• 18.09.2012 11:48

Singapur: Die Formel 1 und der Kampf gegen die Müdigkeit

Das Formel-1-Nachtrennen in Singapur stellt die Fahrer und die Tams vor ganz ungewohnte Probleme, vor allem im Hinblick auf den Bio-Rhythmus

(Motorsport-Total.com/SID) - Sebastian Vettel schaut Filme, bis ihm die Augen zufallen. Michael Schumacher radelt nachts um vier Uhr über die Rennstrecke. Und so mancher Kollege ist bis zum Morgengrauen an der Hotelbar zu finden. Beim Rennen in Singapur müssen die Formel-1-Piloten schon vor dem Rennen einen ganz besonderen Kampf führen: den gegen die eigene Müdigkeit.

Titel-Bild zur News: Skyline von Singapur

Singapur bettet sich zur Ruhe, doch die Formel-1-Fahrer sind dann erst aktiv

Da der Lauf im asiatischen Stadtstaat als Nachtrennen ausgetragen wird und sich alle Termine an und um die Strecke vom späten Nachmittag bis in die Nacht hinein verteilen, müssen die Fahrer einen anderen Rhythmus als sonst leben. Man müsse eben "das natürliche Gefühl, in der Nacht müde zu werden, austricksen", verrät der Brasilianer Bruno Senna.

Dabei müssen sich die in Europa lebenden Piloten - und das sind fast alle - eigentlich gar nicht umstellen. Durch die Zeitdifferenz von sechs Stunden, finden alle Termine praktisch zu Mitteleuropäischer Sommerzeit statt. Deshalb erklärt der deutsche Force-India-Pilot Nico Hülkenberg: "Wir bleiben auf europäischer Zeit, der Körper bleibt im Rhythmus - obwohl es sich schon merkwürdig anfühlt, ins Bett zu gehen, wenn die Sonne aufgeht."


Fotos: Young-Driver-Test in Magny-Cours


Das Schwierigste ist jedoch das Ausschlafen am Morgen. Bei den meisten klingelt der Wecker gegen 14 Uhr Ortszeit, doch das Umfeld ist darauf nicht ausgerichtet. Weltmeister Vettel verrät, dass er im Hotelzimmer die Rollos ganz tief runterzieht, "damit einen die Sonne nicht zu früh aufweckt".

Hülkenbergs Teamkollege Paul di Resta versichert sich vor dem Einschlafen mehrfach, dass das "Bitte nicht stören"-Schild an der Zimmertür deutlich sichtbar ist. "Man muss sichergehen, dass das Hotelpersonal nicht um neun Uhr an die Tür klopft, weil man noch fünf Stunden weiterschlafen muss", erklärt der Schotte, der auch einen Trick hat, um gleich in den Rhythmus zu finden: "Das Wichtigste ist, den richtigen Flug auszuwählen, um zur richtigen Tageszeit anzukommen."

Doch auch wenn der Körper überlistet ist, müssen sich viele Fahrer noch die Zeit vertreiben, denn in Singapur endet das Leben in Restaurants und den meisten anderen Plätzen des öffentlichen Lebens gegen Mitternacht. "Ich gucke DVDs. Um fünf Uhr schlafe ich ein", sagte Vettel im Vorjahr und verriet grinsend, dass man so manchen Kollegen noch bis vier oder fünf Uhr morgens an der Hotelbar sieht - "natürlich mit harmlosen Getränken".

Auch Rekordchampion Schumacher hat ein ganz eigenes Rezept. "Man versucht, irgendwie die Zeit totzuschlagen, damit man nicht zu früh ins Bett geht", sagt er. "Ich bin im Vorjahr zwischen zwei und vier Uhr nachts mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, habe mir die Strecke genau angeguckt und ein bisschen trainiert." Auch Senna macht aus der Not eine Tugend und hält sich fit: "Ich war schon öfter um zwei oder um drei Uhr noch im Fitnessraum."

WM-Spitzenreiter Fernando Alonson glaubt, dass durch die andere Herangehensweise das Adrenalin steigt. Auch die meisten seiner Kollegen lieben das Außergewöhnliche an der Fahrt im Licht der 1.500 Scheinwerfer. Viele nennen es eines ihrer Lieblingsrennen, nicht nur Nico Rosberg oder Timo Glock, die mit zweiten Plätzen in Singapur mit ihre besten Karriere-Ergebnisse erzielten. Doch sie sind sich auch sicher: Ein Rennen dieser Sorte reicht. "Sonst wäre es ja nichts Besonderes mehr", sagt Vettel. Und für den Körper auf Dauer auch viel zu anstrengend.