• 10.03.2010 21:09

  • von Roman Wittemeier

Senna und der wilde Weg in die Formel 1

Der Name Senna ist zurück in der Königsklasse - HRT bringt mit Bruno Senna einen ganz besonderen Rookie an den Start: "Ein Traum geht in Erfüllung"

(Motorsport-Total.com) - "Wenn ihr meint, ich sei schnell, dann müsstet ihr meinen Neffen mal sehen" - mit diesen Worten stellte der unvergessene Ayrton Senna einst das Talent von Bruno Senna Lalli dar. Der damalige Superstar der Formel 1 hatte den Sohn seiner Schwester Viviane wie einen eigenen Sohn betrachtet, verbrachte viel Zeit mit dem jungen Sprössling der Familie. Viele Fans werden die Fotos von gemeinsamen Jetski-Späßen der beiden Sennas noch vor Augen haben.

Titel-Bild zur News: Bruno Senna

Nicht irgennein neuer Formel-1-Pilot: Bruno Senna steigt in die Königsklasse ein

Dieser damals achtjährige Liebling von Ayrton Senna versucht nun in die gewaltigen Fußstapfen des dreimaligen Weltmeisters zu treten. Mit dem neuen HRT-Team feiert der 26-Jährige am Sonntag sein Debüt in der Königsklasse. "Ein großartiges Gefühl", sagt Bruno Senna im Interview mit 'Autosport'. Er habe sich seit seiner Ankunft in Bahrain am Montag als "echter Formel-1-Pilot" gefühlt: "Man merkt, dass es endlich losgeht."#w1#

Senna musste lange Zittern. Er hatte frühzeitig seinen Vertrag mit Campos geschlossen, doch wirtschaftliche Schwierigkeiten des spanischen Neulings brachten die Welt des Brasilianers kurzfristig noch einmal ins Wanken. "Ich hatte phasenweise wenig Hoffnung", gibt der ehemalige GP2-Vizechampion zu. "Man hatte über Wochen versucht, einen Käufer für das Team zu finden, aber es ging nicht recht voran. Aber Colin Kolles und seine Leute haben es irgendwie doch geschafft."

Formel-1-Einstieg mit Abkürzungen und Umwegen

Seit der HRT-Teampräsentation in der vergangenen Woche scheint Senna das Grinsen dauerhaft im Gesicht zu stehen. Man merkt dem Brasilianer deutlich die Vorfreude auf die bevorstehenden Formel-1-Abenteuer an. "Am Freitag werden wir kurz auf die Strecke fahren und dann sofort wieder in die Box kommen. Dann schauen wir, ob nichts brennt und auch keine Flüssigkeiten austreten. Dann geht das andere Auto raus. So werden wir es mehrfach wiederholen", erklärt Senna vor den ersten Metern im HRT-Cosworth.

Unvergessen: Ayrton Senna lebt im Herzen vieler Formel-1-Fans weiter Zoom

"Für mich geht ein Traum in Erfüllung", gibt er offen zu. "Ich hatte seit 2008 eine schwierige Zeit. Alle Möglichkeiten glitten mir aus den Händen." Nach einer guten Saison in der GP2, die Senna als Zweiter hinter dem damaligen Champion Giorgio Pantano abschloss, war er bereit für höhere Aufgaben. Ein Test im Honda-Werksteam brachte ihn nahe an die Formel 1, doch die Japaner verabschiedeten sich aus der Königsklasse.

Für Senna blieb 2009 nur der Rettungsanker Le-Mans-Series. Im Oreca-Team von Hugues de Chaunac fuhr der brasilianische Nachwuchsstar einen Prototypen. Anfangs sah das Engagement erfolgreich aus, doch nach einem heftigen Crash in Spa-Francorchamps war das LMS-Glück von Senna aufgebraucht - die Karriere drohte einen herben Knick zu erhalten. Doch es kam anders.

