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  • 17.03.2013 11:13

  • von Dominik Sharaf

Silberpfeile ermattet: Strategie ausbaufähig, Defekt mysteriös

Motorsportchef Toto Wolff ist mit dem Abschneiden seiner Piloten nur eingeschränkt zufrieden und fordert, dass bei Zuverlässigkeit und Taktik nachgebessert wird

(Motorsport-Total.com) - Während der Formel-1-Saisonauftakt am Sonntag in Melbourne für viele Teams formtechnisch einen klaren Fingerzeig parat hatte, wurde bei Mercedes nicht klar, wohin die Reise geht. Einerseits wirkte der W04 im Gegensatz zum Vorgänger deutlich verbessert, andererseits knüpfte das Auto im Rennen nicht an die Leistungen aus dem Freien Training und dem Qualifying an. Lewis Hamilton kam als Fünfter ins Ziel, Nico Rosberg musste nach einem technischen Defekt die Segel vorzeitig streichen.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Für Nico Rosberg währte die Freude am Saisonauftakt in Melbourne nicht lange Zoom

Insbesondere das Malheur am Auto des Wiesbadeners stimmt Toto Wolff missmutig: "Ein technischer Ausfall ist nicht akzeptabel", ärgert sich der Mercedes-Motorsportchef im Gespräch mit 'RTL' und fordert Besserung: "Das müssen wir in den Griff bekommen und sehen, was es ist. Aber es ist das erste Rennen." 'Sky'-Experte Marc Surer erinnert daran, dass Mercedes im Fall Rosberg eigentlich gewarnt gewesen ist: "Er hatte ja schon am Samstagmorgen ein ähnliches Problem", weiß der Schweizer.

Doch haben die Silberpfeile das auch ernst genommen? Wie so viele andere Formel-1-Teams auch wurde die Angelegenheit in der Außendarstellung zur Bagatelle degradiert. "Da hat man es als Kleinigkeit abgetan", bestätigt Surer. "Jetzt ist es im Rennen erneut passiert." Das heißt nicht zwingend, dass man den erneuten Fauxpas hätte verhindern können, Wolffs entschiedene Reaktion jedoch ist ein Indiz dafür. Auch der TV-Experte drängt darauf, dass die Ingenieure der Sache auf den Grund gehen.

Parabeispiel Lotus

"Da müssen sie schon noch genau schauen. Dergleichen sind unnötige Sachen", lässt Surer keinen Zweifel aufkommen und glaubt nicht sofort an die nahe liegende Lösung. "Die Frage ist natürlich: Was war es wirklich? Die Elektronik ist natürlich die einfachste Ausrede." Die Bilanz im Fall Hamilton fällt deutlich rosiger aus, wenn Wolff sie nachzeichnet: "Der fünfte Platz ist kein Desaster und ein solides Ergebnis. Wir haben eine Menge gelernt über die Reifen", sagt der Österreicher über Melbourne.

Mit diesem zusätzlichen Wissen hätten sich Ross Brawn und Co. wohl eine differenziertere Taktik ausgedacht: "Von der Strategie her hätten wir es vielleicht ein bisschen anders machen müssen", räumt Wolff ein. Allen voran der mittellange erste Stint auf den superweichen Reifen hat ihm nicht geschmeckt: "Früher stoppen oder sogar - was jetzt ein bisschen verrückt klingt - mit den Option-Reifen länger gehen." Abbau und Verschleiß nahmen nicht das befürchtete Ausmaß an: "Das Heck hätte es nämlich ausgehalten."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Australien, Sonntag


Für Wolff hat Kimi Räikkönen vorgemacht, wie man in der Saison 2013 Grands Prix gewinnt. "Man sieht es ja auch, dass der Lotus mit zwei Stopps, was sicher auch die richtige Strategie war, durchfahren konnte", betont er. "Alle Autos rundherum mussten drei gehen und hatten am Ende wirklich Probleme. Darauf hätten wir uns frühzeitig einstellen müssen." Doch ist die Rechnung wirklich so simpel? Schließlich hätte auch der Mercedes die Pneus erstmal um den Kurs tragen müssen.

Noch nicht konstant schnell

Surer, der die Leistung der Silberpfeile insgesamt für "ein bisschen enttäuschend" hält, glaubt an einen Nachteil durch die relativ niedrigen Temperaturen in Melbourne. "Hätte die Temperatur gestimmt, hätte es gar nicht so schlecht ausgesehen", meint der Ex-Rennfahrer, der eine taktische Herangehensweise Rosbergs und Hamiltons beobachtet haben will. Beide schienen zu Beginn die superweichen Reifen geschont und dabei Zeit eingebüßt zu haben, konnten dann jedoch das Tempo der Spitze mitgehen.

Toto Wolff, Eric Boullier

Anschauungsunterricht: Boullier und Lotus waren strategisch einen Schritt voraus Zoom

"Es hat nur nicht ganz über die Distanz geklappt", benennt Surer den noch fehlenden Mosaikstein im Mercedes-Puzzle. "Das kriegt man aber in den Griff. Es sieht auf jeden Fall viel, viel besser aus als 2012." Abhilfe wird es in Malaysia nur teilweise geben, schließlich wird Mercedes lediglich ein kleineres Aerodynamik-Update mit an die Strecke bringen. Dennoch will Wolff akribisch weiterarbeiten: "Das meiste könnte man zusammenstecken, die Daten auswerten und analysieren, was eigentlich passiert ist. Und die Strategie anpassen."