dass nach wie vor ein Pilot aus den Vereinigten Staaten fehlt, der an der Spitze kämpfen kann. Zwar sei mit Scott Speed in diesem Jahr seit langer Zeit wieder ein Pilot aus den USA vertreten, jedoch seien Speeds Chancen auf gute Platzierungen oder gar Siege einfach zu gering: "Scott Speed ist derzeit der einzige amerikanische Fahrer, und auch wenn er in Montréal am Sonntag Zehnter wurde, ist er noch kein allgemein bekannter Name in Nordamerika", zeigte sich Stewart überzeugt.

"Man bekommt nur große Zuschauerzahlen für einen Sport wie die Formel 1, wenn ein amerikanischer Teilnehmer an der Spitze ist." Jackie Stewart

Ein US-amerikanischer Pilot, der um Siege und die Weltmeisterschaft kämpfe, sei jedoch notwendig, um das Interesse des amerikanischen Publikums an der Formel 1 zu wecken: "Amerika ist in Bezug auf Sport als Land sehr heimisch. Man bekommt nur große Zuschauerzahlen für einen Sport wie die Formel 1, wenn ein amerikanischer Teilnehmer an der Spitze ist", erklärte Stewart.

"Wenn man sich beispielsweise Lance Armstrong beim Radrennsport ansieht, dann fällt auf, dass ab der Zeit, als er zu den Weltbesten gehörte, Amerika hinter ihm stand und großes Interesse im Radrennsport entwickelte. Er wurde zu einem Superstar, in einer Sportart, um die sich in Amerika niemand gekümmert hatte, bevor er anfing zu gewinnen", führte der dreimalige Weltmeister das Beispiel einer anderen Sportart an.

Wäre Marco Andretti ein besseres Zugpferd als Scott Speed?

"Wenn Marco Andretti in die Formel 1 wechseln würde - das wäre eine großartige Sache." Jackie Stewart

Als optimales Zugpferd sieht Stewart dabei nicht unbedingt Speed, vielmehr hat er einen noch in Amerika fahrenden Nachwuchspiloten im Blick: "Wenn Marco Andretti, der in seinen ersten 500 Meilen von Indianapolis im vergangenen Monat Zweiter wurde, in die Formel 1 wechseln würde - das wäre eine großartige Sache. Der Name Andretti ist auf der ganzen Welt bekannt", deutete Stewart noch einen weiteren Vorteil des Nachwuchspiloten an.

"Er ist ein amerikanischer Junge, und wenn er nach Europa wechseln, ein bisschen Lehrzeit dort verbringen und dann in die Formel 1 kommen würde, dann denke ich, dass er eine großartige Zukunft vor sich hätte", erklärte er weiter. Bis dies jedoch der Fall sei, werde die Formel 1 immer nur eine schwache Verbindung mit den USA haben, zeigte sich Stewart abschließend überzeugt.