Lange Zeit galt Motorsportverbot

Dabei hatte es nach dem tragischen Unfalltod von Ayrton Senna lange Zeit nicht nach einer erfolgreichen Motorsportkarriere von Bruno Senna ausgesehen. Die Familie untersagte ihm alle Rennaktivitäten. Als 1996 auch noch sein Vater bei einem Motorradunfall starb, dachte niemand mehr an Motorsport im Hause Senna. "Es störte mich aber. Als ich 15 Jahre alt war wurde es richtig nervig. Ich sprach aber mit meiner Familie nicht darüber, weil es ein Tabuthema war", erzählt der 27-Jährige.

"Sogar ein Formel-1-Rennen im Fernsehen zu schauen war schwierig. Ich tat das manchmal, hatte aber irgendwie Schuldgefühle dabei", berichtet Senna ganz offen über die damalige Stimmungslage. "Rennfahrern ist einfach meine große Leidenschaft." Diese Leidenschaft wurde aber überraschenderweise nicht vom großen Ayrton geweckt. "Es war mein Großvater, der mein Talent entdeckte und förderte, also Ayrtons Vater."


Fotos: Bruno Senna, Großer Preis von Bahrain


Auf Opas Farm durfte der damals kleine Bruno viele Runden mit dem Kart fahren. Ayrton beäugte den Sprössling genau. "Er hat den Wettbewerbsgeist in mir geweckt", sagt der Formel-1-Rookie. "Wir sind mit allem gegeneinander gefahren: mit Jetskis, mit Karts, mit allen möglichen Geräten. Er hat mir gezeigt, wie man Motoren repariert. Ich habe schnell lernen können. Ich glaube, diese Fähigkeit kann mir auch in der Formel 1 helfen."

Den anhaltenden Bemerkungen, er sei nur aufgrund seines Nachnamens in die Königsklasse gekommen, begegnet der Brasilianer mit Gelassenheit. "Aber ich habe mich durch verschiedene Nachwuchsklassen gekämpft und mir Respekt erarbeitet. Allein schon aufgrund meines Alters bringen mir die Leute nun mehr Respekt entgegen. Ich werde respektiert und ich respektiere die anderen Piloten." Außerdem hatte sich Senna mit teils überraschenden Leistungen nach vorn gearbeitet.

Respekt ist der Schlüssel zur Sicherheit

Als sich der damals 21-jährige Bruno Senna im Jahr 2004 nicht mehr großartig um das Rennverbot der Familie kümmern wollte, begann ein raketenartiger Aufstieg. Genau zehn Jahre nach dem Unfalltod von Ayrton absolvierte er einige Proberennen in der Formel BMW. Die Resultate stimmten, obwohl Senna zehn Jahre lang keinerlei Motorsport betrieben hatte. 2005 folgte der Einstieg in die Britische Formel 3, die schon so manches Talent nach vorn gebracht hat.

Bruno Senna, Bernie Ecclestone (Formel-1-Chef)

Wichtige Kontake im Fahrerlager: Bruno Senna und Bernie Ecclestone Zoom

2006 feierte er als Pilot des Räikkönen-Robertson-Teams sofort beim Saisonauftakt die Pole-Position und den Sieg. Auf der Zielgeraden der Saison musste er sich letztlich nur Mike Conway geschlagen geben. Ähnlich erfolgreich verlief die GP2-Zeit. Beim Einstieg 2007 mit Arden dauert es nur bis zum zweiten Saisonwochenende in Barcelona, bis Senna zum ersten Sieg fuhr. 2008 musste er sich Pantano geschlagen geben. Damals war er bei iSport bereits schon einmal Teamkollege von Karun Chandhok.

Was dem Brasilianer bis heute fehlt, ist ein Titel in einer Meisterschaft. Damit wird es vorerst wohl auch in der Formel 1 nichts, denn HRT hinkt deutlich hinterher. So sehr, dass sich bereits andere Fahrer über die Sicherheit Sorgen machen. "Meine Zeit in der LMS hat gezeigt, dass man sehr wohl mit langsamen Autos auf der Strecke klarkommen kann", so Senna selbstbewusst. "Wir mussten da an Autos vorbei, die 20 Sekunden langsamer waren. Natürlich ist man als schneller Pilot genervt, wenn vor einem einer langsam herumgondelt. Aber man muss in den Spiegel schauen und sich respektvoll gegenseitig Platz lassen."